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Besitzer in Wald totgebissen American Bully hätte Maulkorb tragen müssen

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In Großbritannien wird die Haltung der Hunde bereits unterbunden.

In Großbritannien wird die Haltung der Hunde bereits unterbunden.

(Foto: picture alliance/dpa/PA Media)

Eine Spaziergängerin findet einen schwer verletzten Mann, daneben einen extrem aggressiven Hund. Tage später stirbt der Mann, offenbar vom eigenen Hund totgebissen. Das Tier hätte nach einem ähnlichen Vorfall nicht mehr ohne Maulkorb unterwegs sein sollen.

Ein 35-Jähriger wird von seinem eigenen Hund angefallen. In einem Waldstück bei Geesthacht in Schleswig-Holstein beißt das Tier den Mann so heftig, dass er wenige Tage später im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen stirbt. Die Rettungskräfte hatten bei dem Einsatz große Mühe, überhaupt zu dem stark blutenden Mann zu kommen, denn der Hund ließ sie nicht an den Schwerverletzten heran. Die Polizei erschoss das Tier schließlich. Später wurde bekannt, dass der Hund zwei Wochen zuvor schon die 31-jährige Lebensgefährtin des Halters schwer verletzt hatte, als sie beim Gassigehen auf vereister Straße stürzte.

Das Ordnungsamt Geesthacht, das nach dem ersten Vorfall ein Verfahren zur Überprüfung der Gefährlichkeit des Hundes eingeleitet hatte, bestätigte ntv.de, dass es sich bei dem Tier um einen American Bully XL handelte, den der Mann seit Mai 2023 besaß. Die nicht offiziell als Hunderasse anerkannte Kreuzung soll laut der BBC Ende der 1980er-Jahre in den USA aus einer Kreuzung von American Pit Bull Terrier und American Staffordshire Terrier entstanden sein. Ziel sei ein noch muskulöserer Hund gewesen. Männliche XL-Hunde haben demnach eine Schulterhöhe von 51 cm, weibliche XL-Hunde sind nur geringfügig kleiner. Gegen 2014 oder 2015 tauchten die ersten Tiere in Großbritannien auf, wo die Zahl der Tiere während der Pandemie rasch zunahm.

Nach mehreren Vorfällen, bei denen unter anderem mehrere Kinder schwer verletzt oder getötet wurden, unterliegen American Bullys XL in Teilen Großbritanniens seit dem Jahreswechsel besonderen Restriktionen. In England und Wales dürfen sie nicht mehr gezüchtet oder verkauft werden, für alle entsprechenden Tiere gilt dort darüber hinaus eine Leinen- und Maulkorbpflicht. Von Februar an dürfen die Hunde nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung gehalten werden, ansonsten drohen Strafen für die Halter und den Hunden die Einschläferung.

Beißen und beschützen

Das Tier in Geesthacht hatte bei beiden Angriffen ein ähnliches Verhalten gezeigt. Der Hund habe sowohl die Lebensgefährtin des Halters als auch seinen Halter heftig gebissen und anschließend aggressiv beschützt, hieß es von der Polizei. Im ersten Fall sei man davon ausgegangen, dass sich das Tier durch den Glatteissturz der 31-Jährigen am 10. Januar erschreckt hatte. Dem Ordnungsamt zufolge hatte es aber bereits 2023 in Hamburg einen Vorfall gegeben, bei dem der American Bully XL einen anderen Hund verletzt hatte. Dies sei dem Geesthachter Ordnungsamt durch die in Hamburg zuständige Verbraucherschutzbehörde mitgeteilt worden, weil der Hund zwar in Hamburg ausgeführt worden war, jedoch in Geesthacht gehalten wurde.

Schon damals sei ein Verfahren nach dem Hundegesetz Schleswig-Holstein gegen den Halter eingeleitet worden. Dabei sei es darum gegangen, weitere Maßnahmen zu klären. Zur Debatte standen schon 2023 die Anordnung einer fachtierärztlichen Begutachtung des Hundes sowie die Anordnung von zunächst vorläufigen Verhaltenspflichten in Form einer Leinen- und Maulkorbpflicht für den Hund.

Schleswig-Holstein gehört seit 2016 nicht mehr zu den Bundesländern, die gefährliche Hunderassen in speziellen Listen führen. Hunde werden nur dann als gefährlich eingestuft, wenn sie aggressives Verhalten oder Verhaltensauffälligkeiten gezeigt haben. Dazu gehören Beißattacken gegen einen Menschen, wiederholtes Anspringen eines Menschen oder Tieres in aggressiver oder bedrohlicher Weise, Beißattacken gegen ein anderes Tier oder unkontrolliertes Hetzen und Jagen von Wild.

Ist ein Hund einmal als gefährlich eingestuft, unterliegt er außerhalb des Grundstücks uneingeschränkt dem Leinen- und Maulkorbzwang. Das Tier ist dann auch nicht mehr zur Zucht zugelassen. Besteht der Hund nach zwei Jahren jedoch einen Wesenstest, können alle Einschränkungen wieder aufgehoben werden. Hundehalterinnen und Hundehalter in Schleswig-Holstein müssen nicht zwingend einen Hundeführerschein machen. Lediglich Halter "gefährlicher Hunde" sind dazu verpflichtet, den Behörden einen Sachkundenachweis vorzulegen, der beispielsweise im Rahmen des Hundeführerscheins erworben werden kann. Dazu gehört dann auch eine praktische Prüfung, bei der der Hund im öffentlichen Raum durchgehend guten Gehorsam zeigen muss.

Als gefährlich eingestuft?

Nach der Beißattacke auf die Lebensgefährtin des Halters, die sich am 10. Januar 2024 ereignet hatte, wurde parallel zum Verfahren zur Feststellung über die Gefährlichkeit des Hundes als Sofortmaßnahme eine Leinen- und Maulkorbpflicht angeordnet. "Der Hund durfte nur noch mit einer maximal zwei Meter langen, reißfesten Leine und zusätzlich nur noch mit einem, das Beißen verhindernden Maulkorb ausgeführt werden", so das Ordnungsamt. Dem Halter sei die zwangsweise Wegnahme des betreffenden Hundes im Falle der Nichtbefolgung dieser besonderen Anordnungen angedroht worden. "Wir haben in diesem speziellen Fall zusätzlich angeordnet, dass der Hund auch in Innenräumen einen Maulkorb angelegt bekommen muss, wenn über den Haltenden hinaus weitere Personen mit im Raum sind", betonte Sabine Erdmann, Leiterin des Fachdienstes Öffentliche Sicherheit des Geesthachter Rathauses. "Wir haben die Gesetzeslage allumfänglich ausgeschöpft."

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Bei dem verhängnisvollen Waldspaziergang war das Tier der Polizei zufolge aber nicht angeleint und trug auch keinen Maulkorb. Durch die zahlreichen Bisse unter anderem in die Arterien der Arme kam es den "Lübecker Nachrichten" zufolge bei dem Mann zu einem sehr hohen Blutverlust. Vermutlich hatte er nach dem Angriff auch mehrere Stunden hilflos im Wald gelegen, bevor ihn eine Spaziergängerin fand.

Der 35-Jährige musste mehrfach reanimiert werden. Doch die Ärztinnen und Ärzte im Unfallkrankenhaus Hamburg-Boberg konnten sein Leben nicht retten. Die Lebensgefährtin des Verstorbenen konnte das Krankenhaus inzwischen verlassen. Sie hatte nach der Beißattacke auf sich keine Anzeige erstattet.

Quelle: ntv.de, sba

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