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Osteuropa-Experte Janis Kluge "Der russische Wirtschaftsraum ist toxisch geworden"

Russland bezahlt einen hohen Preis für den Ukraine-Krieg. Noch in diesem Monat will das Land neue Rubel-Anleihen ausgeben - und so seine Kriegskasse füllen.

Russland bezahlt einen hohen Preis für den Ukraine-Krieg. Noch in diesem Monat will das Land neue Rubel-Anleihen ausgeben - und so seine Kriegskasse füllen.

(Foto: picture alliance / Zoonar)

Haben die Sanktionen gegen Russland einen Effekt oder schaden sich Deutschland und die EU damit selbst? Deutschland wird die Energiekrise überwinden, ist Ökonom Janis Kluge überzeugt. Die russische Wirtschaft dagegen werde dauerhaft an Wohlstand verlieren.

Es ist eine Frage, die Deutschland so stark bewegt wie kaum eine andere: Helfen die Wirtschaftssanktionen der EU und der USA dabei, Russland zu schwächen und damit auch seine Fähigkeit zur Kriegsführung zu begrenzen? Janis Kluge, Russland-Experte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, ist überzeugt, dass das Land leidet - und dass sich das mittelfristig auch auf die Politik auswirken kann.

"Die Sanktionen gegen Russland wirken indirekt", sagt Kluge im Podcast "Die Stunde Null". Das Land befinde sich "in einer tiefen wirtschaftlichen Krise", weshalb es sowohl in den Eliten als auch in der Bevölkerung weniger zu verteilen gebe. "Die Sanktionen verschärfen die Zielkonflikte in Russland", sagt er. "Die Bevölkerung kann nicht auf Dauer bei Laune gehalten werden."

Aus Kluges Sicht haben vor allem die Beschränkungen für die russischen Importe von technischen Bauteilen für Schwierigkeiten gesorgt. Die Produktion von Elektronikgeräten, Autos oder auch die Fertigung für die russische Eisenbahn sei massiv eingebrochen. "Diese Industrien haben gigantische Probleme, weil es ihnen an Teilen mangelt", sagt der Wissenschaftler.

"Es gibt viele Bereiche der russischen Wirtschaft, bei denen man sagen kann, dass sie keine Zukunft haben werden", führt der Osteuropa-Experte aus. Nach seiner Beobachtung hält der Staat den Betrieb mit Subventionen über Wasser, indem ganze Belegschaften mit gekürzten Gehältern in Betriebsferien geschickt werden. Das werde allerdings auf Dauer immer schwerer zu finanzieren sein. "Für Russland gibt es keinen Silberstreif am Horizont", sagt er. "Es ist als Wirtschaftsraum toxisch geworden."

Deutschlands Krise ist "klar begrenzt"

Die deutsche Volkswirtschaft hingegen wird nach Ansicht Kluges ihre Probleme durch stark gestiegene Energiepreise mittelfristig überwinden. "Wir haben in Deutschland eine klar begrenzte Krisensituation", sagt Kluge. "Sie ist nicht harmlos, aber sie ist eben begrenzt."

Für das Land gehe es jetzt vor allem darum, alternative Quellen für das ausbleibende Erdgas zu finden, was für eine Übergangszeit höhere Kosten mit sich bringe. "Die Prognosen für Deutschland sind überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was Russland gerade durchläuft, wenn man sich die Tiefe der Rezession anschaut", sagte er. "Russland wird permanent auf ein niedrigeres Wohlstandsniveau fallen."

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Hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null"

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Quelle: ntv.de, ddi

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