Einblicke ins Konklave Kardinäle berichten: So stach Leo XIV. Papst-Favoriten aus


Kardinal Pietro Parolin (vorn, vor Prevost) konnte seiner Favoritenrolle nicht gerecht werden.
(Foto: picture alliance / SIPA)
Mit 100 Stimmen auf seiner Seite geht Robert Francis Prevost als neuer Papst aus dem Konklave hervor. Als Favorit für die Franziskus-Nachfolge galt jedoch lange jemand anderes. Kardinäle berichten, wie der US-Amerikaner vom Underdog zum Spitzenreiter wurde.
Jubel brach auf dem Petersplatz aus, als vergangenen Donnerstag um kurz nach 18 Uhr weißer Rauch aus dem berühmten Schornstein der Sixtinischen Kapelle quoll. Die 133 stimmberechtigten Kardinäle hatten sich auf einen neuen Papst geeinigt. Das Konklave endete nach nur rund 24 Stunden. Mit Robert Francis Prevost wurde erstmals ein US-Amerikaner zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt. Dabei wurde zuvor lange jemand anderes als Favorit gehandelt.
Wie das "Wall Street Journal" (WSJ) berichtet, sei Prevosts Stimmzahl mit jedem neuen Wahlgang stetig gestiegen - während die Unterstützung für den als Spitzenkandidaten gehandelten italienischen Kardinal Pietro Parolin stagniert habe. Am späten Nachmittag des 8. Mai habe Prevost schließlich die nötige Zweidrittelmarke von 89 Stimmen erreicht und die Papst-Wahl damit gewonnen.
Aus den Reihen der rot gekleideten Kardinäle soll Applaus ertönt sein. Prevost selbst habe zunächst mit geschlossenen Augen dagesessen, als das Ergebnis verkündet wurde. Dann sei er mit einem Lächeln aufgestanden. "Ich kann mir kaum vorstellen, was in einem Menschen vorgeht, wenn er mit so etwas konfrontiert wird", sagte Kardinal Joseph W. Tobin, Erzbischof von Newark, der US-Zeitung.
"Ich kannte nicht einmal seinen Namen"
Dass die Wahl des 69-Jährigen für viele eine Überraschung war, verdeutlicht ein Blick auf die Wettmärkte. Wie das Nachrichtenportal katholisch.de schreibt, habe man im Vorfeld unter anderem auf der Plattform Polymarket auf den Ausgang der Papstwahl wetten können. Dort galt Parolin als absoluter Top-Favorit. Dicht gefolgt von Kurienkardinal Peter Turkson aus Ghana sowie Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna, und dem philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle.
Tagle selbst erinnert sich im Interview mit der "New York Times", dass Prevost sich während des Konklaves hilfesuchend an ihn gewendet habe. "Wie funktioniert das?", soll der US-Amerikaner ihn gefragt haben. "Ich hatte bereits Erfahrung im Konklave", so Tagle. "Er nicht."
Im Gegensatz zu Kardinal Tagle hatte Prevost außerdem noch keinen großen Bekanntheitsgrad und startete eher als Underdog in die Abstimmung. "Ich kannte nicht einmal seinen Namen", sagte der ebenfalls von den Philippinen stammende Kardinal David.
Rede überzeugte Franziskus-Anhänger
Laut der "New York Times" gab es in den Wochen vor dem Konklave eine Reihe privater Treffen von Kardinälen, um über den möglichen Zukunftskurs der Kirche zu diskutieren. Anders als Papst Franziskus, der sich vor seiner Wahl 2013 mit einer kurzen Rede über seine Vision für die Kirche hervorgetan habe, seien die Aussagen von Kardinal Prevost untergegangen. Er habe gesprochen "wie jeder andere auch", sagte Kardinal Juan José Omella Omella aus Spanien.
Auch Kardinal Jean-Paul Vesco aus Frankreich habe sich nicht an die Rede des US-Amerikaners erinnern können. Dann aber sei er am Rande der Treffen mit ihm ins Gespräch gekommen. Prevosts "unglaublicher" Lebenslauf habe ihn begeistert sowie sein fließendes Italienisch, sein Ruf als Gemäßigter und seine Verbindung zu Franziskus. Auch der US-amerikanische Kardinal Wilton Gregory sagte, Prevost habe sich vor allem in den kleineren Gruppengesprächen mit den Kardinälen "sehr effektiv" engagiert.
Am letzten Tag vor dem Konklave hielt Prevost eine weitere Rede vor seinen Kardinalkollegen und sprach darin unter anderem über den Synodalen Weg. Damit habe er schließlich genau den Ton getroffen, den vor allem die Anhänger des verstorbenen Papstes Franziskus hören wollten, berichtet das WSJ. "Synodalität bedeutet Zusammenarbeit", sagte Prevost laut Kardinal Luis Cabrera Herrera aus Ecuador.
Parolin dagegen habe das Thema in seiner Messe am Tag nach Franziskus' Beerdigung umgangen. "Es war auffällig, dass er die Synodalität nicht erwähnte", sagte Kardinal Michael Czerny, ein Vatikanbeamter.
Wahlsieg mit über 100 Stimmen
Als am Mittwoch das Konklave begann, sei Kardinal Parolin dennoch zunächst mit 40 Stimmen als Spitzenreiter aus der ersten Wahlrunde hervorgegangen. Das Feld hinter ihm sei zersplittert gewesen. Auch am Donnerstagmorgen habe er noch klar vorn gelegen. Doch seine Stimmzahlen verharrten offenbar im oberen 40er Bereich. Derweil habe Prevost begonnen, aufzuholen.
Während der Mittagspause soll Prevost sich bei Pasta, Steak und taktischen Gesprächen dann schließlich als Favorit herauskristallisiert haben. "Beim Mittagessen wurden die Dinge geklärt", sagte der US-amerikanische Kardinal Blase Cupich dem WSJ. Danach brauchte es nur noch einen weiteren Wahlgang und das Konklave war beendet. Das Endergebnis: 100 Stimmen für Prevost.
Als er am 8. Mai zum neuen Pontifex gewählt wurde, habe er zufällig auf dem gleichen Platz gesessen, auf dem auch Kardinal Jorge Mario Bergoglio (später Papst Franziskus) während des Konklaves 2013 saß, das ihn zum Papst wählte. Das erzählte der US-amerikanische Kardinal Timothy Dolan, der an beiden Papstwahlen teilgenommen hatte, im Interview.
Als ranghöchster Kardinal im Saal wandte sich der ursprüngliche Papst-Favorit Parolin als Erstes an den US-Amerikaner und fragte ihn auf Lateinisch, ob er die Wahl zum Pontifex akzeptiere. "Ich akzeptiere", entgegnete er. Die Frage nach seinem Namen beantwortete er schlicht mit "Leo". Parolin sei außerdem der Erste gewesen, der den Amtsring des neu gewählten Papstes Leo XIV. küsste. "Parolin ist ein Gentleman", beschrieb Kardinal William Goh aus Singapur die Szene.
Quelle: ntv.de