Praxistest

Mit dem Peugeot 308 wird alles anders Ein echter Golf aus Frankreich?

Schnörkellos und klar präsentiert sich der neue Peugeot 308, gespickt mit deutschen Tugenden.

Schnörkellos und klar präsentiert sich der neue Peugeot 308, gespickt mit deutschen Tugenden.

(Foto: Holger Preiss)

Es ist eigentlich nicht der Franzosen Ding, puristische Autos zu bauen. Und dennoch ist Peugeot mit dem 308 ein Kompakter gelungen, der mit klarem Design, einem durchdachten Innenraum und einem ausgewogenen Fahrwerk glänzt. Doch wie verhält es sich mit dem Handicap zum Golf?

Die Lichtgrafik am Heck bildet wie schon beim neuen 208 die Löwenkralle.

Die Lichtgrafik am Heck bildet wie schon beim neuen 208 die Löwenkralle.

(Foto: Holger Preiss)

Fahrzeuge mit dem Logo der Löwenmarke sind selten geworden im deutschen Straßenbild. Woran das liegt, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Nur so viel: mit dem neuen Peugeot 308 könnte sich das wieder ändern. Der kompakte Franzose macht alles anders als sein gewichtiger Vorgänger, der 307, und kann im umkämpften Segment der Kompakten wieder punkten. Wie bei der deutsche Vorzeigemarke ruht der 308 jetzt auf einer modularen Plattform, die die Franzosen EMP2 (Efficient Modular Plattform 2) nennen. Das hat zur Folge, dass der Löwe ganze 140 Kilogramm leichter wurde als der 307 und mit einer Länge von 4,25 Metern und einem Radstand von 2,62 Metern die fast identischen Maße des Klassenprimus hat. Das wiederum sorgt für mehr Platz im Innenraum und macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn die Flügelchen ausfahren und man sich freut, dass Ellbogen und Schultern nicht anecken.

Peugeot hat Platz gemacht

Das Platzangebot in der zweiten Reihe ist nicht üppig, aber ausreichend.

Das Platzangebot in der zweiten Reihe ist nicht üppig, aber ausreichend.

(Foto: Holger Preiss)

So müssen sich Passagiere auch nicht in die zweite Reihe pressen. Der Platz auf der Rückbank ist ordentlich. Natürlich sind, aber das ist kein Einzelfall in diesem Segment, lange Oberschenkel und ein hochgewachsener Oberkörper an dieser Stelle hinderlich. Knie und Kopf sind ab einer Körperhöhe von etwa 1,87 Meter im Grenzbereich. Kleinere Fahrgäste lassen nach dem Platz gefragt verlauten: "Das ist in Ordnung, aber wirklich üppig ist es nicht." Eltern müssen jetzt aber keine Angst bekommen. Klagen über Platzmangel wird es von hinten nicht geben. Ungünstig ist aber, dass der Platz für Flaschen mit einem Fassungsvermögen von 1,5 Litern, wie es ihn in den vorderen Türen gibt, nicht auch auf den hinteren Plätzen zu finden ist. Die dort Sitzenden müssen, will man nicht Pfützen auf den Polstern riskieren, von vorne mit Flüssigkeit versorgt werden.

Dafür offeriert der Franzose einen Kofferraum mit 420 Litern Fassungsvermögen. Hier wird aber der Bereich unterhalb des Ladebodens mit eingerechnet. Der ist, wählt man das Denon-Soundsystem für 500 Euro, mit dem Subwoofer befüllt. Das wiederum sorgt für ordentlich Bass, der das Blech auch mal schwingen lässt und die gute Laune auf den Höhepunkt treibt, hat aber den Nachteil, dass das Volumen des Gepäckabteils auf etwa 390 Liter schrumpft. Damit liegt der 308 genau im Bereich des Golf sieben. Koffer, Taschen und Winter-Equipment wie Schlittschuhe passen aber ohne Probleme auch mit Bass-Box in den Franzosen.

Untypisches Fahrwerk

420 Liter verspricht Peugeot im Kofferraum. Die gibt es aber nur ohne Subwoofer.

420 Liter verspricht Peugeot im Kofferraum. Die gibt es aber nur ohne Subwoofer.

(Foto: Holger Preiss)

So beladen zeigt der Franzose eine ganz neue Stärke: das Fahrwerk. Für ein Auto, das aus dem Land kommt, wo Komfort für sehr weiches Abrollen steht, gibt sich der neue 308 ausgesprochen straff. Freunde des über Stock-und-Stein-Schaukelns müssen aber nicht befürchten, dass die Bandscheiben auf rauem Pflaster malträtiert werden. So weit geht es nicht, aber die Federwege haben sich im Vergleich zu älteren Franzosen deutlich verkürzt. Sie geben dem Wagen insgesamt eine angenehmeres Fahrverhalten und eine viel bessere Kurvenstabilität. Wer denn doch mal in den Grenzbereich rutscht, kann sich auf die elektronischen Helferlein verlassen, die den Franzosen in der Spur halten. Ganz und gar französisch sind die voluminös geformten Sitzpolster. Wer die mit Leder bespannen lässt, zahlt 2300 Euro zusätzlich, sitzt dafür aber wie im Fernsehsessel und kann den dann auch noch elektrisch in die richtige Position bringen und dank Memory-Funktion dafür sorgen, dass zwei Positionen fix bleiben. Außerdem gibt es eine Massagefunktion, die aber, sagen wir mal, keinen medizinischen, sondern eher einen unterhaltenden Wert hat.

Französische Bescheidenheit

Aufgeräumt, dynamisch und solide verarbeitet präsentiert sich das Cockpit des 308.

Aufgeräumt, dynamisch und solide verarbeitet präsentiert sich das Cockpit des 308.

(Foto: Holger Preiss)

Bei all dieser Üppigkeit übt sich der 308 sonst aber in angenehmer Bescheidenheit und sportlichem Stil. Die Rundinstrumente sind leicht nach innen geneigt und von stylischen Chromumrandungen gerahmt. Die Franzosen verzichten auf allen überflüssigen Knopf- und Schalter-Tand und verlagern die Bedienelemente für Klimaautomatik, Navi, Radio, Telefon und Parkassistent in das 9,7 Zoll große Multifunktionsdisplay in der Mittelkonsole. Auch hier folgt die Chromleiste den vom Design vorgegebenen sportlichen Kanten. Wer allerdings eine solche Bedieneinheit in seinem 308 haben möchte, muss mindestens die Ausstattungslinie Active wählen. Die Investition lohnt sich aber nicht nur, weil es flotter aussieht. Auch die Bedienung wird deutlich einfacher. Allerdings sollte man sich ein wenig Zeit gönnen, um die einzelnen Befehlsfolgen in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Andernfalls kann das "Spiel" am sogenannten i-Cockpit doch ganz schön vom Geschehen auf der Straße ablenken.

Richtig haarig wird es, wenn man versucht, Speedlimiter oder Tempomat über das Touchpad zu bedienen. Zwar hat Peugeot einen zusätzlichen Regler dafür links unter dem Blinkgeber platziert, der ist aber durch das sportlich kleine Dreispeichenlenkrad, das lediglich 35 Zentimeter in der Breite und 33 Zentimeter in der Höhe misst, nicht einzusehen. Wer unbedarft an den Knöpfen fummelt, braucht vor allem Geduld, bis er die gewünschte Geschwindigkeit eingestellt hat. Hier wäre man mit den guten alten Tasten am Lenkrad, wo mit kühnem Daumendruck gearbeitet wird, besser bedient. Ansonsten stört das kleine Volant nicht. Der Blick geht jetzt über den Kranz in Richtung Instrumententafel. Optik und Bedienung sind ja immer auch Geschmacksache. In jedem Fall bietet der 308 hier etwas sehr Individuelles. Dazu gehört auch die Bewegung des Zeigers des Drehzahlmessers. Der läuft nämlich gegen den Uhrzeigersinn und damit entgegengesetzt zur Tachonadel.

Mit 156 PS gut unterwegs

Der 1,6-Liter THP 155 stammt noch aus der Zusammenarbeit mit BMW.

Der 1,6-Liter THP 155 stammt noch aus der Zusammenarbeit mit BMW.

(Foto: Holger Preiss)

Die arbeitet sich mit dem im Testwagen verbauten 1,6-Liter-Vierzylinder mit 156 PS bis an die Marke von 209 km/h heran. Auf dem Datenblatt des noch mit BMW entwickelten 155 THP werden 213 km/h ausgewiesen. Die wurden aber auf planer Strecke nicht erreicht. Ansonsten ist das noch mit der Effizienzklasse C ausgewiesene Triebwerk eine echte Empfehlung. Die Beschleunigung in 9,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h ist glaubhaft, denn bei einem beherzten Tritt auf das Gaspedal stürmt der Franzose flott vom Fleck. Das Einzige, was den Antritt ruckeln lassen kann, sind die etwas langen und nicht immer präzisen Wege durch die Schaltgassen. Vorzugsweise von 4 auf 5 passierte es, dass das Kupplungspedal vor dem Einrasten freigegeben wurde. Das wiederum führt zu einem tief in die Magengrube fahrenden Geräusch, das den albernen Spruch "Schalten ist ein spanabhebender Vorgang im Getriebe" aufs deutlichste untermauert.

Ansonsten erfreute der Motor durch seine Laufruhe und durch seinen mäßigen Durst. Im Drittelmix brachte es der 308 auf gute 7,6 Liter Super auf 100 Kilometer. Hier waren Landstraße, flotte Autobahnfahrten und dichter Stadtverkehr enthalten. Allerdings offeriert Peugeot für dieses Jahr sechs weitere Motoren, die dann auch die Euro-6-Norm erfüllen werden. Darunter komplett neu entwickelte Dreizylinder-Turbo-Benziner und neue BlueHDi-Dieseltriebwerke. Der Motorisierung des Testwagens am nächsten kommen hier wohl der 1,2 Liter Benziner mit 130 PS und der 2,0 Liter Diesel mit 150 PS. Allerdings haben die dann auch eine Start-Stopp-Automatik.

Preis-Leistung stimmt

Bleibt die Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wer die bestausgestattet Variante des 1,6 L 155 THP mit Sechs-Gang-Schaltgetriebe ordert, der muss 24.300 Euro bereitstellen. Dafür bekommt er aber auch ein solide verarbeitetes Auto, das serienmäßig eine Berganfahrhilfe, Einparkhilfe, elektrisch anklappbare Außenspiegel mit Zugangsbeleuchtung, akustische Einparkhilfe vorn und hinten, elektrische Feststellbremse, 17-Zöller, Mittelarmlehne hinten, Full-LED-Scheinwerfer mit dynamischer Leuchtweitenregulierung und schlüssellosen Zugang hat. Äußerlich wird die Premiumausstattung durch Chromelemente am Frontgrill und an den Seitenfenstern aufgewertet. Wer allerdings noch ein Panoramaglasdach, eine Rückfahrkamera, das Denon-Soundsystem, Ledersitze, und die Peugeot Connect Box mit Radioempfang über DAB haben möchte, der landet bei einem Endpreis von 30.110 Euro. Ein ähnlich konfigurierter Golf kostet dann aber immer noch knapp 4300 Euro mehr.

Fazit: Die Löwenmarke hat mit dem 308 ein Auto im Kompaktsegment im Angebot, das sich sehen lassen kann. Nichts erinnert mehr an die schwammigen Fahrwerke alter Franzosen und auch optisch hat sich Peugeot für ein reduziertes, aber gleichwohl zeitlos klares Design entschieden. Innen als auch außen konzentriert man sich auf das Wesentliche. Das ist nicht in allen Punkten sinnvoll, erfreut aber durch die Schnörkellosigkeit.

Auch bei der Grundausstattung bietet Peugeot zu einem interessanten Preis mehr als die hierzulande etablierte Konkurrenz einschließlich fünf Jahre Garantie, was den 308 wohl am attraktivsten macht. Im Frühjahr 2014 wird dann auch der SW genannte Kombi zu den Händlern kommen. Für Ladefetischisten bietet der dann immerhin 610 Liter Kofferraumvolumen, 5 Liter mehr als der Golf sieben.

 

DATENBLATTPeugeot 308 1,6 l THP 155 Allure
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,25 / 1,80 / 1,45m
Leergewicht (DIN)1375 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen420/811 l
MotorReihen-Vierzylinder mit 1598 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang-Handschalter
Leistung115 kW/156 PS bei 6000 U/min
KraftstoffartBenzin (Super)
AntriebVorderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit213 km/h
max. Drehmoment240 Nm ab 1400 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h9,3 s
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)4,6 / 7,9 / 5,8 l
Testverbrauch7,6 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
134 g/km
EmissionsklasseEU5
Grundpreis24.300,00 Euro
Preis des Testwagens30.110,00 Euro

Quelle: ntv.de

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