Keine Angst vor dem "Motörchen" BMW 518d Touring - Freude am Sparen
10.04.2014, 15:02 Uhr
Niere, Vier-Augen-Gesicht, seitliche Sickelinie, Fenstergrafik mit Hofmeister-Knick. Ein echter BMW eben.
(Foto: Holger Preiss)
Ein 5er BMW mit einem 143 PS leistenden Diesel? Das kann nicht gehen! Wir sprechen schließlich von einem Premiumwagen. Da sollte es schon ein wenig unter der Haube pumpen. Oder haben die Bayern jetzt das Zaubertriebwerk erfunden?
Die Erneuerung des 5er BMWs war eine leise. Sanft gingen die Münchner an ihren Bestseller in der oberen Mittelklasse heran. Kaum Veränderungen seien festzustellen, schimpfte die Journaille. Dabei hat der Blau-Weiße, wenn man denn genau hinschaut, doch eine ganz besondere Veränderung erfahren: Ihm ist seine Prolligkeit abhandengekommen. Das, wofür BMW seit so vielen Jahren steht, fand sich nun endlich auch optisch bei einer der angesagtesten Reiselimousinen der Deutschen wieder – Sportlichkeit.
Klein, aber fein
Witzigerweise wirken die feinen Retuschen beim hierzulande beliebteren Touring noch besser als bei der Limousine. Die Reling auf dem Dach ist wie ein Zierstreifen integriert und fließt sanft in die C-Säule. Die Haifischflosse steht straff im Wind und bildet eine Einheit mit dem Dachspoiler. Die Heckleuchten wachsen mit kühn geschwungenen LED-Streifen aus dem Kotflügel und unter der Schürze drohen zwei chromverblendete Endrohre. Aber genau hier liegt der Haken: Die künden nämlich nicht von der vernichtenden Kraft der Maschine, die unter der langgestreckten Motorhaube arbeitet, sondern dienen wirklich nur als Auslass für die Abgase. Denn jeder, der sich ein wenig auskennt, weiß, was der Schriftzug 518d am Heck des Testwagens bedeutet: Hier werkelt das kleinste je in einem 5er verbaute Triebwerk. Der 2,0-Liter-Diesel leistet lediglich 143 PS. Nimmt man jetzt das Leergewicht von 1,8 Tonnen des 4,90 Meter langen Bayern zur Grundlage, ist die Frage durchaus gerechtfertigt, ob dieses "Motörchen" denn die Fuhre noch im Sinne der drei Buchstaben in Fahrt bringt.
Das Erstaunen des Piloten mit dem zweifelnden Blick und dem Sportlederlenkrad in den Händen ist groß, wenn der Bajuware mit kaum spürbaren Schaltverzögerungen der Acht-Gang-Automatik nach vorne drängt. Nicht dass, wenn die Hinterräder anfangen sich in den Asphalt zu krallen, das Gefühl entstünde, man bekäme einen Tritt ins Kreuz. Eher ist es ein sanfter Schub, der den Piloten und seine Mitreisenden in die Polster drückt, wenn der 5er Fahrt aufnimmt. Nein, man ist beim Ampelstart nicht zwingend der Schnellste, auch dann nicht, wenn der Fahrerlebnisschalter auf Sport Plus steht und das ESP ausgeschaltet ist. Klar - die Räder können bei einem Drehmoment von 360 Newtonmetern brennen und wer will, kann jetzt einen Donut drehen, aber das sieht selbst bei diesem dynamischen Kombi albern aus. Was aber in jedem Fall zu konstatieren ist, ist der Umstand, dass sich der Fahrer eines 518d nicht in der Meute verstecken muss. Im Stadtverkehr kann er flott überholen, auf der Landstraße zieht er sauber seine Bahn und auch auf der Autobahn geht der Bayer ohne zu zögern voran. In 10,1 Sekunden steht die Nadel des Digitaltachos, der von einer offenen Chromspange umrandet wird, an der 100-m/h-Marke. Bis Tempo 180 gibt sich der Bayer auch keine Blöße. Jetzt aber vermindert sich der Drang nach vorn. Wer will, kann den Tempozeiger noch bis an die 206 quälen, aber sportlich ist das nicht mehr.
Er will einfach nicht saufen
Hat man diese Geschwindigkeit indes erreicht, dann läuft es. Erfreulich ist - und hier zeigt der mit einem Einstiegspreis von 42.400 Euro fast preiswerte Bayer weiteres Sparpotenzial - der Verbrauch. Selbst wer bei langen Autobahnfahrten dauerhaft auf das Gaspedal tritt, wird es nicht auf mehr als 9 Liter bringen. Der Testwagen verharrte sogar, trotz langer Vollgasphasen, unerschrocken bei 8,8 Litern. Ein erfreuliches Ergebnis. Und mal ehrlich: Wo außer in Deutschland sind solche exzessiven Fahrten überhaupt möglich? Und selbst auf unseren Autobahnen werden die Tempostrecken immer kürzer, und wenn sie da sind, dann meist so voll, dass, kaum ist man so richtig im Rausch, auch schon wieder das Bremspedal betätigt werden muss. Seine ganze Klasse spielt der BMW allerdings im Wechsel von Stadt-, Land- und Autobahnverkehr aus. Hier verbrauchte der Cruiser im Schnitt 6,7 Liter Diesel.
Ebenso erfreulich sind dann in der Kombination die Assistenzsysteme und das ausgezeichnete Fahrwerk des 5er Touring. So sorgt zum Beispiel der Tempomat, gepaart mit Abstandswarner und Notbremsassistent, für ein absolut entspanntes Fahren auf der Autobahn. Einmal eingestellt, segelt der BMW im wahrsten Sinne des Wortes dahin. Verzögert, beschleunigt, sorgt sich um den Sicherheitsabstand und ermahnt mit einem sanft rüttelndem Lenkrad vor dem unabsichtlichen Verlassen der Spur. Einzig und allein die Richtung muss der Pilot noch selbst bestimmen. Insgesamt kann man wohl nur noch in einem 7er bequemer reisen. Denn auch das Fahrwerk des 5ers lässt keine Wünsche offen. Dank Niveauregulierung filtert der Tourer alles weg, was sich da unter seinen Rädern auftut. Eigentlich wird nichts an die Insassen weitergereicht, keine Quer- oder Längsfuge, kein Kopfsteinpflaster oder Schlagloch.
Nicht mal die Holzintarsien wirken spießig
Und wer so dahingleitet, hat, wenn er denn das Head-Up-Display einen Moment aus den Augen lässt, sogar Zeit, das Ambiente auf sich wirken zu lassen. Da sind die digitalen Rundinstrumente, die bei nicht eingeschaltetem Licht weiß strahlen. Wenn die LED-Scheinwerfer hingegen bemüht werden, wechselt die Farbe hin zu dem BMW-typischen Orange. Die eigentlich spießigen Holzintarsien wirken hier durch die sie von unten einfassende Chromleiste ausgesprochen elegant, wenn sie sich denn von der Armatur in die Türverkleidungen schwingen. Ebenso der über der Mittelkonsole eingefügte 16:9-Monitor, der ob seines Formates immer ein wenig an Kino und Breitband erinnert, hat etwas elegant Gediegenes. Die Steuerung von Navi, Radio, Multimedia, Fahrzeugeinstellungen oder das über Bluetooth gekoppelte Telefon erfolgt mittels des Druckdrehstellers mit berührungsempfindlichem Touchpad, auf dem per Fingergesten auch Buchstaben geschrieben werden können. Feine Rasterpunkte erleichtern die Bedienung und die darüber liegenden Tasten lassen einen schnellen Wechsel in den einzelnen Menüs zu. Nichts wirkt überladen, alles ist der Ergonomie folgend an seinem Platz.
Apropos Platz, der ist natürlich in einem 5er Touring auf allen Sitzen reichlich vorhanden. Nur beim Kofferraum lässt der Bayer sich lumpen und bringt es nur auf schmale 560 Liter. Schmal deshalb, weil die Konkurrenz gleiche Maße schon eine Klasse tiefer anbietet. Dennoch, im Klassenvergleich bleibt der Laderaum hier eher dürftig. Das T-Modell der E-Klasse von Mercedes offeriert 694 Liter und der Audi A6 Avant bringt es immerhin noch auf 565 Liter Ladefläche. Dafür hat der 5er Tourer etwas, womit die Konkurrenz nicht aufwarten kann: die separat zu öffnende Heckscheibe. Immer wieder ein Kracher, wenn man schnell etwas aus dem Kofferraum klauben möchte.
Wer clever wählt, kann sparen
Lassen Sie uns an dieser Stelle auch noch einmal über den Preis des 5er Touring reden. Eingestiegen sind wir mit 42.400 Euro. Wen man sich zur Grundausstattung noch einige Features dazubucht, kann die Summe aber deutlich in die Höhe schnellen. Allein das durchaus zu empfehlende Navi kostet als Command-Einheit 3200 Euro. Die Volllederausstattung bringt es auf knapp 2000 Euro und die Vierzonen-Klimaautomatik wird mit 460 Euro extra berechnet. Wirklich empfehlenswert ist die Soft-Close-Funktion der Türen. Gerade für Pedanten, die sich beim schwungvollen Zuknallen nicht verkneifen können darauf hinzuweisen, dass es sich hier nicht um einen Panzer handelt, ist dieses Feature für 650 Euro unverzichtbar. Ob es beim Automatikgetriebe und 143 PS einer Schaltwippe am Lenkrad bedarf, kann angesichts der hier in Kombination anzusetzenden 2400 Euro bezweifelt werden. Anders die Rückfahrkamera, die sich mit 250 Euro in jedem Fall bezahlt macht. Denn trotz der sehr guten Übersichtlichkeit des Tourers kann ein drittes Auge am Heck nicht schaden. Letztlich schaukelt sich der Preis des Testwagens so auf 62.140 Euro hoch.
Fazit: Der 5er Tourer ist auch mit dem kleinen 2 Liter Diesel eine absolut souveräne Reiselimousine. Mit sportlichen Genen ausgestattet, ist er keine Leistungskanone, aber ein kleines Sparwunder. Jedenfalls, was den im Test ermittelten Durchschnittsverbrauch von 6,8 Litern Diesel betrifft. Das Kofferraumvolumen reicht allemal, um gepflegt in den Urlaub zu reisen oder auf der Dienstfahrt entsprechendes Equipment zu verstauen. Bleibt noch der Anschaffungspreis. Wenn man sich hier nicht verführen lässt und auf die wesentlichen Bestandteile beschränkt, ohne auf echten Komfort zu verzichten, sollte man einen wirklich gut ausgestatteten BMW 5er Touring für unter 50.000 Euro bekommen. In dieser Klasse fast ein Schnäppchen.
| DATENBLATT | BMW 518d Touring |
| Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,91 / 1,86 / 1,46m |
| Leergewicht (DIN) | 1720 kg |
| Sitzplätze | 5 |
| Ladevolumen | 560 - 1670 Liter |
| Motor | Reihen-Vierzylinder Diesel mit 1995 ccm Hubraum |
| Getriebe | 8-Gang-Automatik |
| Leistung | 105 kW/143 PS |
| Kraftstoffart | Diesel |
| Antrieb | Heckantrieb |
| Höchstgeschwindigkeit | 206 km/h |
| max. Drehmoment | 360 Nm 1750 U/min |
| Beschleunigung 0-100 km/h | 10,1 s |
| Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert) | 6,0 / 4,1 / 4,8l |
| Tankinhalt | 70 Liter |
| Testverbrauch | 6,8 l |
| CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 127 g/km |
| Emissionsklasse | EU6 |
| Grundpreis | 42.400 Euro |
| Preis des Testwagens | 62.140 Euro |
Quelle: ntv.de