Lawinengefahr in den Alpen Heftige Schneefälle legen Bayern lahm
02.12.2023, 18:16 Uhr Artikel anhören
Vor einem Winterspaziergang im Wald raten die Behörden ab: Die Bäume könnten die Schneelast nicht tragen.
(Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto)
Das erste Schneechaos in diesem Winter hält den Süden Deutschlands fest im Griff. An Flughäfen geht nichts mehr, die Polizei meldet zahlreiche Glätte-Unfälle. In den bayerischen Alpen herrscht Lawinengefahr. "Bleiben Sie möglichst zu Hause!", lautet der eindringliche Rat.
Heftige Schneefälle sorgen in Süddeutschland für Chaos im Verkehr, Absagen von Veranstaltungen - und eine erhöhte Lawinengefahr in den bayerischen Alpen. Oberhalb von 1600 Metern herrsche Warnstufe drei der fünfstufigen Skala und damit erhebliche Lawinengefahr, teilte die Lawinenwarnzentrale des Bayerischen Landesamts für Umwelt mit.
Das Hauptproblem sei der Neuschnee. Schon ein einzelner Wintersportler könne Schneebrettlawinen auslösen. Im felsigen Steilgelände könnten Lockerschneelawinen von selbst abgehen. Teils könne es auch an steilen Wiesenhängen zur Selbstauslösung von Gleitschneelawinen kommen. "Insgesamt ist die Schneehöhe für die Jahreszeit in allen Höhenlagen überdurchschnittlich", schreiben die Lawinenexperten.
Trotz Schneeketten, kein Durchkommen
In Teilen Bayerns kam es zudem zu Stromausfällen. Am Münchner und am Allgäuer Flughafen in Memmingen wurde der Flugbetrieb vorübergehend eingestellt. Das Bundesliga-Heimspiel des FC Bayern München gegen den 1. FC Union Berlin wurde abgesagt. Bahnstrecken rund um München waren gesperrt, zahlreiche Fahrgäste mussten in Zügen übernachten. Schnee und Glatteis führen zu Unfällen und langen Staus auf den Autobahnen. Auch in anderen Bundesländern bekommen die Menschen die Folgen zu spüren, allerdings weit weniger heftig.
"In einigen Landkreisen Südbayerns stoßen die Einsatzkräfte trotz Schneeketten und Allradantrieb an ihre Grenzen - ohne Unterstützung der Bergwacht ist teilweise kein Durchkommen mehr", teilte ein Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) mit. Man schließe sich dem Aufruf des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd an: "Bleiben Sie möglichst zu Hause!" Das Unfallrisiko sei immens erhöht.
BRK und Technisches Hilfswerk (THW) helfen seit der Nacht bei der Evakuierung von Zügen und betreuten Insassen liegengebliebener Fahrzeuge. Zudem werden Schneemassen von Dächern geschaufelt und verunglückte Autos oder Lastwagen von Straßen geräumt. Und so verlockend der Winterwald mancherorts vielleicht schien: Vom Betreten wird dringend abgeraten. "Viele Bäume können im Moment der hohen Last des nassen Schnees in den Kronen nicht mehr standhalten und können ohne Vorwarnung umkippen oder zusammenbrechen", warnte Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber.
Tausende Haushalte ohne Strom
Im Netzbereich von Bayernwerk sind etliche Haushalte ohne Strom, wie ein Sprecher sagte. Zu den Schwerpunkten zählt demnach der Raum um München. Bäume seien auf Leitungen gestürzt, teils seien Leitungen allein durch die Schneelast beschädigt oder gerissen. Am Samstagnachmittag hieß es, die Serviceteams seien unentwegt unterwegs, es seien aber nach wie vor viele Tausend Haushalte betroffen. Zudem kämen laufend neue Störungen dazu.
Beim Bahnverkehr in Süddeutschland kommt es verbreitet zu Ausfällen und Verspätungen. Unter anderem seien Oberleitungen vereist, sagte eine Bahn-Sprecherin. Der Münchner Hauptbahnhof ist nicht anfahrbar. "Wie es die nächsten Tage aussieht, können wir noch nicht sagen", sagte eine Bahn-Sprecherin. Es wird bis zum Montag mit schweren Beeinträchtigungen gerechnet.
Unter anderem am Ulmer Hauptbahnhof wurde ein ICE zum Übernachtungs-Zug umfunktioniert. Die Bahn teilte mit: "Alle Fahrgäste, die ihre am 2. und 3. Dezember in Süddeutschland geplante Reise aufgrund des Wintereinbruchs in Süddeutschland verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen." Außerdem richtete die Bahn unter 08000 996633 eine Hotline ein, an die sich Betroffene wenden können, wenn sie Fragen haben.
Münchner Flughafen eingeschneit
Der Flugbetrieb am Münchner Flughafen soll wegen der Witterungsbedingungen bis Sonntag 6.00 Uhr stillgelegt bleiben. Passagiere wurden gebeten, gar nicht erst anzureisen. Vor Abflügen am Sonntag sollen sich Fluggäste bei ihrer Airline über den Status ihres Fluges informieren, empfahl ein Sprecher. Der Allgäu Airport in Memmingen stellte am Samstag ebenfalls zeitweise den Flugbetrieb ein. Ein Sprecher der Lufthansa verwies darauf, dass sich die Sperrung des Flugverkehrs in München auf andere Flughäfen auswirke. Auch in anderen europäischen Ländern kam es zu witterungsbedingten Beeinträchtigungen im Luftverkehr.
Vor allem auf Straßen im südlichen Bayern gab es zahlreiche Unfälle. Bei den meisten blieb es laut Polizei bei Sachschäden. Zudem gab es lange Staus auf Autobahnen. Auf der A8 in Richtung Salzburg erstrecke sich nahe München ein Stau bereits auf 30 Kilometer, sagte eine Sprecherin des ADAC. Auch in weiten Teilen Baden-Württembergs verursachen Schnee und Glätte Probleme auf den Straßen. Ein 54 Jahre alter Autofahrer starb bei einem Unfall auf schneeglatter Straße in Emmingen-Liptingen.
Stopp für Fußball und Weihnachtsmärkte
Wegen Sicherheitsrisiken und der Verkehrssituation wurde das für den Nachmittag geplante Heimspiel des FC Bayern München gegen den 1. FC Union Berlin abgesagt. Auch die für den Sonntag angesetzten traditionellen Weihnachtsbesuche des FC Bayern bei den Fanclubs wurden gestrichen. "Es ist unglaublich schneereich, so was habe ich selten gesehen", sagte Spieler Thomas Müller in einer Video-Botschaft. Die Fanclub-Besuche sollen im Januar 2024 im Rahmen eines Neujahrsempfangs nachgeholt werden.
Auch auf einen Marktbummel mit Glühwein musste vielerorts verzichtet werden: Etliche Weihnachtsmärkte in Bayern blieben am Samstag geschlossen. Zu blieben zudem Zoos wie der Tiergarten Straubing und der Zoo Augsburg. Nach städtischen Angaben bestand Schneebruchgefahr in den Anlagen. In den beiden Städten wurde vorübergehend auch der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Der Tierpark Hellabrunn in München war am Samstag ebenfalls geschlossen.
Quelle: ntv.de, hny/dpa