Panorama

FKK in Italien Bigotte Politiker verderben den Spaß

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FKK-Strand "Nido dell’Aquila" in San Vincenzo bei Livorno, Toskana.

(Foto: iNudisti )

Italien tut sich mit den Nacktbadenden noch schwer. Bewilligte FKK-Strände gibt es wenige, bei den geduldeten lauert die Gefahr einer saftigen Geldstrafe. Es kommt auf die lokale Verwaltung an.

So einen wie Gregor Gysi hätten die Italiener auch gerne. Na ja, nicht alle und auch nicht unbedingt wegen seiner politischen Einstellung, sondern wegen des Interviews mit ihm, das vor Kurzem in der Zeitschrift "Playboy" erschien. Dass sich ein hiesiger Politiker für die Freikörperkultur einsetzt, davon können die Italiener, die am Strand lieber ohne lästige Textilien verweilen, nur träumen.

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In ganz Italien gibt es nur acht autorisierte FKK-Strände.

(Foto: iNudisti )

"Unsere Politiker sind da weitaus bigotter als ihre Mitbürger. Besser gesagt, heuchlerischer. Denn während man die Straßenprostitution duldet, riskiert ein Nacktbadender auf unseren Stränden manchmal sogar eine Geldstrafe" meint Roberto Giampietri, Besitzer des FKK-Campingplatzes Classe am Lido di Dante bei Ravenna.

Wie schmerzlich für die Geldbörse diese bigotte Einstellung sein kann, darüber hat Ende Juli ein Artikel in der regionalen Zeitung "Il Tirreno" berichtet. Fünf Italiener wollten einen Tag am FKK-Strand von Fossa Camilla bei Castagneto Carducci nicht weit von Livorno verbringen. Doch die Ordnungshüter verdarben ihnen den Spaß und verpassten jedem von ihnen eine Geldstrafe von 3333 Euro. Der Grund? Fossa Camilla ist zwar ein geduldeter FKK-Strand, aber kein offiziell bewilligter. Soll heißen, es hängt von der Lokalverwaltung ab, ob man da nackt baden darf oder nicht. Dass die Richter solche Geldstrafen meistens aussetzen, gehört wiederum zu den Widersprüchen, die so oft Italiens Alltag prägen.

Homosexuelle nicht erwünscht

Überhaupt scheint der Sommer 2017 in Italien unter dem Stern der Prüderie zu stehen, denn neben dem von Fossa Camilla gab es weitere Fälle. Damit aber nicht genug. Auch schwule Paare hatten es dieses Jahr nicht immer leicht, denn wiederholt las man von privaten Vermietern, die Homosexuelle nicht willkommen hießen.

Mittlerweile sind es eine halbe Million Italiener, die am Strand lieber nackt herumtummeln - ein Gesetz das die Freikörperkultur regelt, gibt es aber bis heute nicht. Kein Wunder also, dass die meisten lieber ins Ausland fahren, in das nahe Kroatien oder nach Spanien und Frankreich.

Wie "Il Venerdì", die Wochenbeilage der Tageszeitung "la Repubblica", unlängst schrieb, gibt es in Frankreich 73 autorisierte FKK-Strände, in Italien sind es gerade einmal acht, drei davon in der Toskana, zwei in der Nähe von Rom, einer in den Abruzzen, ein weiterer zwischen Neapel und Salerno und einer auf Sizilien. Alle anderen, vom Veneto bis hinunter nach Süditalien, sind nur "geduldet" und können eben, je nach Laune des jeweiligen Lokalpolitikers, von einem Jahr aufs andere verboten werden. Auch am Lido di Dante, Italiens größtem FKK-Strand, wurde eine Zeitlang das Nacktbaden verboten.

"Oben ohne" ist nicht angesagt

"Anders als in Mittel- und Nordeuropa ist in Italien die Freikörperkultur noch nicht wirklich Teil unsere Kultur", erklärt Massimo Lanari vom Verband "iNudisti". "Auch wenn die meisten Italiener nichts dagegen haben, wirklich ungezwungen ist der Umgang damit nicht." Was man selber am Strand beobachtet, ist ein eher ambivalentes Verhalten. Denn während das Bikiniunterteil, ungeachtet des Alters der Frau, immer mehr zum Tanga mutiert, ist "oben ohne" nicht mehr angesagt.

Das durchschnittliche Alter der Besucher der italienischen FKK-Strände beläuft sich auf 40 Jahre. Die Jüngeren wählen lieber Urlaubsziele wie Lanzarote und Ibiza, wo sie nicht vom Rest der Welt abgeschnitten sind und sich am Abend ins Nachtleben stürzen können.

"Es ist ein Witz, dass die italienische Tourismusbranche das Potenzial der FKK bis heute nicht kapiert hat", bemerkt Lanari. "Es geht ja nicht nur um den Strand, sondern auch um Campingplätze, Hotels und andere Beherbergungsmöglichkeiten". "Ein Business, das in Italien 54 Millionen Euro erwirtschaftet, obwohl ein Potenzial von gut 216 Millionen Euro im Jahr darin stecken würde", rechnet der Tourismusexperte Massimo Ferruzzi in einem Artikel in "Venerdì" vor. Giampietri, der Besitzer des Classe, bestätigt das. "Mein Campingplatz ist pumpvoll", bemerkt er stolz "700 Leute sind hier, die Hälfte davon Ausländer."

Quelle: ntv.de

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