Kritik an Astrazeneca-Stopp Forscher fordern "systematisches Abwägen"
02.04.2021, 19:53 Uhr
In einem offenen Brief an Merkel haben Forscher die Entscheidung, Astrazenca für Jüngere auszusetzen, kritisiert.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wegen vereinzelter Verdachtsfälle von Thrombosen nach einer Astrazeneca-Impfung wird das Präparat für unter 60-Jährige in Deutschland ausgesetzt. Dafür erntet die Regierung nun Kritik von mehreren Forschern. Sie warnen eindringlich vor einer Impfverzögerung.
Der Impfstoff von Astrazeneca ist nicht mehr für Menschen unter 60 Jahren empfohlen - Bremer Epidemiologen warnen nun vor möglicherweise schlimmen Folgen dieser Entscheidung. "Wenn die geänderte Altersempfehlung für den Impfstoff von Astrazeneca zu einer weiteren Verzögerung der Impfkampagne führt, wird der Schaden dieser geänderten Empfehlung deutlich überwiegen", heißt es in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der von mehreren Forschern des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen unterschrieben ist.
"In der jetzigen Situation ist es sehr kritisch, einseitige Entscheidungen zu treffen, die nur auf mögliche seltene Nebenwirkungen fokussieren, auch wenn diese Schicksale tragisch sind und man sie vermeiden möchte", heißt es weiter. Die Unterzeichner fordern "ein systematisches Abwägen des Schadens, der sich aus der möglichen seltenen Nebenwirkung ergeben kann, gegenüber dem Schaden, der sich durch eine Verzögerung der Impfkampagne ergeben wird."
Hintergrund ist die Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Dienstagabend, den Astrazeneca-Impfstoff in der Regel nur noch Menschen ab 60 Jahren zu verabreichen. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) hat auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) in einer überarbeiteten Empfehlung mitgeteilt: Unter 60-Jährige, die bereits die Erstimpfung von Astrazeneca erhalten haben, sollen nun bei der Zweitimpfung den Impfstoff von Pfizer/Biontech oder Moderna erhalten.
Bis Anfang der Woche waren in Deutschland 31 Verdachtsfälle sogenannter Sinusvenenthrombosen nach Impfungen mit Astrazeneca bekannt geworden, wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) kürzlich berichtete. Sie betreffen hauptsächlich jüngere Menschen.
Quelle: ntv.de, cls/dpa