Panamera S E-Hybrid Porsches flüsternde Kampfmaschine
18.07.2014, 10:21 Uhr
Trotz seiner Länge von fünf Metern ist der Panamera S E-Hybrid ein waschechter Sportler.
(Foto: Holger Preiss)
Für ökologische Fahrzeuge steht Porsche in den Augen der meisten nicht. Viele sehen hier nur den Hersteller brachialer Sportwagen. Dabei haben die Zuffenhauser eine Luxuslimousine im Angebot, die abseits heiseren Röhrens ihre Insassen auch elektrisch befördern kann.

Die Schriftzüge des Porsche Panamera sind neongrün umrandet. Ein Blickfang, der nicht jedem gefällt.
(Foto: Holger Preiss)
Porsche ist eine Marke, die polarisiert. Für die einen ist es der Sportwagenhersteller schlechthin, für die anderen sind die Zuffenhauser Produzenten hochmotoriger Dreckschleudern, die zudem sündhaft teuer sind. Letztgenannte sind dann wahrscheinlich auch die, die mit einem Schlüssel an einem Panamera S E-Hybrid vorbeigehen, um ihm eine ganz individuelle Lackmaserung zu verpassen. Mal davon abgesehen, dass das extrem dämlich ist, muss man diesen Hirnkaspern unterstellen, dass sie nicht in der Lage sind, zu lesen. Steht doch an der Seite des Panamera, optisch durch die grüne Signaleinfassung hervorgehoben: E-Hybrid. Das heißt nichts anderes, als dass das sportliche Schlachtschiff neben einem 3.0 Liter V6, der seine Arbeit mit 333 PS verrichtet, auch noch einen Elektromotor unter dem Blech trägt, der den 2170 Kilogramm schweren Panamera mit 95 PS Leistung im Testbetrieb rein elektrisch 26 Kilometer vorangetrieben hat. In der Spitze bringt es der Luxusliner im Strombetrieb sogar auf stattliche 135 km/h.
Einmal Arbeit und zurück
Jetzt mögen sich Sportfreund und Porsche-Hasser fragen: Was soll das bringen? Eine ganze Menge. Abgesehen davon, dass man flüsterleise aus dem Wohngebiet der Geliebten verschwinden kann, ist der wohl nennenswertere Vorteil, dass ein Gutteil der Strecke zum und vom Arbeitsplatz rein elektrisch zurückgelegt werden kann. Statistisch gesehen sind das nämlich bei den meisten Menschen nicht mehr als 75 Kilometer pro Tag. Das gilt natürlich nur, wenn am jeweiligen Zielort eine entsprechende Ladestation zur Verfügung steht. Wenn das der Fall ist, steht dem fast emissionsfreien Arbeitsweg nichts entgegen.
In heimischen Gefilden kann der Panamera ganz normal an die Haushaltssteckdose angeschlossen werden. Hier dauert es etwa sechs Stunden, bis der Akkumulator wieder die volle Leistung hat. Sollte die Batterie während der Fahrt alle sein, besteht per Knopfdruck die Möglichkeit, den V6 als Generator zu nutzen. Eine Option, die vor allem auf langen Autobahnstrecken nützlich ist. Nach etwa 200 Kilometern hat die Batterie wieder über 100 Prozent ihrer Leistung zurück.
Sparsamer Luxus-Sportler

Der 3,0-Liter V6 leistet im Alleingang 333 PS. Vereint er sich mit dem Elektromotor, sind es satte 416 PS für den Hybrid.
Jetzt könnte man mutmaßen, dass der Spritverbrauch in diesem Modus deutlich zulegt. Dem ist aber nicht so. Der 333 PS leistende Benziner gibt sich im Zuffenhausener Luxusliner ausgesprochen genügsam. Und das, obgleich er damit alle Attribute eines echten Sportwagens erfüllt. In 5,5 Sekunden spurtet er im Zusammenspiel mit dem Elektromotor auf Tempo 100, ohne dabei den in den Lederpolstern des Testwagens Ruhenden bösartig ins Kreuz zu treten. Wer den Fuß nicht mehr vom Pedal bekommt, sieht sich am Ende mit einer Geschwindigkeit von 270 km/h konfrontiert. Ein Tempo, das aber selbst auf deutschen Autobahnen kaum fahrbar ist. Doch wer sich zügig fortbewegt, die fast unspürbaren Schaltvorgänge des Doppelkupplungsgetriebes genießt, und die digitale Geschwindigkeitsanzeige ab und zu über die 200 bewegt, hat am Ende einen Durchschnittsverbrauch von 9,8 Litern Super auf der Uhr. Hier sei erwähnt, dass sich das Triebwerk auch mit dem ungeliebten E10 zufrieden gibt, ohne dabei Schaden zu nehmen.
Rechnet man die Autobahnkilometer und die elektrischen Stadtstrecken auf, kommt man auf einen Durchschnittsverbrauch von etwa 7,4 Litern. Das liegt natürlich weit über den Datenblattangaben von Porsche. Dort ist die Rede von 3,1 Litern auf 100 Kilometer. Letztlich geht der reale Wert aber allemal in Ordnung, wenn man bedenkt, was für ein Kraftwerk unter der Haube pumpt und welche Massen hier bewegt werden. Erwähnenswert ist auch, dass der Wechsel zwischen Benzin- und Elektrobetrieb so sanft vor sich geht, dass weder der Fahrer noch die Insassen ihn mitbekämen, wäre da nicht der Drehzahlmesser, dessen neongrüne Nadel sich im Elektrobetrieb in den Ruhezustand begibt. Was auch daran liegt, dass der V6 seine Arbeit mehr als leise verrichtet und die Dämmung im Panamera ausgezeichnet ist.
Folgenlos über Stock und Stein
Doch eins sollte man nicht vergessen: der Porsche Panamera S E-Hybrid steht in der Tradition astreiner Sportwagen aus Zuffenhausen. Dabei ist die Limousine in ihren Maßen ein echtes Luxusschlachtschiff. Ganze 5 Meter in der Länge und 1,93 Meter in der Breite misst der Panamera. Allerdings hat man bei Porsche darauf geachtet, dass er sich fährt wie ein 911er. Dank eines Radstands von 2,92 Metern und mit Hilfe der adaptiven Luftfederung des Fahrwerks, die die Wahl zwischen Komfort, Sport und Sport Plus offeriert, klebt der Hybrid geradezu auf dem Asphalt. Hinzu kamen beim Testwagen die 20-Zöller, die mit 255er Reifen bespannt waren. Um den Panamera auch mal über Feldwege steuern zu können, gibt es einen "Hoch-Modus", bei dem das Fahrwerk um 2,0 Zentimeter angehoben wird.
Sportlich elegant geht es im Innenraum zu. Die vier Insassen nehmen auf ausgezeichnet strukturierten und sehr sportlichen Sitzen Platz. Tatsächlich gilt das auch für die Fondsitze. Der Pilot greift in ein Dreispeichenlenkrad, das auf eine Lenkradbedienung verzichtet. Die Fernbedienung ist Porsche-typisch in einem Druck-Hebe-Schalter unter dem Scheibenwischerhebel untergebracht. Das ist ungefähr so gewöhnungsbedürftig wie die Dreiteilung der Instrumententafel. Die wird von einem mittig platzierten Drehzahlmesser dominiert, an dessen unterem Ende digital die Geschwindigkeit angezeigt wird. In dieser zentralen Einheit ist auch die Rekuperation, also der Ladezustand beim Rollen und Abbremsen des Fahrzeuges ersichtlich.
Assistenzsysteme sind Mangelware
Gewöhnungsbedürftig ist auch die Knopfvielfalt in der Mittelkonsole, die gefühlt die Dimensionen wie in einem Airbus hat. Wenn man die Funktionen aber einmal durchschaut hat, macht es Spaß, im Cockpit wie Pit Cock zu agieren. Was allerdings schade ist, ist der Umstand, dass bei einem Grundpreis von 110.409 Euro keine Rückfahrkamera verbaut ist und auch das Navi sich bei der Verkehrszeichenerkennung nicht an den Straßenschildern, sondern an den Vorgaben der Navigationsdaten orientiert. Das heißt, dass man die Augen immer schön offen halten muss, andernfalls knallt man ungewollt mit 120 km/h über den wegen Straßenschäden beschränkten Autobahnabschnitt, weil es im Display so zu lesen ist.
Die fehlende Frontkamera bedingt auch, dass der schicke Hybrid Spurhalteassistent und Tempomat nicht zum angenehmen teilautonomen Fahren vereinen kann. Gerade auf längeren Reisen wäre diese Option das Tüpfelchen auf dem Luxus-i. Apropos Reisen: So üppig der Panamera S E-Hybrid dimensioniert ist, so verhältnismäßig klein ist sein Gepäckabteil. Das schrumpft beim Hybrid sogar noch um 110 auf 335 Liter. Zusätzlich leidet das Platzangebot, weil man, will man die Batterie überall laden, das entsprechende Kabel mitführen muss. Das ist an sich nicht groß, aber der dazugehörige Transformator ist ein echtes "Ungetüm". In seiner Tasche verstaut, nimmt das Gebilde gefühlt ein Viertel des Kofferraums ein, der wegen des darunter liegenden Akkus ohnehin nicht sehr hoch ist.
Fazit: Der Porsche Panamera S E-Hybrid ist dank des V6 mit 333 PS und seines Elektromotors mit zusätzlichen 95 PS ein waschechter Sportwagen. Mit Hilfe des Stromantriebs bekommt er aber auch eine messbare ökologische Attitüde. Lediglich 71,0 Gramm CO2 emittiert der Hybrid im Kombibetrieb. In puncto Luxus muss sich der Zuffenhauser weder vor einem Audi A8 noch einer S-Klasse verstecken. Nur bei den Assistenzsystemen wünschte man sich bei einem Preis von 118.358,20 Euro deutlich mehr.
DATENBLATT | Porsche Panamera S E-Hybrid |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 5,01 / 1,93 / 1,42 m |
Leergewicht (DIN) | 2170 kg |
Sitzplätze | 4 |
Ladevolumen | 335 / 1150 Liter |
Motor | Reihen-Sechszylinder Benziner mit Turboaufladung, 2995 ccm Hubraum |
Getriebe | 8-Gang-Automatikgetriebe |
Systemleistung | 306 kW/416 PS |
Kraftstoffart | Super |
Antrieb | Heckantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h; elektrisch 135 km/h |
max. Drehmoment | Verbr.Motor: 440 Nm El.Masch.: 310 Nm Ges.Syst.: 590 Nm |
Beschleunigung 0-100 km/h | 5,5 s |
Normverbrauch kombiniert | 3,1 l |
Testverbrauch | 7,4 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 71 g/km |
Emissionsklasse | EU 5 |
Grundpreis | 110.409,00 Euro |
Preis des Testwagens | 118.358,20 Euro |
Quelle: ntv.de