Die Lücke ist geschlossen Honda CB 650R - die goldene Mitte
30.01.2019, 14:28 Uhr
Die Honda CB 650R reiht sich jetzt in die Neo-Sports-Café-Baureihe ein.
(Foto: Ula Serra)
Honda hat mit der CB 650R die große Lücke in seiner Neo-Sports-Café-Baureihe zwischen der 300er und 1000er geschlossen. Als Nachfolgerin der CB 650F soll sie die Fans mit seidenweicher Laufkultur und guter Durchzugskraft in ihren Bann ziehen.
Einzig Honda stattet die 650er Klasse noch mit Vierzylinder-Reihenmotoren aus. Die drei japanischen Wettbewerber Yamaha, Suzuki und Kawasaki setzen längst auf kostengünstiger zu fertigende Zweizylinder. Warum das so ist lässt sich schwer erklären. Weil die CB 600 F Hornet vor 21 Jahren dieses Segment begründet hat? Seinerzeit war die "Hornisse" das erste Nakedbike von Honda mit wassergekühltem Vierzylinder-Reihenmotor.
Mit 94 PS bei 12.000 Kurbelwellenumdrehungen entsprach deren Leistung ziemlich genau den 95 PS der nagelneuen Honda CB 650R. Selbst das maximale Drehmoment von 64 Newtonmeter oder das Gewicht von 202 Kilogramm weichen deutlich von den Daten der Hornet ab. Was die Japaner hingegen grundlegend modifiziert haben ist der Motorradtypus. Hatte sich die Hornet im Lauf der Zeit zu einem aggressiv gestylten Streetfighter entwickelt, zeigt sich die CB 650R heute als schicke Vertreterin der Neo-Sports-Café-Baureihe und schließt die Lücke zwischen 300 und 1000 Kubikzentimetern.
Ein Ausbund an Laufkultur
Verglichen mit dem Ur-Motor ist der 650er Vierzylinder heute ein Ausbund an Laufkultur und vor allem Durchzugskraft. Zwar liebt das Triebwerk nach wie vor den Vorstoß in fünfstellige Drehzahlregionen, doch agiert es auch weit tiefer kultiviert und durchzugsstark. Etwa ab 4000 Umdrehungen drückt der Reihenvierer zunehmend kräftiger, so dass nicht zwingend bis jenseits des maximalen Drehmoments – es wird bei 8500 Touren geliefert – gedreht werden muss, um zügig unterwegs zu sein. Dann lassen sich auch die von Honda angegebenen Verbrauchswerte von knapp fünf Litern pro 100 Kilometer erreichen; im forcierten Testbetrieb mit oft hohen Drehzahlen benötigten der Fahrer etwa einen Liter mehr. Die bei hohen Drehzahlen auftretenden feinen Vibrationen sind ebenfalls kein Beinbruch. Sie gehören zum Motorkonzept einfach dazu, und meist liegen die Spitzendrehzahlen ja auch nicht lange an.

Der gekürzte Heckrahmen verschärft die Optik der CB 650R und nimmt dem Sozius Platz weg.
(Foto: Frances Montero)
Dank der Neukonzeption und vieler Mühen der Techniker ist die CB 650R um sechs Kilogramm leichter geworden als das Vormodell CB 650F. Mit 202 Kilogramm verfehlt sie die Schallmauer von 200 Kilogramm nur knapp. Abgespeckt wurde vor allem durch die Kürzung des Heckrahmens, was die Optik auf eine momentan recht gefragte Dimension schrumpfen lässt. Andererseits beschränkt es aber auch den Platz für den Sozius. Raum für einen Gepäckträger gibt es gleich gar nicht. Für den Fahrer ist das Platzangebot gut, wobei die Sitzposition, wie schon beim Vorgänger, leicht nach vorne gebeugt ist. Insofern kommen Personen mit 1,70 Meter Körpergröße genauso gut zu Recht wie Menschen, die die Zweimetermarke knacken. Allerdings müssen letztgenannte die Knie schon deutlich abwinkeln.
"Sehr gut" für das Getriebe
Neu an der CB 650R ist auch das Fahrwerk. Vorne wird eine USD-Gabel mit 4,1 Zentimetern Durchmesser verbaut, hinten muss ein lediglich in der Vorspannung einstellbares Federbein genügen. Beide Komponenten sind gekonnt abgestimmt, so dass sich gute Werte für Komfort wie für die Fahrstabilität ergeben. Die CB 650R lässt sich sehr leicht einlenken und durcheilt Kurven aller Radien auf stabilem Kurs, solange nicht böse Unebenheiten dazwischenfunken. Die dann spürbaren Unruhen im Fahrwerk erreichen aber nie ein Besorgnis erregendes Maß. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Honda mit 197 km/h an.
Ebenfalls neu sind die Bremsen: Vorne gibt es nun Doppelscheiben mit radial angelenkten Vierkolben-Bremssätteln, die echte Zweifinger-Qualitäten aufweisen. Auch das ABS macht seine Sache gut. Die hintere Single-Scheibe arbeitet unauffällig. Ein echtes "sehr gut" gebührt dem Sechsganggetriebe: Es lässt sich butterweich und dennoch präzise schalten und ist zudem vorteilhaft übersetzt. Die 200 Euro Aufpreis für den Quickshifter sollte man unbedingt investieren, er funktioniert fantastisch, wenn auch nur in eine Richtung. Lediglich die Gänge nach oben lassen sich ohne Kupplung einlegen.
Neues Display
Eine Neuentwicklung ist auch die digitale Instrumententafel mit inverser Anzeige. Anders als beim Vorgänger gibt es jetzt eine Ganganzeige sowie eine Füllstandanzeige für den Tank. Die Ablesbarkeit ist allerdings nur so lange gut, wie die Sonne kräftig auf das Display scheint. Liegt die Oberfläche im Schatten, ist der Kontrast für ein leichtes Erkennen der angezeigten Werte zu gering. Schade, dass sich Honda eine Blinker-Rückstellautomatik als auch eine Lenkerbedienung für die Bordcomputer-Anzeigen gespart hat. In der Preisklasse von 8000 Euro sind diese Komfort- und Sicherheitsdetails leider noch verbreitet Mangelware.
1300 Stück will Honda Deutschland im Jahr 2019 von der CB 650R verkaufen. Angesichts eines um 195 Euro reduzierten Preises sollte das möglich sein, brachte es das Vormodell CB 650F vergangenes Jahr doch auf rund 1050 Zulassungen, womit sie das am viertbesten gelistete Honda-Modell war. Die große Schwester CB 1000R, bereits 2018 im neuen Look auf dem Markt, schaffte es auf 650 verkaufte Exemplare, im Kreis der nackten Tausender ein gutes Ergebnis. Dies zeigt, dass Hondas mutiges Design Freunde findet. Weshalb man der CB 650R im Neo-Sports-Café-Outfit durchaus zutrauen darf, dass sie in der deutschen Zulassungs-Hitparade um ein paar Plätze nach oben klettert. Zumal sie in ihrer Hubraumklasse mit ihrem feinen Vierzylindermotor ein echtes Alleinstellungsmerkmal aufweist.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x