"Für mich alles vollkommen neu" Drosten kann Labortheorie mit BND-Daten nicht bewerten
13.03.2025, 21:10 Uhr
Der BND sitzt seit Jahren auf Geheimmaterial, das zu einer Einschätzung über den Ursprung der Corona-Pandemie beitragen könnte. Der Virologe Christian Drosten möchte dieses aber nicht selbst bewerten. Dafür führt er einen bestimmten Grund an.
Der Virologe Christian Drosten hat sich zu den Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes (BND) zum Ursprung des Coronavirus geäußert. "Ich will auch aus bestimmten Gründen nicht allzu viel dazu sagen", sagte Drosten im "ntv Salon". "Zu den Rohdaten haben wir keinen Zugang. Und ohne diesen Zugang können wir uns damit nicht wissenschaftlich befassen", so der Virologe im Live-Podcast.
Drosten gibt an, erstmals im Januar zu Besprechungen mit dem Geheimdienst gebeten worden zu sein. "Für mich war das alles vollkommen neu." Unlängst waren Medienberichte veröffentlicht worden, wonach der BND einen Laborunfall im chinesischen Wuhan als wahrscheinlichste Ursache der Corona-Pandemie ansieht.
Der Geheimdienst habe um eine Beratung zu den Ergebnissen gebeten, so der Corona-Experte weiter. "Was man nicht von uns verlangen kann, ist eine wissenschaftliche Beurteilung. Denn dazu müssten wir die dahinterliegenden Daten und Erkenntnisse auch sehen und nicht hübsch verpackt aufgearbeitet präsentiert kriegen." Daher könne er die Erkenntnisse auch nicht bewerten.
"Es ist wichtig, in der Öffentlichkeit zu verstehen, was es bedeutet, eine wissenschaftliche Beurteilung abzugeben. Das bedeutet, man hat Rohdaten, die analysiert man und diese Analyse publiziert man." Mit der Publikation müssten aber auch die Rohdaten veröffentlicht werden. "Damit nämlich andere Wissenschaftler mit ihren Methoden diese ebenfalls analysieren können und das herausfordern, was man da in die Öffentlichkeit setzt", so Drosten. "Und das ist das, was wir eigentlich als wissenschaftlichen Diskurs verstehen."
Die bisherigen Untersuchungen zum natürlichen Ursprung seien "wissenschaftlich korrekt, wissenschaftlich hinterfragt und angegriffen worden und haben diese Angriffe überlebt". "Wo ist auf der anderen Seite das wissenschaftliche Gewicht?", so Drosten zur Labortheorie. "Denn ohne wissenschaftliche Auswertung sind wir im Bereich von Behauptungen. Egal, ob ein Professor oder ein Geheimdienst oder ein Politiker das behauptet, es sind nur Behauptungen." Er wolle sich den Vorwurf, dass das Virus im Labor entstanden ist, nicht zu eigen machen.
Ende vergangenen Jahres entschied die Bundesregierung den Berichten zufolge, externe Experten mit der Überprüfung der BND-Erkenntnisse zu beauftragen. Seit dem vergangenen Dezember prüfen im Auftrag des Kanzleramts hochrangige externe Wissenschaftler die Validität der BND-Erkenntnisse. Zu der Gruppe gehört unter anderem Drosten.
"Wir schreiben keinen Bericht darüber", so Drosten über die Erkenntnisse des BND. "Und wenn jetzt im Moment die Erwartung besteht, dass diese Wissenschaftlergruppe das macht mit den Daten vom Bundesnachrichtendienst, dann muss ich sagen: Das wird nicht passieren, das ist nicht möglich."
Zum fünften Jahrestag des ersten deutschen Lockdowns haben Alena Buyx, die frühere Vorsitzende des Ethikrats, und Drosten im "ntv Salon" ausführlich Rede und Antwort gestanden zu den Lehren der Corona-Pandemie. Zur Sprache kam neben der Labortheorie auch, wie sinnvoll Schulschließungen rückblickend waren, der Umgang mit Joshua Kimmich und die Frage, ob Deutschland etwas für kommende Krisen gelernt hat. Das vollständige Gespräch können Sie sich ab sofort hier als Podcast anhören.
Quelle: ntv.de, lme