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Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen100-jähriger Ex-KZ-Wächter muss vor Gericht

02.08.2021, 16:35 Uhr
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Laut Anklage war der Mann von 1942 bis 1945 im Lager tätig. (Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/POOL)

Zehntausende Menschen sind im KZ Sachsenhausen ums Leben gekommen. Einem ehemaligen SS-Wachmann wird voraussichtlich Anfang Oktober der Prozess gemacht. Der nun als zeitweise verhandlungsfähig eingestufte 100-Jährige soll willentlich bei der Ermordung von Lagerinsassen geholfen haben.

Ein 100 Jahre alter ehemaliger Wachmann des Konzentrationslagers Sachsenhausen soll sich von Anfang Oktober an vor dem Landgericht Neuruppin (Brandenburg) verantworten. Ein medizinisches Gutachten habe inzwischen die zeitweise Verhandlungsfähigkeit des 100-Jährigen bejaht, teilte Gerichtssprecherin Iris le Claire auf Anfrage mit.

Der ehemalige SS-Wachmann soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft durch seine Tätigkeit im Hauptlager des ehemaligen KZ von 1942 bis Februar 1945 wissentlich und willentlich Hilfe zur grausamen und heimtückischen Ermordung von Lagerinsassen geleistet haben. Dabei soll es unter anderem um die Erschießung von sowjetischen Kriegsgefangenen im Jahr 1942 und Beihilfe zur Ermordung von Häftlingen mit dem Giftgas Zyklon B gegangen sein. Angeklagt ist Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen.

Seit dem Urteil gegen den ehemaligen KZ-Aufseher John Demjanjuk im Jahr 2011 besteht die Justiz nicht mehr auf den oft unmöglichen Nachweis individueller Schuld. Auch die allgemeine Dienstausübung in einem Lager, in dem erkennbar systematische Massenmorde stattfanden, kann juristisch geahndet werden.

Für die Hinterbliebenen der getöteten Lagerinsassen ist die juristische Aufarbeitung wichtig. Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen.

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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