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Die Putzkolonnen ziehen durch Baku und wienern, was das Zeug hält.
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Schließlich ist Eurovision Song Contest (ESC) in Baku und die "Stadt der Winde" will glänzen.
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Mit glitzernden Fassaden, ...
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... folkloristischen Schönheiten ...
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... und allerlei postsowjetischem Charme.
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Bietet doch der ESC die einmalige Möglichkeit, ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu gelangen.
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Was allerdings dem diktatorisch regierenden Präsident Ilcham Alijew auch ungewollt Ärger einbringt.
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Denn wenn das Licht hell scheint, offenbart sich auch manches, was Alijew lieber im Dunklen wüsste.
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Schließlich gibt es nicht nur den Prunk der boomenden Zwei-Millionen-Metropole Baku, ...
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... die entrückend schönen Landschaften ...
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... und historisch einmaligen Denkmäler.
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Vielmehr hat das an Russland, Georgien, Armenien, Iran und die Türkei grenzende Land gravierende Probleme.
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Trotz seines immensen Ölreichtums, ...
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... der schon bei der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg Begehrlichkeiten weckte.
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Schließlich bekommen von den Milliardeneinnahmen aus dem Ölverkauf nur die wenigsten der neun Millionen Einwohner etwas ab.
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Der Großteil des Landes ist rückständig.
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Das Durchschnittseinkommen beträgt rund 400 Euro, ...
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... fließendes Wasser gilt in einigen Regionen als Luxus.
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"Aserbaidschan hat Erdöl und Gas und dadurch viele Einnahmen", sagt Amnesty-Experte Tim Schröder, Südkaukasus-Experte von Amnesty International im Gespräch mit n-tv.de
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"Aber das Geld fließt in dunkle Kanäle und kommt nicht bei der Bevölkerung an. ...
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... Faktisch gibt es dadurch mafiöse Strukturen."
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Was sich im Korruptionsindex von Transparency International zeigt: Hier landet Aserbaidschan auf Platz 143.
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Auch in einem anderen Ranking schneidet das vorwiegend islamisch geprägte Land miserabel ab.
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Die Organisation Reporter ohne Grenzen sieht Aserbaidschan auch bei der Pressefreiheit international im dunklen Schlussfeld: Platz 162 von 179.
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Immer wieder gibt es Gewaltexzesse gegen Journalisten und Festnahmen, beklagt etwa Mehman Alijew, Direktor der unabhängigen Agentur Turan in Baku.
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Besonders Reporter von Zeitungen, Internetmedien oder Blogger sehen sich staatlichem Druck ausgesetzt.
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Ein falsches Wort genügt, um im Gefängnis zu landen.
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Dies erfährt auch Rauf Arifoglu, Chefredakteur der oppositionellen Zeitung "Yeni Musavat", schon mehrmals am eigenen Leib. Wer zu kritisch sei, dem drohten Razzien, Geldstrafen, inszenierte Justizverfahre, Festnahmen, sagt er. "Ich kann meine Mitarbeiter nicht schützen."
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Arifoglu empfiehlt deshalb seinen Journalisten, Kritik an Missständen nicht zu harsch zu formulieren, harsche Worte über die Präsidentenfamilie am besten ganz zu vermeiden.
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Schließlich ist klar: Opposition in Aserbaidschan ist höchstens dann geduldet, wenn sie schweigt.
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Da hat sich seit Jahren nichts geändert. Rasul Jafaruf, Koordinator der Initiative "Sing for Democracy", beklagt, dass es in den vergangenen 20 Jahren der Unabhängigkeit Aserbaidschans keinerlei Verbesserungen gab.
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"Es gibt keine Schritte in Richtung Demokratie", sagt er n-tv.de.
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"Von älteren Kollegen höre ich, dass es in den 1990er Jahren mehr Freiheiten in Aserbaidschan gab als heute. ...
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... Wir hatten freie Zeitungen und keine Festnahmen. Es gab friedliche Proteste im Zentrum von Baku, ohne Polizei. Mittlerweile ist Aserbaidschan Mitglied im Europarat, wir haben Beziehungen zur EU - aber es gibt keine Schritte in Richtung Demokratie. Es gab Rückschritte, keinen Fortschritt."
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Im Vorfeld des ESC sieht es düster aus.
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Der ESC habe etwa die Hoffnung auf eine Besserung der Lage nicht erfüllt, meint die prominente aserbaidschanische Bürgerrechtlerin Lejla Junus. Leiterin des Instituts für Frieden und Demokratie.
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Selbst in Gegenwart von Gästen aus Dutzenden Ländern prügele die Polizei Regierungsgegner nieder und sperre sie weg.
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Familienmitglieder der Regierungsgegner würden unter Druck gesetzt, die Lage sei "fürchterlich", so Junus.
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Ihr zufolge sitzen derzeit rund 70 Regierungsgegner im Gefängnis, darunter sieben Journalisten.
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Und in den Gefängnissen erwartet die Oppositionellen nichts Gutes. Nach Berichten von Menschenrechtlern gibt es vergangenes Jahr in Gefängnissen, Polizeianstalten und anderswo mindestens 136 Fälle von Folter. 9 Menschen sollen an den Folgen gestorben sein.
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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International übt scharfe Kritik an den Zuständen in Aserbaidschan und fordert Präsident Alijew auf, alle politischen Gefangenen freizulassen.
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Im vergangenen Jahr seien die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit in dem Land systematisch eingeschränkt worden seien, heißt es im jüngsten Jahresbericht.
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Im März und April 2011 habe die aserbaidschanische Staatsführung "mit einer neuen Welle von Unterdrückungs- und Einschüchterungsmaßnahmen" auf eine Reihe von Protesten reagiert.
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Mit einer "millionenschweren PR-Kampagne" versuche die aserbaidschanische Regierung nun, das Land "als modern und demokratisch darzustellen".
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Allerdings sehe die Realität anders aus.
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Und die Realität des Song Contests verschlimmert nach Ansicht von Menschenrechtlern noch die Lage. "Der ESC ist für die Mehrheit der Bürger in Aserbaidschan kein Glück", glaubt Junus.
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So leiden zahlreiche Rentner und Hausbewohner unmittelbar unter den Vorbereitungen für die pompösen Feierlichkeiten.
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Die seit Jahren umstrittene Abrisspolitik von Häusern in Baku verschärft sich noch einmal drastisch durch den ESC.
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Dutzende Menschen werden unter Polizeigewalt zwangsenteignet, um Platz für Neubauten für den ESC zu schaffen. Insgesamt fallen in den vergangenen drei Jahren 4000 Häuser dem Bagger zum Opfer - gegen den Willen ihrer Bewohner. 60.000 Menschen verlieren ihre Wohnungen.
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Auch würden wegen des ESC Renten gekürzt, klagt Bürgerrechtlerin Junus.
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Kein Wunder, verschlingt der dieser doch Unsummen.
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Experten geben die Gesamtkosten für den ESC mit 629,8 Millionen Euro an, ...
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... davon etwa ein Drittel allein für die von Deutschen gebaute "Kristallhalle" an der Küste des Kaspischen Meeres.
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Das sei der höchste Betrag, der je für einen Grand Prix ausgegeben wurde, teilt die Vereinigung für die Unterstützung einer freien Wirtschaft in Baku mit.
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Offizielle Angaben zu den Kosten gibt es nicht. Der Chefideologe der Präsidialverwaltung, Ali Gassanow, beziffert die ESC-Kosten lediglich auf rund 50 Millionen Euro.
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Die Arena und andere Infrastrukturprojekte dürften nicht mitgerechnet werden, da sie über den ESC hinaus genutzt würden.
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Für welche Shows allerdings, ist fraglich.
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Nur so viel ist klar: ...
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... Zumindest die Show um Präsident Alijew, der die Macht schon von seinem Vater ererbt hat und seine Familie in einem beispiellosen Personenkult feiern lässt, wird weitergehen.
Proteste, Protz und Propaganda Aserbaidschans großes Spektakel
Eigentlich soll der Eurovision Song Contest eine große Propaganda-Show werden. Doch allen glitzernden Fassaden und Sternchen zum Trotz zeigt sich: Das Kaukasus-Land hat einen Haufen Probleme. Und wer diese benennt und sich dem allmächtig gebärdenden Präsidenten Alijew entgegenstemmt, muss mit dem Schlimmsten rechnen.
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