Wachsende soziale Ungleichheit Zehn Reichste verdoppeln Vermögen in Pandemie
17.01.2022, 08:23 Uhr
Amazon-Gründer Jeff Bezos steht auf der "Forbes"-Liste der Milliardäre 2021 an zweiter Stelle.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Die zehn reichsten Milliardäre verdoppeln ihr Vermögen, während weltweit 160 Millionen Menschen in die Armut stürzen: Seit Pandemie-Beginn verschärfen sich soziale Ungleichheiten laut einem Oxfam-Bericht massiv. Die Organisation fordert, Vermögende jetzt stärker in die Verantwortung zu nehmen.
Die Corona-Pandemie hat aus Sicht der Organisation Oxfam soziale Ungleichheiten verschärft. Während sich das Vermögen der zehn reichsten Milliardäre verdoppelt habe, lebten über 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut, heißt es in einem Bericht, den Oxfam kurz vor Beginn einer digitalen Konferenz des Weltwirtschaftsforums vorstellte. Auch in Deutschland habe die Konzentration der Vermögen weiter zugenommen. Oxfam forderte von den Regierungen weltweit, Konzerne und Superreiche zur Finanzierung sozialer Grunddienste stärker zu besteuern, für globale Impfgerechtigkeit zu sorgen und die Wirtschaft am Gemeinwohl auszurichten.
Die Wohltätigkeitsorganisation erklärte, dass das Vermögen der zehn reichsten Männer von 700 Milliarden Dollar (613 Milliarden Euro) auf 1,5 Billionen Dollar angestiegen sei, was einem Durchschnittszuwachs von 1,3 Milliarden Dollar pro Tag entspricht. Demnach stieg das Vermögen der Milliardäre während der Pandemie stärker als in den gesamten 14 Jahren zuvor.
In Deutschland hätten die zehn reichsten Personen ihr kumuliertes Vermögen von 144 Milliarden Dollar auf etwa 256 Milliarden gesteigert, hieß es in dem Bericht der Entwicklungshilfeorganisation. Dies sei ein Anstieg um etwa 78 Prozent.
Unter Berufung auf Daten der Zeitschrift "Forbes" listet Oxfam Tesla-Chef Elon Musk als reichsten Menschen der Welt mit einem US-Vermögen von 294,2 Milliarden Dollar auf, gefolgt von dem Amazon-Gründer Jeff Bezos und dem französischen Milliardär Bernard Arnault. Die ersten Deutschen liegen auf Platz 31, Beate Heister und Karl Albrecht junior von Aldi mit 43 Milliarden Dollar. Neu auf der Liste auf Platz 161 findet sich in diesem Jahr BioNTech-Vorstandschef Ugur Sahin mit 13,2 Milliarden Dollar.
"Goldrausch" für Milliardäre
Oxfam bezeichnete die weltweite Vermögensungleichheit als "wirtschaftliche Gewalt". Während die Superreichen immer reicher wurden, habe die Pandemie 160 Millionen Menschen in die Armut gestürzt. Davon seien insbesondere nicht-weiße Minderheiten sowie Frauen betroffen.
Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland, kommentierte: "Für Milliardäre gleicht die Pandemie einem Goldrausch. Regierungen haben Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, doch ein Großteil ist bei Menschen hängengeblieben, die von steigenden Aktienkursen besonders profitieren. Während ihr Vermögen so schnell wächst wie nie zuvor und einige Ausflüge ins All unternehmen, hat die weltweite Armut drastisch zugenommen."
Impfquote in armen Ländern zu niedrig
Angesichts der globalen Verteilung von Impfstoffen fordert die Organisation, den Patentschutz für Covid-19-Impfstoffe auszusetzen. Mittlerweile seien über drei Milliarden Menschen zweifach gegen Covid-19 geimpft, doch nur rund neun Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen habe mindestens eine Impfdosis erhalten, so Oxfam: "Millionen Menschen, die hätten gerettet werden können, sind wegen der ungerechten Impfstoffverteilung an der Pandemie und ihren Folgen gestorben."
Von der Bundesregierung forderte Oxfam Deutschland außerdem, Konzerne und sehr Vermögende stärker in die Verantwortung zu nehmen. So müsse die Vermögensteuer wieder eingeführt werden, und es brauche eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen. Zudem sollten mit den Steuerreformen die globale Anpassung an den Klimawandel und der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt angeschoben werden. Die für diese Woche geplante Jahreskonferenz des Weltwirtschaftsforums in Davos war wegen der Corona-Lage verschoben worden. Stattdessen bringt die Stiftung digital Spitzenpolitiker zusammen. So will etwa Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch eine Rede halten.
Oxfam ist nach eigenen Angaben eine internationale "Nothilfe- und Entwicklungsorganisation", die weltweit Menschen mobilisiere, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiteten in einem Verbund 21 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 4100 lokalen Partnern in 90 Ländern. Die Organisation erstellte den Bericht anlässlich eines virtuellen Gipfels von Staats- und Regierungschefs unter der Schirmherrschaft des Weltwirtschaftsforums.
Quelle: ntv.de, mbu/AFP/dpa/rts