Thelen: Zukunft nicht verspielen "Staatshilfe für Adidas geht gar nicht"
18.05.2020, 17:48 Uhr
Tech-Investor Frank Thelen spricht gerne Klartext. In "Die Stunde Null" provoziert er mit der Frage: "Warum müssen wir denn als Steuerzahler ein Unternehmen finanzieren, das 2019 zwei Milliarden Gewinn gemacht hat?
(Foto: imago images/Horst Galuschka)
Frank Thelen ist einer der bekanntesten Investoren Deutschlands. Sein neues Buch "10xDNA - das Mindset der Zukunft" ist ein leidenschaftlicher Appell, nie aufzuhören in Zukunft zu investieren - insbesondere nicht in der Krise. Im Podcast "Die Stunde Null" kritisiert er, dass Corona blind für die Zukunft mache.
Frank Thelen kann sich schnell und leidenschaftlich aufregen, über Menschenmassen ohne Atemschutz, zu lange Schlangen vor Ikea nach dem Shutdown - oder auch den Crash-Propheten Dirk Müller, der tönt, er habe alle vorhergesagt. Aber vor allem beschäftigt den Investor, ob Deutschland jetzt aufhört, über die Zukunft nachzudenken und in sie zu investieren - und stattdessen Milliarden für womöglich falsche Rettungsaktionen ausgibt.
"Sorry, aber warum bekommt denn Adidas Kredite vom Staat?", fragt Thelen in dem Podcast "Die Stunde Null". "Warum müssen wir denn als Steuerzahler ein Unternehmen finanzieren, das 2019 zwei Milliarden Gewinn gemacht hat? Sorry, das geht doch gar nicht!" sagt er. Man hätte Adidas "challengen" müssen, dass sich das Unternehmen auf andere Weise Geld besorgt. Das müsse er auch, wenn er leichtsinnig gewesen sei. Auch auf mögliche Staatshilfen für die Lufthansa kommt er zu sprechen - wenngleich er bekennt, kein Luftfahrtexperte zu sein. "Aber wir müssen uns jetzt die Frage stellen: Investieren wir zehn Milliarden in die Lufthansa oder vielleicht auch mal zehn Milliarden in ein deutsches Softwarecluster?"
Auch in dieser Krise will Thelen sich nicht unterkriegen lassen, deshalb ruft er dazu auf, trotz Corona weiter in Zukunftstechnologien zu investieren. "Wir haben die größte Deal-Pipeline überhaupt", sagt der Investor im Podcast. Er glaube weiter an die "großen technologischen Sprünge", die Künstliche Intelligenz oder 3-D Druck bringen. "Deshalb geben wir Vollgas." Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass seine 2017 gegründete Gesellschaft Freigeist in das bulgarische Space-Startup Endurosat investiert - mit der größten Summe, die Freigeist je locker gemacht hat.
Seit einigen Jahren ist Thelen, der lange Jahre einer der Investoren in der Gründershow "Die Höhle der Löwen" war, mit einer großen Mission unterwegs: Er möchte ein Bewusstsein schaffen für Technologien wie Robotik, Quantencomputing oder Blockchain, und dass Deutschland und Europa den Anschluss nicht verpassen. Diese Mission ist natürlich nicht ganz selbstlos, weil er selbst in solche Technologien investiert. Aber es geht ihm immer um mehr als ein Portfolio. Es geht ihm um die Zukunft an sich. Und darum hat er jetzt ein neues Buch mit dem Titel "10X DNA - Das Mindset der Zukunft" geschrieben.
Hat er die Befürchtung, dass dieses Buch mit seinen Disruptionsthesen mitten in der Krise nicht untergeht? Nein, sagt Thelen im Gespräch mit "Capital"-Chefredakteur Horst von Buttlar. Die Umwälzungen, die uns diese Technologien bringen, seien nachhaltiger und tiefgreifender. "Natürlich ist Covid sehr dramatisch, das Virus hat unser Leben stark beeinträchtigt - und das möchte ich auf keinen Fall klein reden", sagt Thelen. Wenn jemand andere Sorgen habe, habe er dafür Verständnis. Man müsse aber immer auch einen kleinen Schritt zurücktreten und weiter nachdenken, wann "das Orchester dieser Technologien anfängt zu spielen".
Das gesamte Interview hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null - Deutschlands Weg aus der Krise". Der Corona-Schock hat Deutschland und die ganze Welt in eine tiefe Krise gestürzt. Wie verändert die Krise unser Leben? Und welche Auswege gibt es? Der Podcast "Die Stunde Null - Deutschlands Weg aus der Krise" stellt diese Fragen den Menschen, die durch die Krise steuern: Unternehmern, Wissenschaftlern, Managern, Philosophen und Ökonomen.
Quelle: ntv.de, ddi