Patentiertes Ersatzlebensmittel Der Soja-Wurst-Erfinder war ein CDU-Promi
08.10.2025, 11:41 Uhr Artikel anhören
Konrad Adenauer erhielt 1918 das Patent für die Verwendung von Soja in Würsten.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Den Konsumenten Pflanzeneiweiß anstelle von tierischem Eiweiß zu geben, diese Idee steht 1918 hinter einer Patentanmeldung für eine Soja-Wurst. Was viele Konservative heute empört, erdachte ausgerechnet ein CDU-Grande. Dahinter stand ein äußerst pragmatischer Grund.
Mit ihren Einwänden gegen die Bezeichnungen von Fleischersatzprodukten wendet sich die CDU-Spitze gegen einen historischen Vorreiter auf diesem Gebiet, der ausgerechnet aus den eigenen Reihen stammt. Eines der ersten Patente einer Soja-Wurst meldete der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer an.
Der war weder Veganer noch Vegetarier und vermutlich auch über den Verdacht erhaben, besonders woke zu sein. Trotzdem erhielt er am 26. Juni 1918 das Patent auf ein "Verfahren zur Geschmacksverbesserung eiweißreicher und fetthaltiger Pflanzenmehle und zur Herstellung von Wurst".
Adenauers Motive hinter dieser Patentanmeldung waren äußerst pragmatisch, Fleisch war im Ersten Weltkrieg knapp. Als Oberbürgermeister von Köln musste der damals 42-Jährige aber dafür sorgen, dass die Menschen ihren Hunger halbwegs stillen konnten.
Deutsches Reich verwehrte Patent
Bereits Ende 1915 hatte Adenauer, damals noch als Erster Beigeordneter für die Lebensmittelversorgung der Kölner Bevölkerung zuständig, die Sojawurst erfunden: einen festen Brotbelag mit Gewürzen, hauptsächlich auf Soja-Basis, und Spuren von Fleisch. An seinen Patentanwalt Julius Ephraim schrieb Adenauer am 10. Mai 1915: "Der Zweck, der verfolgt wird, ist, dem viel billigeren Pflanzeneiweiß in größerem Maße wie bisher im Verzehr Eingang zu verschaffen, nicht neben, sondern an Stelle des tierischen Eiweißes. Der Zweck soll dadurch erreicht werden, dass dem Konsumenten das Pflanzeneiweiß gewissermaßen unter der Maske der Fleischnahrung gegeben wird, weil das Volk die Fleischnahrung kennt und liebt."
Die "beliebte Form der Fleischnahrung", die Wurst, sollte mit deutlich weniger Fleisch die Kölnerinnen und Kölner satt machen. Wegen eines Formfehlers verweigerte ihm das Deutsche Reich allerdings das Patent und so wurde die Sojawurst zunächst in England angemeldet. Österreich, Belgien, Dänemark, die Schweiz und die Niederlande stellten dem Schöpfer jedoch eine Patenturkunde aus.
Am 26. Juni 1918 erhielt Adenauer schließlich vom britischen König George V. sein offizielles Patent für das "Verfahren zur Geschmacksverbesserung von eiweißreicher und fetthaltiger Pflanzenmehle und zur Herstellung von Wurst". Hier wurde jedoch nicht der Wurstersatz an sich patentiert, sondern die Konservierung der Wurst durch Sojamehl.
Die "Friedenswurst"
Das mit Soja gestreckte Fleisch wurde in einer beeindruckenden Marketingkampagne als "Friedenswurst" beworben. Auf der Seite der Stiftung "Bundeskanzler Adenauer Haus" ist eine an eine Blutwurst erinnernde Wurst zu sehen. Über den Geschmack der eigentlichen Soja-Wurst ist nichts bekannt.
Die Wurst war nicht Adenauers erste Erfindung. Und blieb auch nicht seine letzte. Vor der Veggie-Wurst hatte er bereits ein rheinisches Schwarzbrot auf Maisbasis erfunden, danach unter anderem noch eine Gartenharke mit integriertem Hammerkopf zur Zertrümmerung brockiger Erde.
Quelle: ntv.de, sba