Panorama

Zugunglück von Bad Aibling Ankläger fordern Haft für Fahrdienstleiter

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Der Angeklagte hat seinen Fehler vor Gericht eingestanden.

(Foto: dpa)

Der angeklagte Fahrdienstleiter im Prozess um das Zugunglück von Bad Aibliung ist laut Staatsanwaltschaft der fahrlässigen Tötung schuldig. Sie fordert mehrere Jahre Gefängnis für den 40-Jährigen. Die Verteidiger fordern dagegen eine Bewährungsstrafe.

Der angeklagte Fahrdienstleiter im Prozess um das Zugunglück von Bad Aibling mit zwölf Toten soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu vier Jahren Haft verurteilt werden. Nach Überzeugung der Anklagebehörde ist der Bahnmitarbeiter der fahrlässigen Tötung in vollem Umfang schuldig. Oberstaatsanwalt Jürgen Branz hielt dem 40-Jährigen in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Traunstein "kopfloses Verhalten" im Dienst am Unfalltag vor.

Dagegen forderten die Verteidiger eine Bewährungsstrafe. Zwar sei der Bahnmitarbeiter der fahrlässigen Tötung schuldig, sagten beide Anwälte in ihrem Plädoyer Traunstein. Das Fehlverhalten des 40-Jährigen wiege aber nicht so schwer wie von der Anklagebehörde vorgetragen.

Oberstaatsanwalt Branz listete eine ganze Kette von Fehlentscheidungen bei der Arbeit im Stellwerk auf. Vor allem rügte er das verbotene Handyspielen des Angeklagten bis kurz vor dem Zusammenstoß der beiden Züge am 9. Februar: "Letztlich liegt hier der Grund für die Fehlhandlungen des Angeklagten", sagte Branz. Ein technischer Fehler scheide aus. Dem widersprachen die Verteidiger: Der Prozess habe nicht zweifelsfrei ergeben, dass das verbotene Handyspiel Ursache der Fehlerkette des Angeklagten war, sagten sie. Wenn das Gericht dennoch eine Haftstrafe aussprechen wolle, halten die Verteidiger maximal zweieinhalb Jahre Gefängnis für angemessen.

Das Urteil wird am Montag verkündet. Die Höchststrafe bei fahrlässiger Tötung beträgt fünf Jahre. Bei dem Unglück starben zwölf Menschen, fast 90 wurden teils lebensgefährlich verletzt. Zu Prozessbeginn hatte der 40-Jährige gestanden, bis kurz vor dem Zusammenstoß der beiden Züge das Fantasy-Rollenspiel "Dungeon Hunter 5" auf seinem Handy gespielt zu haben. Die Vorschriften der Deutschen Bahn verbieten die private Nutzung von Smartphones im Dienst.

Mängel bei der Bahn aufgedeckt

Womöglich vom Spielen abgelenkt hatte der Fahrdienstleiter im Stellwerk mehrere Signale falsch gestellt, wie die fünftägige Beweisaufnahme im Prozess ergab. Beim Absetzen eines Notrufes drückte er zudem eine falsche Taste. Der Alarm erreichte die Lokführer nicht. Dadurch kam es zum Frontalzusammenstoß auf eingleisiger Strecke.

Als letzter Sachverständiger hatte ein Neuropsychologe am Donnerstag berichtet, dass das Handyspielen die Arbeit des Fahrdienstleiters beeinträchtigte. In den Wochen vor dem Unglück habe der Angeklagte das Fantasyspiel immer öfter und länger gespielt. Von einer Spielsucht wollte der Psychologe nicht sprechen, wohl aber von einem "problematischen Spielverhalten".

Bekannt wurde in dem Verfahren auch, dass die Bahn auf der Unglücksstrecke seit mehr als 30 Jahren veraltete Signaltechnik einsetzt. Eine Vorschrift von 1984, zusätzliche Anzeigen zu installieren, war nicht umgesetzt worden, wie ein Unfallexperte des staatlichen Eisenbahn-Bundesamtes aussagte. Die Bahn muss dies nur im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten tun.

Quelle: ntv.de, shu/dpa

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