Panorama

Studie zu Lehrkräftemangel Immer mehr Schulen abhängig von Quereinsteigern

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
In jeder fünften Schule fehlen pädagogisch ausgebildete Lehrer. Die einzige Hoffnung momentan sind Quereinsteiger.

In jeder fünften Schule fehlen pädagogisch ausgebildete Lehrer. Die einzige Hoffnung momentan sind Quereinsteiger.

(Foto: picture alliance/dpa)

Trotz zahlreicher Wahlkampfversprechen nimmt der Lehrermangel in Deutschland zu. Zunehmend mehr Schulleitungen müssen sich an Quereinsteigerprogramme klammern, so eine aktuelle Studie. Das berge Vor- und Nachteile, meint der Vorsitzende des Verbandes für Bildung und Erziehung. .

Schulen in Deutschland setzen angesichts des Lehrkräftemangels immer stärker auf Seiteneinsteiger. Zwei von drei Schulleitungen beschäftigen einer Umfrage zufolge an ihren Schulen inzwischen Lehrkräfte, die keine Lehramtsqualifikation erworben haben. Der Anteil ist in den vergangenen fünf Jahren rasant angestiegen, wie aus einer repräsentativen Forsa-Befragung von bundesweit gut 1300 Schulleitungen hervorgeht.

2018 hatten erst 37 Prozent der Schulleitungen angegeben, Seiteneinsteiger einzustellen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) stellte die Ergebnisse der Umfrage beim Schulleitungskongress in Düsseldorf vor. Ist der Wert von 69 Prozent im Vorjahr auf 62 Prozent dieses Jahr gesunken, sehen die Schulleitungen den Lehrkräftemangel dennoch weiterhin als das größte Problem. Gut ein Drittel nannte Inklusion und Integration als größte Schwierigkeit. Jede vierte Schulleitung beklagte die hohe Arbeitsbelastung bei gleichzeitigem Zeitmangel.

Lehrkräfte-Lücken plagt alle Schulformen

Die Hälfte der Schulleiter- und Schulleiterinnen gab an, dass mindestens eine Lehrerstelle zum Beginn des laufenden Schuljahres nicht besetzt gewesen sei. Bei 17 Prozent von ihnen waren sogar drei oder mehr Stellen vakant. Quereinsteiger werden der Umfrage zufolge über alle Schulformen hinweg als Lehrkräfte eingestellt. An den Schulen, bei denen bereits Lehrkräfte fehlten, verschlimmere sich die Situation sogar noch, hieß es in einem schriftlichen Statement des stellvertretenden VBE-Bundesvorsitzenden, Tomi Neckov.

Hatte 2021 noch jede sechste Schulleitung den Lehrermangel beklagt, gab inzwischen sogar schon jede fünfte Schulleitung an, dass an ihrer Schule mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte fehlten. Für den VBE liegt die Erklärung auf der Hand: "Es gibt Schulen in bestimmten Vierteln oder Regionen, die beliebter sind als andere und vielleicht auch weniger Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen", erklärte Neckov. Und es gebe Schulen, die starke Probleme hätten, Lehrkräfte zu finden. "Dort, wo es die größten Herausforderungen gibt, fehlen die meisten Lehrkräfte."

Vor- und Nachteile von Quereinsteigern

Die Einstellung von Seiteneinsteigern sieht der Bildungsverband teils mit Skepsis. Teilweise würden Menschen unterschiedlichster beruflicher Hintergründe ohne angemessene Vorqualifizierung in Schulen eingesetzt. Mit der richtigen Qualifizierung könnten Seiteneinsteiger aber bereichernd sein. Der Lehrkräftemangel wirke wie ein Katalysator für den Quereinstieg. "Der einzige Lichtblick ist, dass durch Seiteneinsteigende der akute Mangel etwas eingedämmt werden kann und der Zukunftsblick in diesem Jahr etwas besser ausfällt", so Neckov. So erwarte rund ein Viertel der Schulleitungen, künftig weniger stark vom Lehrkräftemangel betroffen zu sein.

Drei von vier Schulleitungen schätzen allerdings, dass ihre Schule in Zukunft vom Lehrkräftemangel stark oder sehr stark betroffen sein wird. Dabei handelt es sich häufig um Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Förder- und Sonderschulen. Besonders kritisch sieht der Bildungsverband den künftigen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen (OGS). So sage ein Drittel der Grundschulleitungen, dass ihre jeweilige Kommune die Umsetzung bis zum Schuljahr 2026/27 nicht sicherstellen könne. Ab 2026/2027 tritt bundesweit der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz zunächst in den ersten Klassenstufen in Grundschulen in Kraft.

Immerhin: Spaß an der Arbeit geblieben

Trotz aller Belastungen üben der Umfrage zufolge insgesamt 83 Prozent der befragten Schulleitungen ihren Beruf sehr gern oder eher gern aus - etwas mehr als im Vorjahr. Nur 16 Prozent gehen ungern zur Arbeit. Immer mehr Schulleiter empfinden indes die Anspruchshaltung, dass Schule alle gesellschaftlichen Probleme lösen solle, als sehr stark belastend. Der Anteil stieg von 55 Prozent auf 62 Prozent. Das Fazit Neckovs: "Schule kann nicht lösen, was überall woanders schiefläuft."

Quelle: ntv.de, gri/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen