Leben

Aus der Schmoll-Ecke Der eklige Ostzonale is back

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Matthias Döpfner schrieb einige Nachrichten, die ihn jetzt nicht so gut aussehen lassen.

(Foto: dpa)

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Was soll man zu dem skurrilen Gedöns von Matze Döpfner sagen, was nicht schon gesagt worden ist? Unser Kolumnist hat gegrübelt und gegrübelt, ehe er eine skurrile Antwort fand, die da lautet: Fuck the intolerant Christians und all das andere Gesochs!

Er ist wieder da! Jawoll, da bin ich wieder, der eklige Ostzonale mit dem Hang zum verbalen Exzess is back. Eine persönliche vierwöchige Auszeit von der Schmoll-Ecke habe ich für eine innere Einkehr genutzt, um dann kurz nach Ostern kraftvoll wieder aufzuerstehen wie einst Jesus aus dem Grabe, allerdings ohne Löcher in den Handinnenflächen. Zum Glück ist das Kreuzigen in traditioneller Weise verboten. Ans Kreuz genagelt wird nur noch verbal. Gott bewahre. Deshalb rufe ich der Nation zu. Feel free! Feel with Jesus! Free east! Fuck the intolerant Christians und all das andere Gesochs! Zynismus über alles. Italy is my country.

Vier Wochen habe ich überlegt, womit ich Sie beglücken kann in diesen unglücklichen Zeiten, habe gegrübelt und gegrübelt - und dann kam Matze Döpfner, der Springer-Boss. Sie wissen, wie er habe auch ich keine Scheu, frei von der mit Alkohol aus viel zu viel Wein belasteten Leber wegzuschreiben. Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf, ich brauche aber nicht die "Zeit", damit meine fiesen Ansichten über die Ostzone und das übrige untergehende Abendland das Licht der Öffentlichkeit erblicken, solange wir noch Strom haben, ein klein wenig Helligkeit ins Dunkel unserer Epoche zu bringen.

Gegen Honorar veröffentliche ich alles vollkommen freiwillig und lade Sie ein, an meinen kruden Gedankengängen (weiterhin) teilzuhaben. Ich garniere die sprachlichen Girlanden ab und an mit Rechtschreibfählern (sic!) and with a few English words (siehe oben), um mich als klugen, besorgten und weltläufigen Erdenbürger zu präsentieren, der nonchalant ist, das Leben nicht so ernst nimmt, aber alles im Griff und nur leider zu wenig Zeit hat, Grammatik und Orthogravieh zu checken. Also hier, frei heraus, was ich schon immer sagen wollte: Die Ostzonalen sind entweder Kommunisten oder Faschisten. Oder was ganz anderes. Jedenfalls schlimme Leute, bei denen man nie weiß, woran man ist. Die wählen gestern die und heute andere, als wären sie Demokraten. Das ist eklig. Oder auch ecklig, also eklig mit ck.

Auch ich gehöre als gebürtiger Leipziger zu den "eckligen" Ostzonalen. Einer meiner Stammleser, dessen Herz ich seit Jahren nicht zu gewinnen vermag, schreibt mir immer wieder, dass ich ein "eckliger Typ" oder ein "eckliger Lügner" bin. Vielleicht wird eklig in der BRD GmbH mit ck geschrieben. Ich weiß es nicht, denn ich war noch nie drüben. Er ließ mich schon vor zwei Jahren wissen: "Wer so hässlich ist wie Du, der kann auch nur lügen wie Schnitzler oder Göbbels!!" (Mehrere meiner Leser schreiben Goebbels mit ö.) Schnitzler oder Goebbels. Also Kommunist oder Nazi. Der eine kam im Westen Berlins zur Welt, der andere in Nordrhein-Westfalen. Westdeutsche Extremisten also. Was machen wir nun? Auf die Ostzonalen einhauen. Eklige Leute. Disgusting. Wenn nicht gar ecklig.

Stereotype allerorten

Damit Sie nicht auf falsche Gedanken kommen oder gar glauben, ich würde hier suggerieren wollen, der anonyme Verfasser der Mails sei Matze Döpfner. Um Gottes Willen. Die Botschaften des Unbekannten kommen stets ohne englische Vokabeln aus. Und ob Matze Döpfner Zeit hat, gemeine Mails an mich zu verfassen, während er einen Konzern lenkt, sich mit Julian Reichelt zofft und die FDP vor dem heimischen Christian-Lindner-Altar anbetet, bezweifle ich. Übrigens: alles Ironie. Ganz wichtig, das hier hervorzuheben. Nicht, dass hier Missverständnisse entstehen. Das sag' ich auch immer, wenn ich Freunden eine Nachricht schicke, mit der Botschaft: Mir geht es gut.

Weiter im Text: Queere, Homosexuelle, Ostzonale und Ostfriesen werden sehr oft stereotyp gezeichnet, man kann sehr wohl von einem Abklatsch der Realität sprechen, bewusst überzogen, als würden Italiener nur Nudeln und Franzosen nur Baguettes futtern, falls sie nicht gerade in China Reis in sich stopfen und dabei überlegen, wie sie die Amerikaner ärgern können, damit die uns militärisch hängen lassen, wenn Donald Trump back is, America greater denn je maked und der Russe am Brandenburg Gate steht.

Wir wissen: In Klischees steckt ein dicker Kern Wahrheit. Aber wen interessiert denn heutzutage die Wahrheit, es reichen Narrative, um hier mal ein Modewort anzubringen. Also: Die Ostzonalen werden nie Demokraten, jedenfalls nicht alle. Vielleicht sollte man aus der Ost- eine Agrar- und Produktionszone mit Einheitslohn machen, eine Art Reservat für Faschisten und Kommunisten und ihren Nachwuchs auf dem Weg zu braun oder rot. Das wäre was, erst recht, wo doch der Mindestlohn auf 100 Euro die Minute angehoben werden soll, damit das Jammern endlich ein Ende hat. Dann ginge Helmut Kohls Traum von den blühenden Landschaften doch noch in Erfüllung.

Hoffnung auf die FDP?

Also, please, stärket die guten Parteien, auch wenn sie Fehler machen. Hauptsache ist, dass irgendjemand regiert und Verbote erlässt. Das war in Krisenzeiten schon immer ein Mittel, die Welt zu verbessern. Wilhelm Cuno, einer der Reichskanzler der Weimarer Republik, der zwischen stockkonservativ und wirtschaftsliberal changierte, ließ 1923 "Tanzlustbarkeiten" untersagen, weil "Schlemmerei, Genußsucht und Alkoholmißbrauch" in Zeiten der Inflation einfach zu viel des Schlechten wurden. Jetzt verbietet die FDP mit ihren Kumpanen halt Gas- und Ölheizungen. Auch okay.

"Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird - und das kann sein - wird das grün rote Desaster vermieden", soll Matze Döpfner geschrieben haben, PRIVAT natürlich. Holy Shit, lag der Mann daneben. Hoffen wir mal, dass er mit Prognosen für die strategische Ausrichtung seines Konzerns besser liegt. Seine Urteilskraft überzeugt mich ohnehin nicht. Geirrt hat er sich auch, als er über Julian Reichelt urteilte, der sei "der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeits-Staat aufbegehrt". Da soll er mal schauen, was so alles in der "Welt" geschrieben wird. Jeden dritten Tag zeigt es jemand dem DDR-Obrigkeitsstaat, warnt, dass die freiheitlichen Grundrechte nicht (länger) beschnitten werden dürfen, weil sonst die Demokratie zu Ende geht und Matze Döpfner nicht mehr wie bisher jeden Monat eine Demo anmelden oder besuchen kann.

Man könnte es auch in einer Mail oder einem Chat weniger klar, sondern rätselhafter formulieren, am besten mit schräger Rechtschreibung, damit die Ironie erkennbar ist: "Das ganze ist so surreal. Kollektiver Verstandes Verlust. Der Coup der Gefühligkeit. Das absolute scheitern der Eliten. Es ist ein Endpunkt. Das ist das Ende der Marktwirtschaft. Und der Anfang von 33." Ist man als Milliardär keine Elite? Was bedeutet die 33? Das Doppelte von 33 ist 66, das Alter, ab der das Leben erst anfängt, wie wir von Udo Jürgens lernten. Gar 1933, das Jahr von Hitlers Machtergreifung? Wahrhaft ein Rätsel, das nur die "Zeit" zu entschlüsseln vermag. Fortsetzung folgt. Matze-Döpfner-Bashing wird nämlich gerne gelesen.

Zu guter Letzt bekenne ich, selbst ab und an für die "Welt" zu schreiben. Die Kollegen in der Redaktion - auch die ekligen aus der Ostzone - sind dort entgegen aller Klischees freundlich und anständig im Umgang mit freien Mitarbeitern. Die wissen, dass es am Ende doch sowieso nur zwei Dinge sind, die bleiben: KUNST und LIEBE (mitunter inklusive VÖGELN, FÖRDERN, FEUERN). Na ja, auch Geld. Aber das hat man als Milliardär und kann es vererben. Anders als die Liebe zur FDP und zu groteskem Gedöns, das nicht so gemeint war, wie es da so aus dem Zusammenhang gerissen rumsteht und einen blöd erscheinen lässt.

Quelle: ntv.de

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