Infografik

Daten und Grafiken So trocken ist es aktuell in Deutschland und Europa

Ein abgestorbener Baum steht auf einem vertrockneten Feld.

Ein abgestorbener Baum steht auf einem vertrockneten Feld.

(Foto: Christoph Reichwein/dpa/Symbolbi)

Ein ungewöhnlich heißer und trockener Sommer belastet nicht nur Mensch und Umwelt. Auch die Wirtschaft leidet unter den Folgen. Die ntv.de-Datenauswertungen visualisieren die Dimension der aktuellen Dürre.

Quer durch Europa gilt der Sommer 2022 schon jetzt als ein Sommer der Extreme. Vor allem die Dürre bereitet vielen Ländern Sorgen: Aufgrund des extremen Wassermangels drohen schlechte Ernten, in einigen Regionen gerät selbst die Versorgung der Privathaushalte in Gefahr. Es ist offensichtlich: Die Folgen des Klimawandels werden für immer mehr Menschen immer stärker greifbar.

Auch in Deutschland war der Juli außergewöhnlich heiß und trocken, so die Bilanz des Deutschen Wetterdienstes. Weniger als die Hälfte der sonst üblichen Niederschlagsmenge wurde in dem ganzen Monat verzeichnet. Mehrere ntv.de-Grafiken zeigen, wie sich die aktuelle Trockenheit auf Bevölkerung, Ökosysteme und Wirtschaftszweige in Deutschland und Europa auswirken.

Dürremonitor des Helmholtz-Instituts gibt einen Überblick

Der Zustand der Böden - und damit auch der Pflanzenwelt in Deutschland - lässt sich wohl am besten mit dem "Dürremonitor" des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) veranschaulichen. Das Institut wertet Daten zur Feuchtigkeit in verschiedenen Bodentiefen aus und erstellt daraus anschauliche Karten, die den Schweregrad der Dürre quer durch Deutschland illustrieren - und das für jeden Tag.

Aufgrund der vielen Datenpunkte, lässt sich die Gesamtlage in Deutschland nur als Bilddatei sinnvoll darstellen. ntv.de nutzt jedoch die Rohdaten, um regional und zeitlich begrenzte Einzelauswertungen vorzunehmen. Die untere Grafik etwa gibt einen Überblick, wie viele Regionen aktuell von unterschiedlichen Dürregraden betroffen sind - und wie sich die Anteile zuletzt entwickelt haben.

Die Verschärfung und Verfestigung der Dürresituation in Deutschland erschließt sich beim Blick auf die historischen Daten im Monatsmittel seit 1951. Deutlich erkennbar ist: Seit 2018 ist dauerhaft ein sehr hoher Anteil der Böden in Deutschland von extremer oder sogar außergewöhnlicher Dürre betroffen. Die Schwere der seit 2018 anhaltenden Dürre wird insbesondere im Vergleich mit den Grafiken für die vorhergehenden Jahrzehnte deutlich, die über das Drop-Down-Menü aufgerufen werden können.

KlimakriseDürren je Jahrzehnt

EU: "Schlimmste Dürre seit 500 Jahren"

Auf europäischer Ebene beobachtet das European Drought Observatory (EDO) mit Hilfe von Copernicus-Satellitendaten, wie sich Wetter und Klima auf Bodenbeschaffenheit und Pflanzenwelt auswirken. Zur besseren länderübergreifenden Lagebewertung haben die Forschenden einen kombinierten Dürre-Index (CDI) entwickelt, der wie ein dreistufiges Warnsystem funktioniert.

  • Stufe eins bedeutet: Hier herrscht Regenmangel, es besteht ein Dürre-Risiko. Die weitere Entwicklung wird beobachtet.
  • Stufe zwei geht mit einer Dürre-Warnung einher. Hier ist der Boden bereits auffällig trocken.
  • Die höchste Alarmstufe gilt, wenn alles zusammenkommt und die Pflanzenwelt messbar unter der Trockenheit leidet.

Die Daten werden drei Mal im Monat jeweils in zehn-Tage-Intervallen ausgewertet und veröffentlicht. Anfang August herrschen demnach in fast der Hälfte (47 Prozent) des EU-Gebiets Warnbedingungen. Weitere 17 Prozent sind von der höchsten Alarmstufe betroffen. Nach Einschätzung der Expertinnen und Experten handelt es sich vermutlich um die schlimmste Dürre seit mehr als 500 Jahren. Die animierte Grafik zeigt, wie die Trockenheit seit März zugenommen hat.

Binnenschifffahrt wird ausgebremst

Neben der Landwirtschaft ist die Binnenschifffahrt mit am stärksten und ganz direkt von der Trockenheit betroffen. So wurde in letzter Zeit aus gutem Grund sehr viel über den Rhein-Pegel berichtet. Nach mehreren extrem regenarmen Wochen war Deutschlands wichtigste Wasserstraße ab Mitte Juli nahezu unbefahrbar.

Wie auch schon im Dürrejahr 2018 verkehren Transportschiffe aufgrund der niedrigen Pegelstände nur noch mit einem Bruchteil der sonst üblichen Ladung - wenn überhaupt. Das treibt natürlich die Kosten für die transportierten Waren und Rohstoffe in die Höhe.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Pegel Kaub bei Koblenz. Spätestens seitdem der Wasserstand dort auf unter 40 Zentimeter abgesunken ist, ist für die Binnenschifffahrt die Grenze der Wirtschaftlichkeit erreicht - Unternehmen müssen einen anderen Weg finden, ihre Waren zu transportieren. Der Gütertransport verlagert sich auf die Schiene und die Straße, was auch dort wiederum zu Behinderungen führen kann.

Schockbilder zeigen trockene Flussläufe und verdorrte Felder

Auch Touristen sind von den niedrigen Pegelständen an deutschen Gewässern betroffen. Fähren stellen ihren Betrieb ein, Privatboote bleiben in den Häfen liegen. In vielen beliebten Urlaubsregionen im In- und Ausland bieten die niedrigen Wasserspiegel, ausgedörrte Wälder und staubtrockene Felder einen schockierenden Anblick.

Hinzu kommt die Gefahr durch Waldbrände. Noch nie zuvor mussten europäische Feuerwehren schon so früh im Jahr und so oft ausrücken, um Brände in der Natur zu bekämpfen. Und trotz aller Bemühungen ist bereits im Juli eine Rekordfläche verbrannt, zeigen die Zahlen des europäischen Waldbrand-Informationssystems EFFIS (European Forest Fire Information System).

Auch in Deutschland sind großflächige Waldbrände, die ganze Siedlungen bedrohen, keine Ausnahmeerscheinung mehr. Wegen eines Großbrandes in Berlin-Grundwald musste Anfang August neben einer Bahnstrecke auch eine wichtige Autobahn tagelang gesperrt werden - für die ohnehin schon verkehrsgeplagte Hauptstadt eine mittlere Katastrophe.

Trockenheit erhöht Überflutungsrisiko

Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig - doch Trockenheit erhöht zudem das Risiko, dass es zu Flutkatastrophen kommt. Ein gesunder Boden saugt Niederschlag auf wie ein angefeuchtetes Schwammtuch. Ausgedörrter Boden hingegen wirkt wie Beton - das Wasser versickert nur sehr langsam. Auf Twitter führte ein Forscher das Prinzip vor:

Wenn es sehr lange fast gar nicht geregnet hat, sollten Warnungen vor Starkregen also besonders ernst genommen werden. Dabei handelt es sich jedoch meist um sehr regional begrenzte Wetterereignisse. Die nachfolgende Karte zeigt die lokal gemessenen täglichen Niederschlagsmengen der letzten sieben Tage im Stationsnetzwerk des Deutschen Wetterdienstes. Über das Drop-Down-Menü können sie einen Tag auswählen.

Die Größe des Kreises signalisiert, wie stark es in der jeweiligen Region geregnet hat. Als Referenzwert dient dabei der für ganz Deutschland verzeichnete Höchstwert der laufenden Woche.

WetterNiederschläge in Deutschland

Hitzewellen kosten Menschenleben

Der Klimawandel führt zu mehr extremen Wettereignissen und Naturkatastrophen. Steigende Temperaturen können aber auch zu einer unmittelbaren Gefahr für den Menschen werden. Klimaforscher gehen davon aus, dass Hitzeperioden - von denen es in diesem Jahr nun schon mehrere gab - immer häufiger werden. Selbst in Deutschland werden inzwischen mehr sogenannte "tropische Nächte" pro Jahr gezählt als noch in den 1950er und 1960er Jahren.

Ohne Abkühlung nehmen die Belastungen für den menschlichen Körper zu. Vor allem für ältere und gebrechliche Menschen sind Hitzewellen lebensbedrohlich. Das macht sich teilweise sogar in den Übersterblichkeitsdaten während der Sommermonate bemerkbar, zuletzt im Hitzesommer 2018. Nicht umsonst warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seinen amtlichen Wetterwarnungen (Echtzeit-Karte hier) regelmäßig vor starker Hitzebelastung. Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen, Schulen und Pflegeeinrichtungen sollen sich auf Hitzewellen vorbereiten und Vorsichtsmaßnahmen für sich und ihre Schutzbefohlenen treffen.

Klimaziele können nur noch durch radikale Maßnahmen erreicht werden

Die Anpassung an die neuen, durch den Klimawandel entstandenen Umweltbedingungen ist das eine. Maßnahmen zur Minimierung der Risiken sind das andere. Denn der Klimawandel ist menschengemacht - und es obliegt der Menschheit dieser Entwicklung entgegenzuwirken, um den Planeten bewohnbar zu halten.

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Mit dem in Paris erklärten Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5-Grad zu begrenzen, hat die internationale Gemeinschaft die Herausforderungen erkannt und sich der Sache angenommen. Doch wenn das selbst erklärte Ziel erreicht werden soll, ist Eile geboten: Laut dem neuesten IPCC-Bericht bleiben uns noch etwa 30 Jahre, um die globalen Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null zu senken. Dann wäre das Klimaziel wahrscheinlich gerade noch so zu erreichen.

Quelle: ntv.de

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