"Alt Jabel ist unser Hotspot" Ein Ort nach Waldbrand noch evakuiert
04.07.2019, 19:28 Uhr
Die Bundeswehr-Hubschrauber konzentrieren sich vor allem auf das Löschen in der Nähe von Alt Jabel.
(Foto: dpa)
Nur noch ein Ort ist vom Waldbrand in Mecklenburg-Vorpommern akut bedroht. Noch trotzt das Feuer dem Einsatz von Feuerwehr und Bundeswehr. Die Bewohner von Alt Jabel bangen, wann sie endlich wieder in ihre Häuser zurückkehren können.
Im Kampf gegen den seit Tagen in Südwestmecklenburg wütenden Waldbrand konzentrieren die Einsatzkräfte ihre Bemühungen jetzt auf den einzigen noch evakuierten Ort. "Alt Jabel ist unser Hotspot. Dort bündeln wir all unsere Möglichkeiten", sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr, Stefan Geier. Glutnester hätten sich in dem dort besonders trockenen Boden festgesetzt und das am Sonntag ausgebrochene Feuer sei zwischenzeitlich wieder etwas näher an den Ort herangerückt. Bis zum frühen Abend sei der Abstand aber wieder um gut 100 auf 420 Meter ausgedehnt worden.
Laut Führungsstab waren zusätzliche Wasserwerfer zu der Stelle beordert worden und die Löschhubschrauber von Bundeswehr und Bundespolizei entleerten ihre Wassersäcke vornehmlich dort. "Wir tun alles, damit auch die Bewohner von Alt Jabel so rasch wie möglich in ihre Häuser zurückkehren können. Lieber heute als morgen. Aber sie müssen auch sicher sein", betonte Geier.
Der SPD-Landrat des Kreises Ludwigslust-Parchim und Chef des Einsatzstabes, Stefan Sternberg, hatte es zur Bedingung für die Rückkehr der Bewohner gemacht, dass das Feuer auf mindestens 1000 Meter vom Ort zurückgedrängt sein müsse. Für die anderen drei vom Brand bedrohten Dörfer war am Mittwoch die Sperrung aufgehoben worden.
Löscharbeiten dauern noch mehrere Tage
Das östlich der Kleinstadt Lübtheen wütende Feuer auf einem früheren Truppenübungsplatz gilt nach Angaben von Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Umweltminister Till Backhaus als der größte Waldbrand in der Geschichte des Bundeslandes. Das Löschen ist wegen ständig detonierender Munition kompliziert. Feuerwehrleute dürfen nur bis auf 1000 Meter an die Brandstellen heran. Die Einsatzkräfte rechnen damit, dass das Löschen noch mehrere Tage dauert - und die Nachsorge mehrere Wochen.
Laut Geier waren heute noch auf etwa 600 Hektar Wald Glutnester und Flammen festgestellt worden. Die vom Brand betroffene Fläche gab er mit insgesamt 1200 Hektar an. Die Bundeswehr hatte mit schwerer Räumtechnik alte Fahrwege rund um den Brandherd freigeschoben, damit das Feuer nicht auf benachbarte Waldflächen übergreift. "Wir liegen im Plan", sagte Brigadegeneral Gerd Kropf, Chef des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern. Das Feuer sei weitgehend eingekesselt.
Die Gefahr einer weiteren Ausdehnung sei nahezu gebannt. "Soweit ich das beurteilen kann, ist die Lage aktuell weitgehend unter Kontrolle", sagte Generalleutnant Peter Bohrer. Zuvor hatte sich der stellvertretende Inspekteur der Streitkräftebasis aus der Luft über die Situation im Brandgebiet informiert.
Sofortprogramm für besseren Schutz gefordert
Umweltminister Backhaus forderte unterdessen ein Sofortprogramm zum besseren Schutz der Orte rund um den früheren Truppenübungsplatz, der auch nach dem Abzug der Bundeswehr noch im Besitz des Bundes ist. Nach ersten Kalkulationen seien für einen effektiven Brandschutz etwa 35 Millionen Euro erforderlich, sagte der Minister und forderte den Bund zur Übernahme der Kosten auf.
Backhaus übergab ein Konzept zur Entwicklung des früheren Manövergebietes an SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die sich auch ein Bild von der Lage machte. "Naturschutz ist hier wichtig. Aber der Schutz der Menschen steht an allererster Stelle", betonte Schulze, ohne jedoch schon Zusagen zur Finanzierung der aufgelisteten Maßnahmen zu machen.
Schulze machte deutlich, dass aus den aktuellen Erfahrungen mit dem Brandgeschehen weitere Konsequenzen zu ziehen seien, sich Deutschland aber insgesamt auf die Folgen des Klimawandels einstellen müsse. "Wir brauchen gemeinsame Konzepte, das ist vollkommen klar." Stark munitionsverseuchte Gebiete benötigten jedoch auch zusätzliche Schutzmaßnahmen. Darüber müsse gesprochen werden.
Mecklenburg-Vorpommern könnte Modellregion werden
Laut Backhaus sollen rund um die aktuell betroffenen 15 Orte bei Lübtheen Sicherheitskorridore von 1000 Meter zum früheren Truppenübungsplatz geschaffen werden. Außerdem solle jeder dieser Orte einen Tiefbrunnen erhalten, um im Bedarfsfall genügend Wasser zur Verfügung zu haben. Bei den aktuellen Löscharbeiten war das Wasser zeitweise knapp geworden. Backhaus regte an, Mecklenburg-Vorpommern zu einer Modellregion dafür zu machen.
Neben Brandenburg gehört der Nordosten zu den Gebieten in Deutschland, in denen regional noch die meiste Munition im Boden schlummert. Neben Rückständen von Manövern handelt es sich dabei vielfach auch um Geschosse aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach Tests auf dem Gelände bei Lübtheen gehe man davon aus, dass das betroffene Gebiet hochgerechnet noch mit bis zu 45,5 Tonnen Munition je Hektar verseucht sei, sagte der Minister.
Quelle: ntv.de, aeh/dpa