Panorama

Dean Reed wäre jetzt 80 Aufstieg und Fall des "roten Elvis"

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Dean Reed lebte bis zu seinem Tod in der DDR, hier gibt er im Jahr 1976 ein Konzert in Westberlin.

(Foto: Nicola Galliner)

Er kehrte den USA 1972 den Rücken und zog aus Liebe in die DDR. Die Liebe hielt nicht, aber Reed stieg schnell zum Popstar und sozialistischen Freiheitskämpfer auf. Schon mit 47 Jahren starb er unerwartet. Sein Abschiedsbrief lässt bis heute Fragen offen.

Der aus Colorado stammende Sänger, Schauspieler, Friedenskämpfer, Rebell und Frauenschwarm Dean Reed begegnet 1971 einer jungen Frau aus der DDR, die sofort sein Herz erobert. Reed ist Ehrengast beim Dokumentarfilmfest in Leipzig und so begeistert von der jungen Wiebke, dass er sie ein Jahr später heiratet und in die DDR übersiedelt. Dort lebt er ab 1972 "als singender Cowboy der DDR" im deutschen "Arbeiter- und Bauernstaat". Um seinen mutmaßlichen Freitod 1986 rankt sich bis heute das Gerücht, die Stasi habe ihn ermordet. Am 22. September 2018 wäre Reed 80 Jahre alt geworden.

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Dean Reed mit seiner Ehefrau Wiebke 1973.

Der Sunny-Boy und politische Idealist war vor allem im damaligen Ostblock und in lateinamerikanischen Ländern populär. Reed war mit dem chilenischen Präsidenten Salvador Allende und Palästinenserführer Jassir Arafat befreundet, protestierte gegen die US-Regierung, gegen Diktaturen und den Vietnamkrieg.

Er ließ sich auch mal mit der Gitarre in der einen und einer sowjetischen Kalaschnikow in der anderen Hand fotografieren. Am bekanntesten war Reed als Sänger von Country-Schlagern im DDR-Fernsehen oder als siegreicher Cowboyheld auf der Leinwand. Die DDR-Oberen präsentierten ihn als geläuterten Amerikaner, der sich für ihre Seite entschieden hat.

Für die Karriere, gegen das Privatleben

Der Dokumentarfilm "Der rote Elvis" zeigt, dass Politiker des DDR-Regimes wie Erich Honecker dem selbst ernannten Friedenskämpfer ebenso Beifall klatschten wie chilenische Arbeiter. Im Film des in Dresden geborenen Regisseurs Leopold Grün, der 2007 in Berlin Premiere feierte, kommen auch Reeds deutsche Ex-Frauen - die Ehe mit Wiebke zerbrach, danach heiratete er Renate Blume - und Geliebte zu Wort. Als eine von ihnen von dem Star aus dem Haus geworfen wird, versteht sie die Welt nicht mehr: "Ich dachte, ich spinne - der große Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit in aller Welt schmeißt eine Frau einfach so aus dem Haus, soll sie doch bleiben wo sie will", berichtet sie.

Untermalt werden die Filmsequenzen mit Reeds Liedern, in denen er auf Deutsch, Englisch und Spanisch zur sozialistischen Revolution für eine bessere Welt aufruft. Doch er merkt zunehmend, dass auch in der DDR einiges im Argen liegt. DDR-Volkspolizisten herrscht er 1982 laut Protokoll der Beamten an, als sie ihn wegen einer Geschwindigkeitsübertretung anhalten: "Die Staatslimousinen, die mich gerade mit 160 km/h überholt haben, schreibt ihr nicht auf. Das ist ja wie ein faschistischer Staat hier. Ich habe das langsam wie die meisten der 17 Millionen in diesem Land bis hierher satt!"

Ein mysteriöser Abgang

Reed war in der Krise. Er war mittlerweile auch als Sänger und Schauspieler in der DDR zunehmend weniger gefragt. An einem Tag im Juni 1986 verschwindet er plötzlich. Seine Witwe erinnert sich in dem Film: "Er packte seine Tasche und sagte, er gehe zu den Menschen, die ihn lieben. Dabei gab er jedoch kein konkretes Reiseziel an." Am Ufer des Zeuthener Sees bei Berlin wurde Reed wenige Tage später tot gefunden.

Sein 15-seitiger Abschiedsbrief verschwand bis zum Ende der DDR in den Stasi-Akten. "Mein Tod hat nichts mit Politik zu tun", schrieb der "singende Cowboy" darin. Aber der Tod war ein Politikum allerersten Ranges. SED-Chef Erich Honecker persönlich, den Reed im Brief ausdrücklich grüßen ließ, gab die Parole vom Unglücksfall aus. Im Westen tauchte die Vermutung auf, die Stasi könnte Reed beseitigt haben, weil er plante, in die USA zurückzukehren. Bis heute halten sich Mutmaßungen, der Abschiedsbrief könne von der Stasi selbst verfasst worden sein.

Quelle: ntv.de, Sophia-Caroline Kosel, dpa

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