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Ach was, die Brigitte? Beauty-Tipps vom KI-Model

Klicken Sie mal auf die Lupe. Hätten Sie erkannt, dass das keine "echte Schönheit" ist?

Klicken Sie mal auf die Lupe. Hätten Sie erkannt, dass das keine "echte Schönheit" ist?

(Foto: Lubbertus)

Daran, dass man auf Instagram keinem Bild "ohne Filter" glauben soll, haben wir uns gewöhnt. Jetzt wird die nächste Stufe gezündet: Frauenzeitschriften wie die "Brigitte" testen KI-Models. Inszeniert waren Fotoshootings schon immer, aber was ist aus der viel beschworenen Vielfalt geworden? "Kommt noch", verspricht zumindest die "Brigitte".

Die "Brigitte". Die Frauenzeitschrift, auf die auch Männer schwören, die sonst eher Philosophie-Bücher lesen. Die sich immer wieder neu erfindet. So auch jetzt: "Brigitte" probiert mal aus, wie KI-Models so ankommen. In der aktuellen Ausgabe zeigt uns ein KI-Model im "Winterbeauty-Guide", wie man mit Peelings, Cremes und nicht zu heißen Bädern mit schöner Haut und tollen Haaren durch den Winter kommt.

"Brigitte"-Chefredakteurin Susanna Riethmüller setzt auch in Zukunft vor allem auf echte Frauen. Die kriegen einfach noch etwas KI-Gesellschaft.

"Brigitte"-Chefredakteurin Susanna Riethmüller setzt auch in Zukunft vor allem auf echte Frauen. Die kriegen einfach noch etwas KI-Gesellschaft.

(Foto: RTL / Hendrik Lüders)

Das abgebildete Model sieht ein wenig aus wie Gisele Bündchen, nur noch schöner, noch "natürlicher". "Uns ist bewusst, dass dort erst einmal eine normschöne Frau abgebildet ist", so Brigitte-Chefredakteurin Susanna Riethmüller zu ntv. "Das ist unsere erste eigene KI-Produktion, die wir gemeinsam mit einem Fotografen und KI-Künstler produziert haben. Wir tasten uns an das Thema heran, den Möglichkeiten sind aktuell noch Grenzen gesetzt. Das wird sich aber schnell ändern. Deshalb experimentieren wir schon jetzt damit. Wir wollen als Redaktion zeitgemäß arbeiten und diese neue Technik verstehen und mit ihr arbeiten können. Wenn wir es nicht tun, tun es andere – schon jetzt müssen wir bei manchen Agenturbildern ganz genau hinschauen, um zu erkennen, ob sie "echt" sind. Es ist aber definitiv kein Ziel, in der "Brigitte" keine echten Frauen mehr zu zeigen und alle durch KI zu ersetzen."

Ist Diversität der Trend von gestern?

Was man bisher von KI-Models sieht, ist aber nicht nur bei der "Brigitte" bislang ein ordentliches Eckchen entfernt von der in den vergangenen Jahren großflächig ausgerufenen Diversität, die sich jetzt doch eher als, nun ja, Modeerscheinung entpuppt, denn als nachhaltige Revolution.

Der Body Positivity Trend, der alle Kleidergrößen feierte, wird gerade durch Abnehmspritzen wie Ozempic buchstäblich in Luft aufgelöst. Es lebe der "Ballet Body", also der Körper, der an zarte Ballerinen erinnert. Nur ohne das mühsame Training. Das Ende der Altersdiskriminierung wird zwar weiter gefeiert, gleichzeitig kann sich offenbar keiner an das neue Gesicht von etwa Pamela Anderson gewöhnen und muss sie permanent danach fragen, wie es sich jetzt ohne die ganzen Schichten von Make-up lebt, die wir von ihr gewohnt waren. "Da drehen sich die Uhren gerade zurück – ein großes Problem!", bestätigt Riethmüller. "Das diskutieren wir in der Redaktion regelmäßig und haben auf brigitte.de schon mehrfach dazu berichtet. Wir sehen das sehr kritisch und beobachten das."

Vielleicht wollen wir aber alle gar nicht so viel Realität? KI-Models könnten nicht nur auf Instagram, sondern auch in klassischen Zeitschriften unser neuestes, liebstes Trompe-l’oeil, unsere gewollte optische Täuschung werden. Genug der Influencer, die mittels reichlich Schminke und Filter aussehen wie Janice, die Bassistin aus der Muppet Show. Spielt es in unserem Social Media Zeitalter überhaupt noch eine Rolle, ob wir uns durch Filter oder KI täuschen lassen? "Inszeniert sind doch solche Bilder ohnehin, wo ist da der Unterschied, da fehlt doch nichts?", meinen die einen. "Prima, muss sich keine und keiner mehr runterhungern und wir können das ganze Model-Business endlich sein lassen", meinen andere, denen ich die Zeitschrift unter die Nase halte.

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Vielleicht werden nun also endlich weniger junge Frauen auf der Straße herumlaufen, mit einem Make-up, von dem man sich vorstellen kann, dass es im Ringlicht interessant aussieht, das aber im echten Leben, ähm, noch interessanter aussieht. Schließlich kommt man gegen die neuen KI-Models ohnehin nicht an. Denn egal, wie viel Aloe-Vera-Gel ich auftrage, nach der Mütze werden meine Haare garantiert nicht so locker fallen wie bei KI-Girl. Also kann ich mich auch entspannen, oder? "Ein spannender Gedanke. Das wäre wünschenswert, aber ich denke nicht, dass das funktioniert. Wir wissen auch, dass wir keine Models sind und es Instagram-Filter gibt – und vergleichen uns mitunter trotzdem. Wir sollten die Verantwortung da nicht zu den Frauen verlagern", meint die "Brigitte"-Chefredakteurin.

Mit dem ungehemmten Schokolade-Konsum wird es wohl also wieder eher nix. Auch darum fehlen mir bei den KI-Models noch ein paar interessante Ecken, Kanten und Rundungen. Kann ich mir die wünschen? "Auf jeden Fall", sagt Riethmüller. "Auch bei der Verwendung von KI werden wir noch diverser werden. Wenn man sich die Ausgaben der "Brigitte" der letzten Monate anschaut, kann man sehen, wie wichtig uns das Thema Diversität in der Bildsprache ist, etwa was Alter und Kleidergrößen angeht. Auch Retuschen setzen wir immer mit Bedacht ein. Beim Thema KI möchten wir Vorreiter sein und sie genau in diesem guten Sinne einsetzen. Wir sehen das als Chance, die Bildsprache der Zukunft mitprägen zu können. Das verstehen wir bei "Brigitte" als unseren Auftrag." Gut. Dann packe ich mal meinen Auftrag gleich dazu.

Quelle: ntv.de

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