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Ständige Angst ums Kind Frühe Missbrauchserfahrung belastet Eltern stark

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Viele der Befragten leben in ständiger Angst, dass die eigenen Kinder missbraucht werden könnten.

Viele der Befragten leben in ständiger Angst, dass die eigenen Kinder missbraucht werden könnten.

(Foto: picture alliance / empics)

Von psychischer Belastung bis zu emotionaler Entfremdung: Missbrauchserfahrungen in der Kindheit überschatten oft auch die eigene Elternrolle. Eine neue Studie zeigt die Auswirkungen im Erwachsenenalter - auch auf den eigenen Kinderwunsch.

Als Kinder oder Jugendliche zu Opfern sexueller Gewalt gewordene Eltern sehen sich durch die Folgen dieser Erfahrung in ihrer eigenen Elternschaft belastet. 74 Prozent der betroffenen Mütter und 51 Prozent der Väter gaben dies in einer in Berlin von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs veröffentlichten Studie an. So litten sie als Folge der eigenen Missbrauchserfahrung unter geringer Belastbarkeit, anhaltender Erschöpfung oder Depression.

Für das Forschungsprojekt "Elternschaft nach sexueller Gewalt in der Kindheit" wurden mehr als 600 Menschen befragt. Es wurde danach gefragt, wie zu Missbrauchsopfern gewordene Menschen über eigene Kinder nachdenken, aus welchen Gründen sie sich für oder gegen eigene Kinder entscheiden, welche Ängste es gibt und welche Unterstützung nötig ist.

70 Prozent spüren Belastung

Laut den Studienergebnissen sehen nur 30 Prozent der in Kindheit oder Jugend missbrauchten Eltern keine Folgen der eigenen Missbrauchserfahrung für ihre Elternschaft, 70 Prozent sehen solche Folgen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen gaben an, dass ihre eigene psychische Belastung sehr hoch sei. Fast die Hälfte äußerte die Sorge, den Kindern emotional nicht nah sein zu können. 42,5 Prozent der Befragten leben in der ständigen Angst, dass ihre Kinder missbraucht werden könnten.

Allerdings schätzten die betroffenen Eltern ihre eigenen Kompetenzen zum Schutz ihrer Kinder andererseits hoch ein. 45 Prozent der Befragten gehen davon aus, Signale ihrer Kinder gut erkennen zu können. 41 Prozent gaben an, dass sie frühzeitig merken würden, wenn ihr Kind gefährdet ist. Gut die Hälfte gab zudem an, besonders gut über Prävention sprechen zu können.

Etwa die Hälfte der Eltern mit Missbrauchserfahrung spricht nach der Studie mit den eigenen Kindern über die sexuelle Gewalt. Weitere gut 20 Prozent haben dies noch vor, zehn Prozent waren noch unentschieden - nur weniger als jeder fünfte Elternteil wollte nicht mit den Kindern darüber sprechen. Meist wird im Schulalter mit den Kindern darüber gesprochen.

Eigener Kinderwunsch?

Wie Studienleiterin Barbara Kavemann erklärte, denken als Kind oder Jugendliche missbrauchte Erwachsene intensiv darüber nach, ob sie selbst Kinder haben wollen. "Die eigene Betroffenheit hat für viele der Befragten eine große Bedeutung, wenn sie über das Elternwerden nachdenken."

Sie setzten sich kritisch damit auseinander, ob sie in der Lage sein werden, ihre Kinder zu schützen und gut zu versorgen. Eine vertrauensvolle und unterstützende Partnerschaft werde oft als Voraussetzung der eigenen Elternschaft gesehen - die Folgen des Missbrauchs führten jedoch nicht selten zu Schwierigkeiten, eine solche Beziehung zu finden und zu führen. Die meisten Befragten entschieden sich aber für eigene Kinder.

Als Empfehlung auf Grundlage der Studienergebnisse sehen die Studienmacher die Notwendigkeit, in Elternkursen Informationsangebote zu machen, ebenso in der Familienberatung und Familienbildung. Es sei auch sinnvoll, eine Vernetzung von betroffenen Eltern etwa durch Selbsthilfegruppen zu fördern. Für das Forschungsprojekt wurden 619 Online-Fragebögen und verschiedene Interviews mit Betroffenen und Experten ausgewertet.

Quelle: ntv.de, lno/AFP

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