"Wissenschaft völlig missachtet"Ex-Chirurg wegen Plastik-Luftröhren vor Gericht

Ein bekannter Chirurg setzt drei Menschen in Schweden Luftröhren aus Kunststoff ein. Alle Patienten sterben nach kurzer Zeit. Dem Vorwurf, dass es sich bei den Operationen um Experimente gehandelt habe, widerspricht der Angeklagte.
In Schweden hat ein Gerichtsprozess gegen den früheren Chirurgen Paolo Macchiarini wegen schwerer Körperverletzung begonnen. Der ehemals beim Stockholmer Karolinska-Universitätskrankenhaus angestellte Mediziner muss sich vor dem Bezirksgericht Solna verantworten. Ihm wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, drei Menschen schwere körperliche Schäden zugefügt zu haben, indem ihnen in Schweden künstliche Luftröhren eingesetzt worden waren. Alle drei Patienten sind verstorben. Staatsanwältin Karin Lundström-Kron warf Macchiarini "schwere Körperverletzung" vor. Er habe bei seinen Operationen "Wissenschaft und Erfahrung" völlig missachtet und damit seinen Patienten "schwere Verletzungen" und "großes Leid" zugefügt.
Der Prozess gegen den Mann wird voraussichtlich bis zum 23. Mai dauern. Er streitet ein Fehlverhalten ab. Der Skandal rund um die Eingriffe des bekannten Chirurgen dauert bereits seit über einem Jahrzehnt an. Dem Rundfunksender SVT zufolge sind insgesamt sieben Patienten gestorben, nachdem ihnen Plastik-Luftröhren eingesetzt worden waren.
Eingriff zunächst als Erfolg bewertet
Der Mediziner hatte 2011 eine erste bemerkenswerte Transplantation im Karolinska-Krankenhaus durchgeführt: Einem Krebspatienten war damals eine künstliche, mit Stammzellen bedeckte Luftröhre implantiert worden. Zunächst wurde der Eingriff als Erfolg gewertet, doch später stellte sich heraus, dass der Patient unter verschiedenen Komplikationen litt. Er starb daraufhin. Wie der Deutschlandfunk berichtete, testete Macchiarini seine künstlichen Luftröhren auch nicht zuerst im Tierversuch, sondern direkt an den Patienten. Forschungsschriften soll er gefälscht haben.
Bis 2013 nahm der Chirurg nach SVT-Angaben insgesamt acht solcher Transplantationen vor, drei in Schweden und fünf weitere in Russland und den USA. Sieben der Patienten starben, der achte lebt noch, nachdem ihm die künstliche Luftröhre wieder entfernt worden war. Macchiarini versichert, dass es sich bei den Operationen nicht um Experimente gehandelt habe. "Seine einzige Motivation war es, die Patienten zu behandeln", sagte sein Anwalt Björn Hurtig vor dem Gericht in Solna nahe Stockholm.