Auch durch Fäkalien übertragbar? Frankreich-Urlauber mit Coronavirus infiziert
08.02.2020, 15:29 Uhr
Französische Staatsbürger sitzen in einem Bus nahe Marseille, nachdem sie aus Wuhan evakuiert wurden.
(Foto: REUTERS)
Nahe des Mont Blanc stecken sich fünf Briten mit dem Coronavirus an, darunter ist auch ein Kind. Indes forschen Wissenschaftler aus aller Welt sowohl an einem Impfstoff als auch über die Verbreitungswege der Krankheit - und könnten so einen weiteren Übertragungsweg für das Virus identifiziert haben.
In Frankreich ist nach Angaben der Regierung bei fünf britischen Ski-Urlaubern eine Corona-Infektion festgestellt worden. Die Erkrankten hätten in der Nähe des Mont Blanc in derselben Unterkunft übernachtet wie ein weiterer Brite, der aus Singapur angereist und bei dem die Infektion kurz zuvor festgestellt worden sei, teilte Gesundheitsministerin Agnes Buzyn mit.
Unter den im französischen Skiort Les Contamines-Montjoie neu Infizierten sei auch ein Kind, führte die Ministerin aus. Die Gruppe sei in gutem Gesundheitszustand in ein Krankenhaus der Region eingeliefert worden. In Frankreich gibt es damit jetzt elf Corona-Fälle. Die Zahl der bestätigten Erkrankungen außerhalb Festland-Chinas beläuft sich gesammelten Behördenangaben zufolge auf mehr als 330. In Deutschland sind es laut Bundesgesundheitsministerium derzeit 14. Die Volksrepublik gibt die aktuelle Zahl ihrer Fälle mit 31.774 an. Dabei rechnen die Behörden allerdings 2050 Fälle heraus, in denen die Patienten genesen oder verstorben sind.
Im Zentrum der Epidemie, im zentralchinesischen Wuhan, starb laut der US-Botschaft in Peking ein 60-jähriger Amerikaner an einer Corona-Infektion. Nach Hunderten Todesfällen durch das Virus unter Chinesen ist der US-Bürger das erste bestätigte Todesopfer mit anderer Nationalität. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass ein Japaner in der chinesischen Metropole der Krankheit erlegen ist. Bei dem Mann im Alter zwischen 60 und 70 Jahren habe der Verdacht auf eine Corona-Infektion bestanden, so das Tokioter Außenministerium unter Berufung auf chinesische Behörden. Wegen Schwierigkeiten bei der Diagnose sei aber eine Lungenentzündung als Todesursache angegeben worden.
Insgesamt stieg die Zahl der Toten auf 724. Außerhalb Festland-Chinas waren bisher zwei Todesfälle infolge einer Corona-Erkrankung bekannt. Die in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und auf den Philippinen Verstorbenen waren chinesische Staatsbürger. Die Zahl der Todesfälle könnte so in Kürze die weltweit offiziell registrierten 774 Todesopfer der Sars-Pandemie von 2002/2003 übersteigen. An Sars erkrankten damals etwas über 8000 Menschen - also rund ein Viertel der jetzigen Corona-Patienten. Auch bei Sars handelte es sich um einen Corona-Erreger, der in China von Tieren auf Menschen übertragen worden war.
Regierung plant, weitere Deutsche auszufliegen
Indes plant die Bundesregierung, weitere Bundesbürger aus der Region Wuhan zu holen. 20 Deutsche sollten voraussichtlich am Sonntag in Berlin ankommen, teilt die Senatsverwaltung für Gesundheit mit. Nach ihrer Ankunft würden sie für 14 Tage isoliert. "Berlin ist gut vorbereitet. Alle Abläufe stehen", erklärt Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Alle würden auf das Coronavirus getestet. Mit einem Ergebnis sei am Montagmittag zu rechnen.
Wissenschaftler in aller Welt forschen derzeit sowohl an einem Impfstoff gegen das neuartige Virus als auch über die Verbreitungswege der Krankheit. Weil einige Patienten in einem Krankenhaus in Wuhan vor dem Auftreten von Fiebersymptomen und Atembeschwerden zuerst unter Durchfall und Übelkeit litten, vermuten chinesische Wissenschaftler, dass das neuartige Coronavirus auch über Fäkalien übertragbar sein könnte. Als Hauptübertragungsweg des Virus gilt weiterhin eine Tröpfcheninfektion über den Husten eines Erkrankten, heißt es in einer im "Journal of the American Medical Association" veröffentlichten Arbeit.
Bei zehn Prozent von 138 Patienten habe der Krankheitsverlauf mit Durchfall und Übelkeit begonnen, schreiben die Wissenschaftler. Die Forscher gaben an, sich bei den frühen Fällen der erstmals im Dezember in Wuhan aufgetreten Krankheit vor allem auf Atemwegssymptome konzentriert zu haben. Dabei könnten mit dem Verdauungstrakt verbundene Symptome übersehen worden sein.
Die Erkenntnis über einen Infektionsweg über Fäkalien kommt für die Wissenschaftler nicht völlig überraschend, da sich auch das Sars-Virus während der Epidemie Anfang der 2000er Jahre teilweise so übertragen hatte. Sars wird genauso wie die neuartige Erkrankung durch Coronaviren ausgelöst. Die Ansteckung über Fäkalien könne vor allem in Krankenhäusern eine neue Herausforderung für die Eindämmung der Viruserkrankung darstellen, warnte David Fisman, ein Epidemiologe an der Universität Toronto.
Quelle: ntv.de, agr/dpa/rts/AFP