Umstrittene neue Methode Erstmals US-Häftling mit Stickstoffgas hingerichtet
26.01.2024, 03:43 Uhr Artikel anhören
In Alabama ist ein zum Tode verurteilter Mann mit Stickstoffgas hingerichtet worden. Es ist das erste Mal, dass diese umstrittene neue Methode in den USA angewendet wurde. Die UN hatten im Vorfeld von möglicher Folter gesprochen.
Im US-Bundesstaat Alabama ist erstmals in der US-Geschichte ein zum Tode verurteilter Häftling mit Stickstoffgas hingerichtet worden. Der 1989 wegen Mordes verurteilte Kenneth Smith wurde am Abend (Ortszeit) im Gefängnis der Stadt Atmore mit der umstrittenen neuen Hinrichtungsmethode getötet, wie Alabamas Justizminister Steve Marshall im Anschluss mitteilte. Bei der sogenannten Stickstoffhypoxie bekommt der Betroffene über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt - die Folge ist der Tod durch Sauerstoffmangel.
Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen und von Amnesty International warnten zuvor vergeblich vor einem möglicherweise grausamen Tod. Dafür, dass die Inhalation von reinem Stickstoff keine schwerwiegenden Leiden verursache, gibt es demnach keine wissenschaftlichen Beweise.
Hingerichtet wurde Smith in einem Gefängnis in der kleinen Stadt Atmore in dem Bundesstaat im Süden der USA. Nach Angaben von Marshall dauerte die Prozedur weniger als 30 Minuten. Bei der Exekution waren nur wenige Medienvertreter als Beobachter zugelassen, darunter eine Reporterin des regionalen Fernsehsenders WHNT. Ihr zufolge sagte Smith kurz vor seinem Tod: "Heute Abend hat Alabama die Menschheit dazu gebracht, einen Schritt zurück zu machen." Und weiter: "Ich gehe mit Liebe, Frieden und Licht."
Gezuckt und abnormal geatmet
Die Reporterin berichtete weiter, mit dem Start der Stickstoffzufuhr habe Smith begonnen, sich zu winden und zu zittern. Mehrere Minuten lang habe er schwer geatmet, bevor schließlich keine Atemzüge mehr zu beobachten gewesen seien. Ein Vertreter der zuständigen Strafvollzugsbehörde sagte, Smith habe zum Teil gezuckt und abnormal geatmet. Aber das sei erwartet worden und entspreche dem Forschungsstand zu Stickstoffhypoxie.
Bereits 2022 sollte Smith eigentlich mit der Giftspritze hingerichtet werden, dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, die dafür nötige Kanüle in seinen Arm zu legen. Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wurde er wieder in seine Zelle gebracht.
Gerichte lassen Einwände nicht gelten
Weder den gescheiterten Versuch noch die Bedenken mit Blick auf die neue Methode werteten Gerichte jedoch als ausreichend, um die Stickstoff-Hinrichtung zu stoppen. Smiths Anwälte hatten argumentiert, dass er zu einer Art Testkandidat würde und noch viel zu viele Fragen offen seien. In ihrem Gesuch bemängelten sie unter anderem, dass an dem Protokoll für den Ablauf der Hinrichtung noch wenige Tage vor dem Termin Änderungen vorgenommen worden seien.
Die Anwälte werteten dies als weiteren Beweis für die vielen Unklarheiten mit Blick auf die Hinrichtung mit Stickstoff. Das Berufungsgericht in Alabama wies die Vorbehalte am Mittwochabend (Ortszeit) jedoch zurück. Smith könne nicht belegen, dass die Hinrichtung eine "grausame und ungewöhnliche" Bestrafung darstelle, hieß es im Urteil. Kurz zuvor hatte auch der Supreme Court einen ähnlichen Antrag abgelehnt, allerdings keine Begründung dafür genannt.
Smith wurde 1996 zum Tode verurteilt, weil er acht Jahre zuvor im Auftrag eines Pastors dessen Ehefrau ermordet hatte. Bei seiner Verurteilung nach einem Berufungsverfahren hatten die Geschworenen eigentlich eine lebenslange Haftstrafe für Smith vorgesehen. Der zuständige Richter setzte sich über diese Empfehlung hinweg. Das Gesetz, das ihm dies ermöglichte, schaffte Alabama als letzter US-Bundesstaat 2017 ab.
Quelle: ntv.de, mau/dpa