Ungerechte Wetterlage "Durchbruch der Winterluft deutet sich im neuen Jahr an"
26.12.2024, 15:10 Uhr Artikel anhören
Während sich die Menschen im Süden an Schnee und Sonne erfreuen können, guckt der Norden in die Röhre.
(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Dieses Jahr war es viel zu warm in Deutschland. Auch der bisherige Winter ist sich durch milde Temperaturen gekennzeichnet. Das könnte sich zum Jahreswechsel ändern. Die "Gretchenfrage" ist nur, wann und wie heftig die Polarluft kommt, sagt ntv-Meteorologe Paul Heger. Er gibt einen Ausblick auf das Wettergeschehen der nächsten Tage.
ntv.de: Weihnachten hat uns ja ruhiges Wetter gebracht. Bleibt das so?
Paul Heger: Kann man so sagen! Hoch "Günther" liegt träge über Deutschland - ähnlich wie wohl manche nach der dicken Weihnachtsgans auf dem Sofa. Unser Wetter bleibt bis zum Jahreswechsel überwiegend ruhig. Anders sieht es um uns herum aus.
Wo steppt denn wettertechnisch der Bär?
Da gibt es zwei Regionen: Das ungemütliche Tief über Südeuropa, das beispielsweise Teile Italiens und den Balkan eingeschneit hat, dreht sich mittlerweile über Griechenland und der Türkei - mit weiteren kräftigen Niederschlägen und Schnee im Bergland. Das geht wohl auch bis zum Wochenende noch so, wobei der Schwerpunkt langsam weiter nach Osten driftet.
Und wo noch?
Auf der anderen Seite, nördlich von "Günther", rauscht wieder feuchtkalte Luft über den Nordatlantik und die Norwegische See nach Skandinavien. Nach einer kurzen, heftigen Tauwetterphase kehrt hier das winterliche Wetter zurück. Dort "oben" tobt sich also die sogenannte Polarfront mit ihrem Luftmassengerangel "Hochwinter versus Spätherbst" aus.
Kann das denn zu uns kommen?
Auf alle Fälle! In den kommenden Tagen rutscht diese Grenze langsam, aber sicher in unsere Richtung. Damit wird es im Norden Deutschlands im Laufe des Wochenendes windiger, in der neuen Woche sogar stürmisch und dann auch nasser. Im neuen Jahr scheint sich der Durchbruch der Winterluft anzudeuten.
Das Wetter beginnt 2025 also mit einem Wintereinbruch in Deutschland?
Da muss man noch vorsichtig sein, denn wann und wie heftig die Polarluft zu uns kommt, ist die Gretchenfrage. Guckt man sich die vielen Berechnungen der Wettermodelle an, dann sieht man, dass alle den Wintereinbruch vorhersehen, aber wann er kommt, darüber besteht keine Einigkeit. Es ist also unklar, ob es schon Mitte nächster Woche rund geht und von Norden Schnee aufzieht oder ob das ganze erst eine Woche später geschieht. So oder so kommt aber etwas Spannung ins Geschehen. Bis dahin darf der Süden sich Tag für Tag über Sonne freuen.
Das ist schon bemerkenswert: Die Wetterlage ist gerade recht ungerecht, oder?
Das kann man so sagen. Der Süden bekam regional erst einen weißen Heiligabend und danach Sonne ohne Ende. Nur in manchen Niederungen haben sich Nebel- und Hochnebel gehalten. Und das geht hier auch bis ins neue Jahr so weiter, während der Norden meist in die Sonnen-Röhre guckt. Immerhin gibt es auch in der Mitte jetzt mal ein paar mehr Sonnenstunden und damit etwas Gute-Laune-Wetter.
Bei den Temperaturen ändert sich dann auch nicht viel?
Nicht wirklich. Wo es aufklart, gibt es nachts weiterhin Frost, über den Schneeflächen im Süden auch mal zweistellige Minusgrade. Im Norden bleibt es dagegen mild. Tagsüber bleibt es in manchen dunstigen Senken nach der frostigen Nacht bei um 0 Grad, örtlich gibt es in den nächsten Tagen Dauerfrost. Sonst geht es oberhalb der Dunstschicht im Bergland sowie im Norden auf Werte von rund 10 Grad hoch.
10 Grad Ende Dezember, das ist recht warm, oder? Wie sieht denn die Bilanz aus?
Ja, das ist es. Da merkt man dann, dass Hoch "Günther" ein Hoch mit warmer Luft ist, die übrigens auch erst diesen Hochnebel im Norden so begünstigt. Grundsätzlich war der Dezember mal wieder zu warm. Wir haben derzeit eine Abweichung von gut zweieinhalb Grad gegenüber dem Klimamittel von 1961 bis 1990. Verglichen mit dem wärmeren Mittel von 1990 bis 2020 waren es auch noch gut eineinhalb Grad.
Damit ist das Rekordjahr 2024 besiegelt.
Absolut. Das deutete sich tatsächlich schon im Herbst an. Wir hatten einen dermaßen großen Temperaturüberschuss, dass November und Dezember viel kälter hätten ausfallen müssen. So werden wir wohl bei einem fetten Plus von rund 2,7 Grad über dem Klimamittel (1961-1990) landen. Diese Höhe ist erschreckend! Es ist nicht nur das dritte Rekordjahr in Folge, wir übertreffen das vergangene Jahr mit +2,4 Grad sogar sehr deutlich.
Aus der Perspektive wäre ein Kaltstart für 2025 ja ein kleiner Ausgleich.
Ja, ein kleiner Ausgleich. Eine kleine Kälteinsel in warmen, heißen Zeiten. Schauen wir mal, ob es so kommt und wie heftig. Im vergangenen Jahr klappte es ja auch mit Schnee, beispielsweise in Köln, der sehr viel Freude ausgelöst hat. Das wünsche ich uns und vor allem den Kindern zum Jahresbeginn: ein bisschen mehr Freude.
Quelle: ntv.de