
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras.
(Foto: AP)
Um neue Kredite zu bekommen, will Athen Steuerhinterziehung und Korruption bekämpfen. Statt diese Vorschläge zurückzuweisen, sollte die Eurozone Ministerpräsident Tsipras beim Wort nehmen – und ihn an seinen Taten messen.
Bald ist es so weit. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras stimmt die angeforderte Maßnahmenliste mit den Gläubigern noch ab, im Laufe des Tages soll die endgültige Version abgeschickt werden. Nach allem, was bisher durchgesickert ist, lässt sich festhalten: Sie klingt vielversprechend. Die Eurozone muss Tsipras deshalb die Gelegenheit geben, diese Ankündigungen umzusetzen.
Sollte er das wirklich tun, kann die Eurozone das laufende Hilfsprogramm guten Gewissens verlängern. Kampf gegen Steuerhinterziehung, höhere Besteuerung reicher Griechen, Kampf gegen Korruption - wenn Tsipras hier wirklich nennenswerte Erfolge erzielt, hat er mehr erreicht als sämtliche Vorgängerregierungen. Dann hätte er nicht nur Vertrauen verdient, sondern auch Respekt.
Zugegeben, von Strukturreformen ist nicht die Rede. Es geht Tsipras vor allem darum, Geld einzunehmen. Das ist allerdings kein Grund, die Athener Liste als unzureichend zurückzuweisen. Jahrelange Fehlentwicklungen lassen sich nicht über Nacht korrigieren.
Die Vorschläge sind eine gute Grundlage um darüber zu reden, wie es mit Griechenland weitergehen soll. Denn so wie die Retterei bisher gelaufen ist, kann sie wirklich nicht weiterlaufen. Das griechische Bruttoinlandsprodukt ist um 25 Prozent eingebrochen - das ist schlimmer als es in der Weimarer Republik hierzulande der Fall war. Auch wenn es viele Deutsche nicht glauben wollen: Die Griechen leiden tatsächlich.
Eine Volkswirtschaft kann sich nicht aus einer tiefen Rezession heraussparen. Wie hat Deutschland auf den Konjunktureinbruch nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers reagiert? Der Staat hat die Nachfrage gestützt - beispielsweise mit der Abwrackprämie. Firmen haben ihre Mitarbeiter nicht entlassen, sondern zum Mittel der Kurzarbeit gegriffen.
Was für uns gut war, kann für Griechenland nicht schlecht sein. Das Krisenland braucht dringend Wachstum - und deshalb selbstverständlich auch Strukturreformen. Der Arbeitsmarkt muss reformiert, die Klientelpolitik beendet werden.
Ja, Tsipras muss an seinen Taten gemessen werden. Dazu muss er aber zuerst die Chance bekommen, mit der Arbeit anzufangen. Die Eurozone hat jetzt die Möglichkeit, die griechische Dauerkrise endlich zu lösen. Das geht nur mit den Griechen, nicht gegen sie – das haben die vergangenen Jahre eindrucksvoll demonstriert.
Quelle: ntv.de