Panorama

Erdbeben-Katastrophe in Myanmar Verschüttete nach 90 Stunden aus Trümmern gerettet

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Die Erdbeben-Katastrophe trifft das Bürgerkriegsland Myanmar hart. Nach Behördenangaben gibt es mehr als 2000 Tote und fast doppelt so viele Verletzte. Es gibt noch immer viele Vermisste. Helfer sind seit Tagen im Einsatz - nun wirkt es wie ein Wunder, dass die Feuerwehr eine Frau lebend rettet.

Mehr als 90 Stunden nach dem verheerenden Erdbeben in Myanmar ist eine Frau lebend aus den Trümmern geborgen worden. Die Frau Anfang 60 sei in der Hauptstadt Naypyidaw nach ihrer Rettung ins Krankenhaus gebracht worden, teilte die örtliche Feuerwehr auf Facebook mit. Die Meldung ist ein Hoffnungsschimmer inmitten der Zerstörung. Das Erdbeben der Stärke 7,7 hatte sich am vergangenen Freitag ereignet und war eines der stärksten je in Myanmar gemessenen Beben.

Zahlreiche Gebäude in Myanmar wurden zum Einsturz oder in Schieflage gebracht. Myanmars Militärregierung sprach von mehr als 2000 Todesopfern, mehreren Hundert Vermissten sowie rund 3900 Verletzten. Es wird mit einem deutlichen Anstieg der Opferzahlen gerechnet. Die Katastrophe trifft das Bürgerkriegsland Myanmar hart, schon vor dem Beben waren nach UN-Angaben fast 20 Millionen der 51 Millionen Einwohner auf humanitäre Hilfe angewiesen und mindestens 3,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

In den vergangenen Tagen wurden in Myanmar landesweit mehr als 600 Menschen lebend aus eingestürzten Gebäuden gezogen. Tage nach dem Beben schwindet allerdings die Hoffnung, noch Überlebende aus den Trümmern zu bergen. In der 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt Mandalay, in der Temperaturen um die 40 Grad herrschen, breitet sich Verwesungsgeruch aus. Die Überlebenden haben zudem immer noch Angst, dass durch das Beben destabilisierte Bauten einstürzen könnten.

Das Epizentrum des Erdbebens in Südostasien lag in Myanmar - doch auch im 1000 Kilometer entfernten Bangkok haben die Erdstöße vielen Menschen das Leben genommen. In der thailändischen Hauptstadt ist ein im Bau befindliches Hochhaus eingestürzt.

Vor dem katastrophalen Erdbeben in Südostasien hat sich über viele Jahrzehnte - womöglich an die zwei Jahrhunderte - unsichtbar Spannung im Untergrund aufgebaut. Dass das Beben noch in gut 1000 Kilometern Entfernung vom in Myanmar gelegenen Epizentrum ein im Bau befindliches Hochhaus in Bangkok zum Einsturz bringen konnte, ist nach Worten des Münchner Geophysikers Martin Käser maßgeblich auf den weichen Untergrund der thailändischen Hauptstadt zurückzuführen.

Das Beben habe sich entlang der prominentesten Störungslinie in Myanmar ereignet, der Sagaing-Verwerfung, sagte Käser, Leiter der Abteilung für geophysikalische Risiken des Rückversicherers Munich Re und Professor an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. "Diese verläuft in Nord-Süd-Ausrichtung durch das ganze Land." An dieser Plattengrenze stoßen demnach im Westen die indische Platte und im Osten die eurasische Platte aneinander. Diese bewegen sich nach Käsers Worten horizontal aneinander vorbei: der östliche Teil von Nord nach Süd, der westliche in der entgegengesetzten Richtung.

"Diese zwei Platten schieben sich bei konstantem Gleiten circa zwei Zentimeter pro Jahr aneinander vorbei", sagte Käser. "Durch das große Beben ist die Spannung, die sich zwischen diesen beiden Platten aufgebaut hatte, auf einen Schlag gelöst worden." Der Versatz betrage circa fünf bis sechs Meter, "je nachdem, an welcher Stelle man das genau betrachtet", sagte der Wissenschaftler. "Möglicherweise hat sich schon an die 200 Jahre lang Spannung dort aufgebaut."

Der Bruch begann in der Nähe der in der Mitte Myanmars gelegenen Stadt Mandalay. Dieser habe sich dann überwiegend nach Süden ausgebreitet und zu einem sogenannten Richtungseffekt geführt. "Das heißt, dass die Bodenbewegung in Richtung des Erdbebenbruches, also in diesem Fall im Süden, deutlich stärker ist als im Norden."

Im Süden liegt auch Bangkok, gut tausend Kilometer von Mandalay entfernt. Wie konnte es dazu kommen, dass in so großer Entfernung noch ein Hochhaus-Rohbau einstürzen konnte? Abgesehen davon, dass die thailändische Hauptstadt in der Richtung des Erdbebenbruchs lag, spielte nach Analyse des Geophysikers ein zweiter Faktor eine Rolle: "Bangkok hat darüber hinaus den speziellen Nachteil, auf sehr lockerem Untergrund zu stehen." Der Fluss Chao Praya habe dort über die Jahrtausende Sedimente abgelagert, mehrere hundert Meter dick. "Und wenn diese Masse in Schwingung gerät, schaukeln sich die Bodenbewegungsamplituden sogar noch auf. Und das hat vermutlich dazu geführt, dass Bangkok auch schwere Schäden zu verzeichnen hat."

Niedrigfrequente Wellen mit einer Schwankungsperiode von ein bis zwei Sekunden breiteten sich in der Erde deutlich weiter aus als hochfrequente Schwingungen. "Wenn diese niedrigfrequenten Wellen in so lockeres Material laufen wie in Bangkok, kommt es sogar in Entfernungen von bis zu tausend Kilometern zu so starken Schwingungen."

In Bangkok sind bislang 20 Todesopfer bestätigt, mehr als 70 Menschen werden nach dem Einsturz des dreißigstöckigen Gebäudes noch vermisst. Darüber hinaus beschädigte das Beben viele weitere Häuser.

Quelle: ntv.de, den/AFP/dpa

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