Panorama

Corona-Protest in Sachsen Fackel-Mob vor Haus der Gesundheitsministerin

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Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping.

(Foto: imago images/Future Image)

In Sachsen belassen es Gegner der Corona-Maßnahmen nicht mehr bei abendlichen "Spaziergängen". Etwa 30 Personen, mutmaßlich auch aus dem rechtsextremen Spektrum, ziehen am Abend mit Fackeln vor das Privathaus der Gesundheitsministerin des Landes.

Gegner der Corona-Maßnahmen sind am Abend vor das Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping in Grimma gezogen. Viele der etwa 30 Teilnehmenden des verbotenen Aufzugs trugen Fackeln. Unterstützt von Trommeln skandierten sie "Frieden, Freiheit, keine Diktatur", wie ein Video auf Twitter zeigt.

Als Polizei aus Grimma und dem benachbarten Leipzig einrückte, sollen die Beteiligten versucht haben, in ihren Autos zu fliehen, berichtet das Regionalportal "Tag24". Weit kamen sie aber nicht. "Es wurden 15 Fahrzeuge kontrolliert, 25 Identitäten festgestellt und Ordnungswidrigkeitsanzeigen gefertigt" meldete die Polizei. Laut "Tag24" würden auch Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung geprüft. Die lässt derzeit nur ortsfeste Kundgebungen mit maximal zehn Teilnehmenden zu.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken solidarisierte sich mit ihrer Parteigenossin: "Auch wenn die paar Hansel da versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten: die Vernunftbegabten und Verantwortungsbereiten sind die große Mehrheit, und die steht an Deiner Seite!", schreib sie auf Twitter. Auch Niedersachsens Gesundheitsministerin, die SPD-Politikerin Daniela Behrens, spendete Köpping Beistand: "Das sind unfassbare Bilder vor deinem Privathaus. Ein asozialer Mob mit Fackeln versucht eine Demokratin und engagierte Gesundheitspolitikerin einzuschüchtern."

Walter-Borjans: "Faschistoid"

Der scheidende SPD-Co-Parteichef Norbert Walter-Borjans verurteilte die Proteste scharf. "Das, was da gestern passiert ist, faschistoid zu nennen, scheue ich mich nicht", sagte er im Deutschlandfunk. Es sei absolut erschütternd, weil dieser Aufmarsch vor dem Haus der SPD-Politikerin Vergleiche nahe lege zu einer Zeit in Deutschland, in der man schon mal mit Trommeln und Fackeln vor Häusern gestanden habe. Es sei zwar nur eine kleine Minderheit, die diese Radikalisierung vorantreibe. Aber es sei inzwischen so weit, dass ein ganz klarer Bedarf für alle Demokratinnen und Demokraten im Land bestehe, sich abzugrenzen und für die Ordnungskräfte, auch klar einzuschreiten.

Hinter solchen Protesten stünden Leute aus dem Kreise der Querdenker oder anderer sich radikalisierender Kleingruppen, denen nicht die Gesundheit der Menschen am Herzen liege, sondern die aufrühren und destabilisieren wollten, sagte Walter-Borjans. "Das ist in dieser Zeit, wo wir Zusammenhalt brauchen, ein besonderes Gift."

Ein Video der Einschüchterungsaktion wurde von der als rechtsextremistisch eingestuften Kleinstpartei "Freie Sachsen" über ihren Telegram-Kanal verbreitet - versehen mit dem eigenen Logo und dem Zusatz, man habe "nicht unmittelbar" zu dem Protest aufgerufen. Nach Informationen des MDR wird über den Kanal mit derzeit etwa 90.000 Abonnenten auch gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer gehetzt. Die Privatadresse des CDU-Politikers war bereits im letzten Winter in einschlägigen Telegram-Gruppen aufgetaucht, im Januar demonstrierten mehrere Personen aus dem "Querdenken"-Spektrum vor seinem Haus.

Erst am Donnerstag hatte Kretschmer im ZDF die mangelnde juristische Handhabung gegen Hass und Hetze auf Telegram beklagt. "Mich treiben diese Gruppen um", sagte er angesichts von massiven Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen, wie sie etwa in der Gruppe der "Freien Sachsen" geäußert werden. Der designierte Justizminister, der FDP-Politiker Marco Buschmann, ließ Kretschmer allerdings abblitzen, andere Dinge seien jetzt dringender.

Quelle: ntv.de, ino/rts

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