Panorama

Verfahren wieder aufgenommen "Badewannen-Mord": 13 Jahre Haft trotz Unschuld?

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Manfred Genditzki hat stets seine Unschuld beteuert.

Manfred Genditzki hat stets seine Unschuld beteuert.

(Foto: picture alliance/dpa)

2009 wird der Angeklagte im Münchener "Badewannenmord"-Verfahren verurteilt, auf eine zwischenzeitlich erfolgreiche Revision folgt 2012 ein erneuter Schuldspruch. Der Verurteilte betont stets seine Unschuld und hofft nun auf zwei Gutachten, die für Aufschluss sorgen könnten.

Zu Beginn des spektakulären Wiederaufnahmeverfahrens in dem als Badewannenmord bekannt gewordenen Todesfall einer 87 Jahre alten Frau hat der angeklagte Manfred Genditzki alle Vorwürfe zurückgewiesen. "Er saß 13 Jahre und sieben Monate unschuldig im Gefängnis", sagte die Verteidigerin des 62 Jahre alten Genditzki, Regina Rick, vor dem Landgericht München I. Sie sieht den Fall als Justizskandal.

Die von dem damals als Hausmeister einer großen Wohnanlage tätigen Genditzki betreute Seniorin wurde im Oktober 2008 tot in ihrer Badewanne gefunden. Da ein Gerichtsmediziner Hämatome unter der Kopfhaut entdeckte, ging die Polizei von einem Tötungsdelikt aus. Als engster Vertrauter wurde Genditzki festgenommen und 2009 wegen Mordes aus Habgier verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob das erste Urteil auf, 2012 wurde Genditzki aber erneut und diesmal rechtskräftig verurteilt.

Neue Gutachten sorgen für Wiederaufnahmeverfahren

Genditzki bestritt einen Mord immer. Erst zwei nach jahrelanger Haft entstandene neue Gutachten wiesen darauf hin, dass der Ertrinkungstod der Seniorin ein Unfall gewesen sein kann. Auf Grundlage dieser Gutachten kam der Verurteilte im August vergangenen Jahres wieder frei. Das Landgericht muss den Fall komplett neu aufrollen, es sind insgesamt 20 Verhandlungstage angesetzt. Sollte Genditzki am Ende freigesprochen werden, hat er Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 75 Euro pro Tag im Gefängnis - insgesamt 368.400 Euro.

Das Wiederaufnahmeverfahren begann mit der Verlesung der Anklage aus dem ersten Prozess im Jahr 2009. Damals hatte die Staatsanwaltschaft Genditzki vorgeworfen, während eines Krankenhausaufenthalts 8000 Euro Bargeld aus der Geldkassette der von ihm betreuten 87-Jährigen gestohlen zu haben. Als diese nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus das Fehlen des Gelds bemerkte, habe Genditzki die Frau bewusstlos geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt.

Der vermeintliche Gelddiebstahl wurde bereits im 2009 beendeten ursprünglichen Verfahren widerlegt. Verteidigerin Rick sagte zu dem Diebstahlsvorwurf, die 8000 Euro habe Genditzki damals aus dem Verkauf eines Motorrads und Nebentätigkeiten gehabt. Er zahlte damit Schulden zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte im ersten Verfahren nach dem widerlegten Diebstahl einen Streit als Grund für den Mord angenommen.

Heftige Kritik an der Staatsanwaltschaft

Rick sagte am Rande des Prozesses vor Journalisten, es sei skandalös, dass sich der damalige Staatsanwalt einfach nach dem widerlegten Motiv des Diebstahls eine andere Geschichte ausgedacht habe. Sie nannte auch das Verhalten des damaligen Gutachters skandalös. Dieser habe nach einem Gespräch mit den Strafverfolgern sein Gutachten angepasst und erst dann angegeben, dass der Ertrinkungstod nicht Folge eines Unfalls sein könne.

Genditzki selbst äußerte sich nicht zu den Vorwürfen gegen sich, sondern nur zu seinem Werdegang und auch zu seiner Zeit nach der Haft. Die Zeit im Gefängnis sei ein "Auf und Ab der Gefühle" gewesen. "Man hat viele schlechte Tage gehabt." Geholfen habe ihm die Arbeit im Gefängnis und die Besuche seiner Familie, die zu ihm gehalten habe. Nach seiner Freilassung habe er sich "unheimlich gefreut", insbesondere auf seine Frau und Kinder sowie seine Geschwister.

Genditzki hat aus zweiter Ehe zwei Kinder. Der Sohn war bei seiner Inhaftierung noch im Kindergartenalter, die Tochter kam während seiner Haft zur Welt und erlebte ihren Vater bis zur Teenagerzeit nur im Gefängnis. Auch die Geburt seiner Enkelkinder von einer Tochter aus erster Ehe erlebte Genditzki nur im Gefängnis. Inzwischen lebt der Angeklagte mit seiner Familie zusammen und arbeitet als Fahrer in einer Käserei.

Quelle: ntv.de, loe/AFP

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