Leben

David gegen Goliath? Art Düsseldorf besteht neben Kölner Kunstmesse

Terminverschiebungen inspirieren Kunstmessedirektor Walter Gehlen: "Das ist die Chance, etwas Größeres zu machen".

Terminverschiebungen inspirieren Kunstmessedirektor Walter Gehlen: "Das ist die Chance, etwas Größeres zu machen".

(Foto: Sebastian Düren)

Wundertüte Kunstmesse. Die Art Düsseldorf geht ab dem 8. April für drei Tage an den Start. Im Areal Böhler, einem alten Stahlwerk, zeigen 85 internationale Galerien aktuelle Kunst. Vor Corona fand die Messe immer im Herbst statt. Aber diesen Termin hat sich die Art Cologne geschnappt. Der 1967 gegründete Rivale schiebt die Pandemie als Verdrängungsgrund vor. Der Beziehungsstatus der beiden Messen ist also kompliziert. "Das Rheinland ist einer der wichtigsten Kunstmarktplätze, man kann nicht in jedem Bundesland einfach zwei Messen raushauen, aber hier macht das absolut Sinn. Hier sitzen Sammlerfamilien, die seit Generationen mit Leidenschaft dabei sind", sagt Walter Gehlen. ntv.de hat mit dem Veranstalter und Mitgesellschafter der Düsseldorfer Kunstmesse gesprochen: Über belebende Konkurrenz, alte Rivalität und echte Neuerungen.

ntv.de: Munteres Termin-Pingpong angeblich Pandemie bedingt zwischen der Art Cologne und Ihrer jungen Art Düsseldorf. Was ist da passiert?

Walter Gehlen: Ach, wir sind total flexibel. Für mich macht das Thema Kunstmessen im Rheinland nur Sinn, wenn beide Städte zum Leuchten kommen. Wir haben hier einfach ein potentes und attraktives Sammlergebiet.

Warum braucht man zwei Messen, die nur 40 Kilometer voneinander entfernt liegen?

Was heißt brauchen? Bei Marktplätzen entscheiden letztlich die Kunden. Wir sind aber auch davon ausgegangen, dass es Sinn macht. Und am Ende gibt es tatsächlich Kunden, die eben nicht nach Köln fahren. Der Aussteller entscheidet nicht über ein "hier oder da", sondern er entscheidet sich für einen zusätzlichen Markt. Rivalität ist für mich kein Thema. Im Rheinland wird an verschiedensten Stellen Erfolg kreiert.

Hat es Sie nicht trotzdem geärgert, dass Ihr angestammter Termin im Herbst einfach von dem größeren Konkurrenten besetzt wurde?

Die Art Düsseldorf geht mit spannenden Neuerungen in die vierte Runde.

Die Art Düsseldorf geht mit spannenden Neuerungen in die vierte Runde.

(Foto: Sebastian Düren)

Das hat mich nicht geschockt. Veränderte Rahmenbedingungen begegnen Unternehmen immer wieder. Ich weiß, dass damit auch Chancen einhergehen. Und die haben wir bisher genutzt.

Hat aber schon was von David gegen Goliath, jung und modern gegen alt und ehrwürdig, oder?

(lacht) Ich schaue bei dem, was ich tue, auf das, was für die Art Düsseldorf und für unsere Aussteller gut ist. Mich am Verhalten anderer Leute zu orientieren, interessiert mich nicht. Am Ende des Tages zählt immer das Ergebnis – und das ist gut.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Wir sind zwei Teilnehmer in diesem Markt und jeder macht sein Geschäft nach bestem Wissen, Gewissen und nach seinen Möglichkeiten. Rein technisch sind wir Wettbewerber, aber das ist das, was unsere gesamte Marktwirtschaft zusammenhält. Dieses ständige Ringen um die besten Lösungen. Gäbe es uns nicht, hätten wir eine Monopolsituation und als Volkswirt, weiß ich, dass die nicht sinnvoll ist. Konkurrenz klingt immer so aggressiv. Ich sehe es eher sportlich.

Aufzugeben war niemals eine Option?

Klar, es gab Hürden und Fragezeichen in den letzten Jahren, aber die gibt es immer bei ambitionierten Projekten. Die Vision, dass eine Messe auch in Düsseldorf funktioniert, obwohl in Köln eine stattfindet, wurde von Sammlern und Ausstellern zu 100 Prozent bestätigt.

Welche Vision befeuert Ihren Enthusiasmus?

Ich bin gebürtiger Düsseldorfer und irgendwie hat mich das gereizt, hier eine Messe zu etablieren. Wir haben uns von Edition zu Edition weiterentwickelt und uns in den zweieinhalb Corona-Jahren viele Gedanken gemacht. Unser durch und durch hybrider Ansatz bringt jetzt die Galeristen und Kunstinteressierte weiter. Für mich persönlich waren die neuen Rahmenbedingungen tatsächlich inspirierend. Es gab die Chance, etwas Größeres zu machen - oder unterzugehen. Letzteres ist nicht attraktiv (lacht). Zu sehen, dass wir immer besser werden, macht mir Freude und treibt mich letztlich an.

Woher kommt eigentlich dieses "Düsseldorf versus Köln"-Ding? Es geht um Konkurrenz im Wirtschaftlichen wie im Sportlichen. Das macht nicht mal vor Biersorten und Karneval halt. Das soll auf die Schlacht von Worringen 1288 zurückgehen ...

Ich bin kein Historiker, aber ich glaube tatsächlich, das ist ein Initialtrauma. Düsseldorf hatte damals gewonnen, allerdings mit einem Söldnerheer, die das von Berufswegen machten. Die Kölner hingegen haben ihre eigenen Söhne, die mit Dreschflegeln kämpften, verloren.

Im alten Stahlwerk Areal Böhler wird jetzt zeitgenössische Kunst gezeigt.

Im alten Stahlwerk Areal Böhler wird jetzt zeitgenössische Kunst gezeigt.

(Foto: Felix Hild)

Das Narrativ ist also emotional besetzt …

Ja, und dennoch stets präsent. Selbst im Düsseldorfer Rathaus hängt ein Riesengemälde von der Schlacht bei Worringen.

Eine Schlacht um den Kunstmarkt sehen Sie nicht, da ist Platz für zwei?

Ja, da kann ich mich nur wiederholen. Die Tatsachen belegen das. Der Messemarkt weltweit wird sich aber mutmaßlich weiter verändern.

Warum?

Allein die Transportkosten haben sich im letzten Jahr verdoppelt. Das wird Auswirkungen auf die Mobilität vieler haben. Galerien treffen jetzt eher die Entscheidung, in Europa zu bleiben, als an einer Messe in Mexiko oder Asien teilzunehmen. Das Rheinland hat zudem einen entscheidenden Standortvorteil, denn man ist innerhalb einer Stunde aus Holland oder den Benelux-Staaten bei uns.

Die Art Düsseldorf ist ja eine Hybrid-Veranstaltung, was genau bieten Sie da an?

Wir haben massiv investiert, um ein maximales Besuchererlebnis auch von außerhalb zu garantieren. Man kann also dabei sein, ohne auf der Messe präsent zu sein. Dafür haben wir 50 echte Guides eingestellt. Die sind per Mausklick direkt ansteuerbar und führen mit VIPs Gespräche.

Die Messe ist digital nur für VIPS erreichbar oder für jeden Kunstinteressierten?

Jeder kann sich digital mit einem echten Art Guide über die Messe bewegen oder an Führungen teilnehmen.

Jeder kann sich digital mit einem echten Art Guide über die Messe bewegen oder an Führungen teilnehmen.

(Foto: Yannick Mandelbaum)

Unser Service ist niederschwellig. Über die Webseite kommt jeder in den Shop, wo man alles sehen und erwerben kann. Über einen Link können Sie mit den Galerien Kontakt aufnehmen. Zusätzlich bieten wir alle 30 Minuten Führungen an. Dieser besondere "Zoomroom" ist tatsächlich acht Stunden lang geöffnet. Da können sich 20.000 Leute gleichzeitig zum Beispiel die tollsten Künstlerinnen auf der Messe, die Biennale-Künstler, das Thema Ukraine, Galerien aus Berlin, Skulpturen oder was auch immer anschauen. Unser offenes Besucherprogramm ist neu. Und wenn wir darüber am Ende vielleicht noch zehn Prozent mehr Kunst verkaufen, ist das fantastisch.

Mit Walter Gehlen sprach Juliane Rohr

Art Düsseldorf, 8. bis 10. April, Areal Böhler, Hansaallee 321, 40549 Düsseldorf zur Webseite mit allen digitalen Angeboten hier

Quelle: ntv.de

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