Arbeiter oder ArztAnspruchsvolle Arbeit schützt vor Demenz

Einen anspruchsvollen und geistig stimulierenden Job auszuüben, ist nicht jedem Menschen vergönnt. Dabei wirkt sich dieser im Falle einer bestimmten Art der Demenz lebensverlängernd aus.
Menschen, die an einer sogenannten frontotemporalen Demenz (FTD) leiden und einen hochqualifizierten Beruf ausüben, haben eine höhere Lebenserwartung als Menschen mit einem einfachen Beruf. Forscher der Universität Pennsylvania in Philadelphia haben das nun mit Hilfe der Krankenakten von 83 Betroffenen herausgefunden. Das Team um Dr. Lauren Massimo klassifizierte beruflichen Erfolg anhand des erreichten Beschäftigungsstatus. Sie unterschieden, ob jemand als Arbeiter, Handwerker oder Verkäufer oder aber als Anwalt, Arzt oder Ingenieur arbeitete.
Im Mittel überlebten die Patienten mit FTD etwa sieben Jahre (81 Monate), nachdem Angehörige bei ihnen erstmals ein dauerhaft ungewöhnliches Verhalten beobachtet hatten. In der Gruppe mit dem niedrigsten Beschäftigungsstatus waren es jedoch im Schnitt nur 72 Monate und in der am höchsten qualifizierten Gruppe 116 Monate. FTD-Patienten mit hoch qualifizierter Tätigkeit überlebten damit bis zu drei Jahre länger als Patienten mit weniger anspruchsvollen Berufen. Unklar ist allerdings, warum dieser Zusammenhang bei der FTD für die Alzheimer-Erkrankung in der Studie nicht nachgewiesen werden konnte.
Reserve im Gehirn
Die Studienergebnisse passen zu früheren Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Menschen mit einem niedrigen Bildungsniveau ein höheres Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Betroffene verlieren dann schneller ihre geistigen Fähigkeiten "Möglicherweise führt eine berufslebenslange geistig stimulierende und fordernde Betätigung zur Ausbildung einer echten kognitiven Reserve des Gehirns", vermutet Prof. Gereon Fink, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uni-Klinik Köln.
Als kognitive Reserve bezeichnen Wissenschaftler die Fähigkeit des Gehirns, den durch eine neurodegenerative Erkrankung verursachten Zellenabbau auszugleichen und damit die geistige Leistungsfähigkeit trotz Fortschreiten der Erkrankung über lange Zeit aufrechtzuerhalten. Vereinfacht gesagt: Wer ein gut trainiertes Gehirn hat, dem schadet es weniger, wenn kleine Teile des Gehirns nicht mehr funktionstüchtig sind.
"Man sollte allerdings nicht vergessen, dass ein höherer beruflicher Erfolg im Regelfall auch mit einem besseren sozialen und ökonomischen Status einhergeht", gibt Prof. Fink zu bedenken. Der Schutzeffekt könnte also auch darauf beruhen, dass beruflich erfolgreiche Menschen meist auch wirtschaftlich besser gestellt sind, sich damit bessere Ärzte und einen gesünderen Lebensstil leisten können und mehr Unterstützung durch ihr soziales Umfeld erfahren. Darüber hinaus ist die Aussagekraft der aktuellen Studie durch die relativ kleine Zahl an Fällen eingeschränkt. Deshalb, so Fink, müssten weitere Studien den Zusammenhang belegen.