Täter ist flüchtig Drei Tote bei Messerattacke auf Solinger Stadtfest
23.08.2024, 22:49 Uhr Artikel anhören
Schwerbewaffnete Beamte sichern die Solinger Innenstadt ab.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen gibt es drei Tote und fünf Schwerverletzte. Ein Mann soll gezielt mit einem Messer Besucher angegriffen haben. Zwei Männer und eine Frau sterben. Der Angreifer ist flüchtig. Die Polizei stuft die Attacke als Anschlag ein.
Nach der Messerattacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen mit drei Toten hat sich die Zahl der Schwerverletzten auf fünf erhöht. Der Täter ist weiter auf der Flucht. "Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort", sagte Polizeisprecher Alexander Kresta. "Wir gehen im Augenblick davon aus, dass es sich um eine Person handelt. Von weiteren Personen ist uns nichts bekannt." Zum Aussehen des flüchtigen Verdächtigen gebe es keine gesicherten Informationen. Die Ermittler müssten alle "Puzzleteile zusammenstecken".
Der Polizei zufolge gibt nur wenig verlässliche Informationen. "Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben nicht so viele Angaben zum Täter", sagte der Sprecher. Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. "Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen."
Es sei dem Angreifer ganz offensichtlich gelungen, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik nach der Tat zu entkommen, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Der Angreifer habe sehr gezielt auf den Hals seiner Opfer eingestochen. Bei ihnen handele es sich um Besucher des Festes. Derzeit finde die Spurensicherung statt. Die Toten lägen noch am Tatort. Sie seien bisher nicht identifiziert.
Polizei widerspricht: "Kein Terroranschlag"
Die Polizei in Wuppertal rief dazu auf, die Solinger Innenstadt vorerst zu meiden. Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigeninitiativ handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Aus Polizeikreisen heißt es, der Fall werde nicht mehr als Amoklage eingestuft, sondern als Anschlag. Dafür spreche das zielgerichtete Vorgehen des Täters. Angaben der "Bild"-Zeitung, die Tat werde als "Terroranschlag" eingestuft, wies eine Polizeisprecherin zurück. Zu Medienberichten, der Angreifer habe Arabisch gesprochen, wollte sie sich nicht äußern.
NRW-Innenminister Herbert Reul besuchte in der Nacht den Tatort. Nachdem er sich ein Bild verschafft hatte, warnte er vor Spekulationen. "Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein. Man kann noch nichts sagen zur Person und zum Motiv", sagte Reul. Es gebe keine belastbaren Fakten. Bei der Aussage der Polizei, der Täter sei zielgerichtet vorgegangen, handele es sich um eine Arbeitshypothese, so Reul. Der Mann sei sehr wahrscheinlich als Einzeltäter unterwegs gewesen. Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer.
Die Stadt beendete derweil das Fest zum 650. Stadtjubiläum komplett. Die für diesen Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte werden abgesagt, teilten die Verantwortlichen in der Nacht mit.

Umringt von Retter und Sicherheitskräfte verlassen einige Besucher des Festes die Innenstadt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Laut Polizei stach der Angreifer gegen 21.37 Uhr wahllos auf Passanten ein. Tatort ist der Fronhof - ein Marktplatz in der Innenstadt von Solingen. Dort steht eine Bühne für Livemusik.
Laut "Solinger Tageblatt" baten die Behörden die Bürger, die Innenstadt zu verlassen. Tausende Besucher folgten der Aufforderung. "Die Menschen sind geschockt, aber friedlich vom Platz", berichtet Philipp Müller, einer der Mitorganisatoren des Festes, dem Bericht zufolge.
Eine Reporterin des "Solinger Tageblatts" nannte die Stimmung "gespenstisch." Binnen weniger Minuten sei die ausgelassene Feierstimmung in Schock umgeschlagen, ihr seien tränenüberströmte Besucherinnen und Besucher entgegengekommen.
"Ich habe Tränen in den Augen"
Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte erschüttert. "Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer", schreibt der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. "Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen."
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst äußerte sich auf X und brachte seine Erschütterung zum Ausdruck: "Ein Akt brutalster und sinnloser Gewalt hat unser Land ins Herz getroffen. Ganz Nordrhein-Westfalen steht an der Seite der Menschen in Solingen, vor allem an der Seite der Opfer und ihrer Familien", schrieb er unter anderem.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb ebenfalls auf X: "Hoffentlich gelingt es den Rettungskräften, die noch lebenden Verletzten zu retten und der Polizei, den feigen und erbärmlichen Täter auf der Flucht zu fassen."
Aus Anlass des 650. Geburtstags der Stadt Solingen hatte am Freitag ein "Festival der Vielfalt" begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung hieß es: "Solingen Mitte wird zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert." In den Straßen erwarte die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.
Faeser hatte erst kürzlich Verschärfung des Waffenrechts angekündigt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst vor Kurzem eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.
Mitte Juni war ein 27-jähriger Afghane in Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt von Beamten erschossen worden, nachdem er zunächst einen 23-Jährigen erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt haben soll. In Mannheim hatte am 31. Mai ein Afghane fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa verletzt sowie einen Polizisten getötet.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP