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Klarna muss wieder Gewinn machen "Investoren wollen jetzt Profitabilität sehen"

Der schwedische Zahlungsabwickler Klarna hat seinen Verlust im ersten Quartal verringert und sieht sich auf dem Weg zu schwarzen Zahlen.

Der schwedische Zahlungsabwickler Klarna hat seinen Verlust im ersten Quartal verringert und sieht sich auf dem Weg zu schwarzen Zahlen.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Besonders junge Verbraucher haben während der Corona-Pandemie beim Online-Shoppen Gefallen an dem Ratenkauf-Modell "Kaufe jetzt, zahle später" gefunden. Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna galt lange als Vorzeige-Startup, dann brach die Bewertung sagenhaft ein. Im Interview erzählt Deutschlandchefin Nicole Defren, welche Konsequenzen das für das Unternehmen hatte und warum die Bezahl-Option besser ist als sein Ruf.

Bezahlen per "Buy-Now-Pay-Later"-Methode fühlt sich nicht wie Geldausgeben an. Das ist trügerisch. Im vergangenen Jahr waren sogenannte Klarna-Schulden in aller Munde, weil sich einige Nutzer mit der Bezahl-Option teils hoch verschuldet haben. Wie sehr hat das der Reputation des Unternehmens geschadet?

Nicole Defren: Grundsätzlich vorab: Klarna ist nicht daran interessiert, dass jemand Schulden macht. Der Hashtag "Klarna-Schulden" zeigt auch ein verzerrtes Bild der Realität, das während der Pandemie an Fahrt aufgenommen hat. In Wahrheit ist unsere Rückzahlquote mit 99 Prozent wahnsinnig hoch. Mittlerweile ist dieses Phänomen auch längst wieder abgeflacht. In den vergangenen sieben Tagen gab es acht Posts in den sozialen Netzwerken mit dem Hashtag.

Teenager haben damals auf Tiktok regelrecht mit ihren Schulden angegeben.

Schulden sind nicht cool. So viel steht fest. Anders als man aber annehmen könnte, nutzen gar nicht so viele junge Leute Klarna. Im Durchschnitt sind unsere Nutzer 42 Jahre. Das am schnellsten wachsende Alterssegment liegt bei 58 Jahren und älter. Lediglich 18 Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahren. Zusätzlich machen zinsbelastete Ratenkäufe, mit dem etwas höhere Warenkörbe finanziert werden können, nur ein Prozent aus.

Macht es Klarna nicht trotzdem gerade jungen Konsumenten zu leicht?

Nicole Defren ist Deutschland-Chefin bei dem schwedischen Zahlungsanbieter Klarna.

Nicole Defren ist Deutschland-Chefin bei dem schwedischen Zahlungsanbieter Klarna.

Wir sind eine echte Bank und deswegen dazu verpflichtet, jemandem kein Geld zu leihen, der sich das nicht leisten kann. Auch wenn es nur kurzfristige Kredite sind. Um das sicherzustellen, führen wir bei jedem einzelnen Kauf tatsächlich auch eine Bonitätsprüfung durch. Das heißt, im Gegensatz zu Kreditkarten, die ein Limit von mehreren tausend Euro haben, gibt es bei Klarna solche revoltierte Kredite gar nicht. Wir prüfen bei jeder Transaktion die finanzielle Situation unserer Nutzer.

Zuletzt herrschte große Verwirrung darüber, welche Konsequenzen die Nutzung von Klarna auf die Kreditwürdigkeit und den SCHUFA-Score hat.

Wir prüfen bei jedem Kauf die Zahlungsfähigkeit eines Kunden und treffen bei jeder Transaktion eine neue Vergabeentscheidung. Dazu nutzen wir interne Daten und auch externe Auskunfteien wie die SCHUFA oder eine andere Rating-Agentur, um innerhalb von Millisekunden eine Bonitätsprüfung zu erstellen. Ein Kauf über Klarna hat inzwischen aber keinen Einfluss mehr auf den SCHUFA-Score. Das ist gerade für die jüngere Generation wichtig, wenn irgendwann jemand eine Wohnung mieten oder sich ein Auto kaufen will. Klarna ist ein vertrauenswürdiger Kreditgeber, der Limits anbietet, die man sich auch leisten kann. Sollte unsere Rückzahlquote eines Tages allerdings schrumpfen, dann wäre das ein Alarmsignal für uns. Das tut sie aber noch nicht. Der Betrag, der im Schnitt offen ist bei Zahlungen, liegt bei 100 Euro. Bei einer Kreditkarte sind es 6.000 Euro.

Klarna galt lange als Vorzeige-Startup der Finanzwelt, Risikokapitalgeber standen Schlange. Dann fiel die Bewertung 2022 um sagenhafte 85 Prozent auf 6,5 Milliarden Dollar. Welche Konsequenzen hatte das für das Unternehmen?

Klarna war in den ersten vierzehn Jahren seit seiner Gründung im Jahr 2005 immer profitabel, wir kennen uns also aus. Es gab ein paar Jahre, in denen das Wachstum für die Investoren eine hohe Priorität hatte. Jetzt wollen sie verständlicherweise Profitabilität sehen. Wir mussten einige schwierige Entscheidungen treffen, um sicherzustellen, dass wir die richtigen Leute an der richtigen Stelle haben und uns auf Geschäftsbereiche konzentrieren, die uns schneller wieder in die Gewinnzone bringen werden.

Momentan ist Klarna wegen fehlender Profitabilität allerdings unter Druck. Unterm Strich standen im vergangenen Jahr 930 Millionen Euro Verluste.

Wir sind auf einem ziemlich guten und stetigen Weg zurück in die Gewinnzone. Und die Verluste im Vergleich zum Vorjahresquartal haben wir bereits halbiert. Im gleichen Zeitraum sanken unsere Kreditverluste um ein Drittel. Außerdem haben wir in den vergangenen Monaten Produkte auf den Markt gebracht, die uns dabei auch helfen, wieder rentabel zu werden. Wie unser Geschäftsführer Sebastian Siematkowski bereits mehrfach betonte, werden wir bis zum Sommer auf monatlicher Basis profitabel sein.

Sie spielen auf das Preisvergleichs-Tool an, das seit April dieses Jahres auch auf dem deutschen Markt verfügbar ist. In Deutschland gibt es etwa mit Check24 bereits ähnliche Angebote. Wieso braucht es einen weiteren Anbieter?

Der Unterschied ist, dass wir kein Marktplatz sein wollen, sondern Ideengeber. Unser Preisvergleichs-Tool ist viel unabhängiger als andere, wodurch unser Ranking komplett neutral ist. Einerseits schätzen unsere Kunden, dass Suchergebnisse auf neutraler Basis ausgespielt werden. Andererseits nehmen Händler das Produkt gut an, weil wir kein Bestreben haben, dass der Kauf auf unserer Seite passiert. Geld verdient Klarna über ein Affiliate Programm: Das heißt, sobald ein Kauf auf einer Händlerseite getätigt wird, fällt eine Gebühr an.

Hätte Klarna auch das Potenzial, wieder in die Gewinnzone zu kommen, wenn das Unternehmen ausschließlich Buy-Now-Pay-Later anbieten würde?

Das kann ich nur schwer beantworten. Die Anbieter, die sich auf Buy-Now-Pay-Later fokussieren und nicht weiterentwickeln, haben es sicher schwerer, glaube ich. Die Entscheidung, auf neue Märkte zu expandieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen, hat uns tatsächlich dabei geholfen, nachdem wir einige Jahre lang in Wachstum investiert haben, wieder in die Gewinnzone zu kommen. Im vergangenen Jahr entfielen schon zehn Prozent des Jahresumsatzes auf unser Marketing-Angebot.

Inwiefern passt ein Preisvergleichs-Tool in die Strategie des Unternehmens?

Wir wollen den Verbrauchern helfen, nicht nur beim Kauf Zeit und Geld zu sparen, deshalb ist es Teil unserer Strategie, über den Zahlungsverkehr hinauszugehen. Das Preisvergleichs-Tool in der Klarna-App ermöglicht es den Verbrauchern, den gesamten Einkauf über Klarna abzuwickeln. Klarna ist jetzt ein One-Stop-Shop.

Klarna bietet darüber hinaus auch Girokonten an. Dabei hat die Vergangenheit gezeigt: Girokonten von Finanz-Startups sind kein Selbstläufer. Wieso hat sich das Unternehmen trotzdem dafür entschieden?

Mit unseren eigenen Girokonten wollten wir unser Angebot komplett machen. Klarna ist eine Bank und kein reiner Online-Händler. Unsere Endkunden sollen von A bis Z alles über Klarna flexibel und sicher abwickeln können. Und unser Girokonto kommt auch gar nicht so schlecht an.

Zwei Jahre nach Start haben erst 215.000 Kunden ein Konto eröffnet. Damit liegt Klarna deutlich hinter der Konkurrenz. Wie will es das Unternehmen mit dem Girokonten-Angebot so aus der Nische schaffen?

Es kommt immer darauf an, womit man sich vergleicht. Sicher, in Relation zu einer Sparkasse hinken wir vielleicht hinterher. Für ein Fintech sind 215.000 Konten ziemlich viel.

Klarna lockt Sparer mit hohen Festgeldzinsen. Bis zu 3,32 Prozent sind aktuell drin. Zeigt das schon Wirkung?

Unsere Festgeld-Konditionen sind tatsächlich eine Art Goodie für unsere Kunden, die nach einer einfachen Möglichkeit suchen, ihr Geld anzulegen. Unseren Fokus legen wir auf das Angebot momentan allerdings nicht.

Durch die ganzen Zusatzfunktionen könnte man den Eindruck gewinnen, Klarna will sein Image als "Buy-Now-Pay-Later"- Anbieter abschütteln.

Nein, gar nicht. Die Nachfrage nach zinsfreien Bezahlprodukten nimmt weltweit immer noch zu. Das heißt: Wir blicken auch weiterhin in eine sehr positive Zukunft für Buy-Now-Pay-Later. Der Rechnungskauf steht allein in Deutschland für mehr als die Hälfte der Transaktionen, deswegen können wir den Fokus darauf gar nicht verlieren. Außerdem beobachten wir, dass gerade alteingesessene Institutionen im Bankenwesen das Vertrauen ihrer Kunden an Anbieter verlieren, die sich auf Nutzerbedürfnisse einstellen und innovative Lösungen anbieten. Genau deswegen stellen wir uns breiter auf, das ist der einzige Grund.

Mit Nicole Defren sprach Juliane Kipper

Quelle: ntv.de

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