"Zickzacklinien" gefahren Fünf Tote bei Amokfahrt in Trier - mehrere Schwerverletzte
01.12.2020, 19:01 Uhr
Am frühen Nachmittag fährt ein Mann mit seinem Auto mitten in eine Fußgängerzone in Trier. Scheinbar wahllos überfährt er Passanten. Am Ende sind fünf Menschen tot, darunter ein Baby. Noch gibt es kein Motiv.
Bei der Amokfahrt in Trier sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern ist ein Baby im Alter von neuneinhalb Wochen sowie eine 73-jährigen Frau. Zudem ist eine 25 Jahre alte Frau und ein 45 Jahre alter Mann aus Trier verstorben, sagte der Trierer Polizeivizepräsident Franz-Dieter Ankner. Die Zahl der Opfer wurde nun um eine Person nach oben korrigiert. Zu dem weiteren Opfer gibt es bisher keine Angaben. Die Mutter des Babys liegt den Behördenangaben zufolge im Krankenhaus.
15 Menschen sind verletzt worden, darunter zum Teil schwer. Die Polizei nahm unmittelbar nach der Tat einen 51 Jahren alten Deutschen aus dem Kreis Trier-Saarburg fest, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft psychisch krank sein könnte. Der Tatverdächtige war betrunken, konnte aber vernommen werden. Hinweise auf einen politischen Hintergrund gab es zunächst nicht. Das Motiv des Täters ist unklar.
Der Autofahrer, der in Trier mehrere Menschen erfasst und getötet hat, ist nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz von der SPD gezielt vorgegangen. Er sei "Zickzacklinien" gefahren, um gezielt Leid zuzufügen, sagte der Minister. Das sei in ganz schlimmem Maße geschehen. Das bestätigte auch die Polizei. Die Schäden in der Innenstadt seien dafür ein Beleg.
Psychische Erkrankung vermutet
Der erste Notruf war um 13.47 Uhr eingegangen, wie Franz-Dieter Ankner, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Trier sagte. Die etwa 900 Meter lange Amokfahrt über mehrere Straßen dauerte vier Minuten, ehe der Tatverdächtige, der Widerstand leistete, festgenommen wurde. "Wir haben ein klares Bild von dem Verdächtigen", sagte Lewentz, der von einem schrecklichen Tag sprach. Ankner ergänzte, der Mann habe die vergangenen Tage in einem Auto verbracht.

Ein Mann zündet an der Porta Nigra eine Kerze für die Opfer in Trier an.
(Foto: picture alliance/dpa)
Laut Oberstaatsanwalt Peter Fritzen gibt es Anhaltspunkte für ein psychisches Krankheitsbild. Ein Arzt habe den Mann begutachtet, es werde vermutlich ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Bei dem Mann wurden 1,4 Promille Atemalkohol festgestellt. Ermittelt werde wegen Mordes in vier Fällen und gefährlicher Körperverletzung in einer ganzen Reihe weiterer Fälle. "Wir gehen davon aus, dass er bei dem Angriff in der Innenstadt heimtückisch handelte, das Fahrzeug als Waffe benutzt hat und deshalb mit gemeingefährlichen Mitteln handelte", sagte Fritzen. Der Geländewagen der Marke Land Rover sei nicht auf ihn zugelassen gewesen, sondern eine Leihgabe eines Bekannten. Dieser sei aber in die Tat nicht verwickelt.
SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer sprach am Abend von einem "schlimmen und schrecklichen Tag". Oberbürgermeister Wolfram Leibe von der SPD sprach im Interview mit dem SWR von einem "Amokfahrer in der Innenstadt". Augenzeugen berichteten, dass am Ort des Vorfalls nahe der Porta Nigra Menschen durch die Luft geschleudert worden seien.
"Schwärzeste Tag in Trier"
"Die Nachrichten aus Trier machen mich sehr traurig", heißt es in einer Stellungnahme der Kanzlerin, die Regierungssprecher Steffen Seibert via Twitter veröffentlichte. "Meine Anteilnahme gilt den Angehörigen der Menschen, die so jäh und gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden. Ich denke aber auch an diejenigen, die zum Teil schwere Verletzungen erlitten haben und wünsche ihnen viel Kraft."
"Es ist der schwärzeste Tag der Stadt Trier nach dem Zweiten Weltkrieg", sagte Bürgermeister Leibe. Mitten an einem ganz normalen Tag seien Menschen aus dem Leben gerissen worden, erklärte Dreyer. "Das ist einfach sehr schlimm für uns alle." Sie sei mit ihren Gedanken bei den Verletzten und Schwerverletzten und hoffe und bete, dass sie überlebten und gesundeten. Vier Menschen hätten schwere Verletzungen erlitten, fünf erhebliche Verletzungen, und sechs Menschen seien leicht verletzt worden, sagte Lewentz. Zahlreiche Menschen in der Innenstadt seien zudem traumatisiert worden.
Rund 300 Helfer von Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen Hilfsorganisationen waren im Einsatz. Dieser habe im Ablauf sehr gut funktioniert, die Opfer seien rasch versorgt worden, berichtete der Leiter der Berufsfeuerwehr Trier, Andreas Kirchartz. Die Kliniken in der Stadt hätten sofort auf Notfallbetrieb umgeschaltet, die Patienten hätten unmittelbar dorthin gebracht werden können.
Lewentz sagte, dass außerdem rund 450 Polizisten im Einsatz waren. Die rheinland-pfälzischen CDU-Politiker Julia Klöckner und Christian Baldauf äußerten sich schockiert und betroffen. Sie seien erschüttert über die "Amokfahrt", teilten die CDU-Landeschefin und der CDU-Landtagsfraktionschef mit. "Unsere Gedanken sind bei den Verletzten vor Ort. Wir trauern mit den Angehörigen der Toten", erklärten sie. "Wir danken den Helfern und Rettungskräften für ihre Arbeit. Jetzt gilt es die weiteren Ermittlungen abzuwarten."
Im Februar hatte im nordhessischen Volkmarsen ein 29 Jahre alter Deutscher sein Auto absichtlich in die Menge gesteuert. Dutzende Menschen wurden verletzt. 2019 hatte ein 50-Jähriger in Bottrop in der Neujahrsnacht gezielt Menschen angefahren. Er wurde in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. In Münster war 2018 ein Mann mit seinem Campingbus in eine Gruppe gerast, es gab fünf Tote. Der Täter erschoss sich, die Ermittler gehen von einer psychischen Erkrankung aus.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP