Panorama

Ein Todesfall in den Flammen In Frankreich wütet "größtes Feuer seit 1949"

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Auch am Abend ist der Brand noch nicht gelöscht - die Flammen wüten weiter.

Auch am Abend ist der Brand noch nicht gelöscht - die Flammen wüten weiter.

(Foto: AFP/Lionel Bonaventure)

Der Süden Europas ächzt unter der Hitze - besonders Frankreich. Binnen eines Tages fällt im Süden des Landes einem Waldbrand mehr Fläche zum Opfer als bei sämtlichen Bränden mancher Jahre. Jetzt soll die Armee anrücken. Erste Anwohner können in ihre Häuser zurück. Doch "es gibt wirklich nichts mehr".

Riesige Rauchschwaden und ein sich rasch ausbreitender Großbrand halten Frankreich in Atem. Die Flammen befielen mehr als 16.000 Hektar Land, wie die örtliche Präfektur mitteilte. Auch einen Tag nach Ausbruch des Feuers in Ribaute im Département Aude versuchte ein Großaufgebot von 2150 Feuerwehrkräften mit rund 600 Fahrzeugen sowie sämtlichen Löschflugzeugen des Landes und Hubschraubern, die Flammen in den Griff zu bekommen. Mehrere Personen wurden bei dem von Trockenheit begünstigten und vom Wind angefachten Brand verletzt. Auch in weiteren Teilen Südeuropas brachen Flächenbrände aus.

Das am Dienstagnachmittag ausgebrochene Feuer breitete sich rasend schnell aus und vernichtete innerhalb von 24 Stunden Tausende Hektar Vegetation im Corbières-Massiv nahe der Mittelmeerküste. Starker Wind und Hitze fachten die Flammen in dem ausgedörrten Gebiet an. Mindestens 25 Wohnhäuser und 35 Fahrzeuge wurden von den Flammen vernichtet oder beschädigt.

Die vorläufige Bilanz des Brandes in Südfrankreich ist dramatisch: Eine Person starb bei sich zu Hause in Saint-Laurent-de-la-Cabrerisse. Laut dem Bürgermeister der Gemeinde habe die Frau in ihren Sechzigern das Haus nicht verlassen wollen, als die Gegend wegen der näher rückenden Flammen evakuiert wurde. Zwei Zivilisten kamen schwer verletzt ins Krankenhaus. Unter den Feuerwehrleuten gab es einen Schwerverletzten und zehn Leichtverletzte. Unter anderem kippte bei dem Löscheinsatz ein Feuerwehrauto um.

"Seit 1949 ist dies zweifellos das Feuer, das die meisten Hektar Land zerstört hat", sagte Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau am Einsatzort. Binnen weniger Stunden hätten die Flammen so viel Fläche betroffen wie zuvor sämtliche Brände jeweils in den Jahren 2019, 2020 und 2021. Frankreichs Premier François Bayrou nannte den Brand eine "Katastrophe beispiellosen Ausmaßes". Er sagte, der Klimawandel zwinge die Region, sich grundlegende Gedanken über die Zukunft zu machen. Dabei gehe es um die Gestaltung der Dörfer und der Natur, die Frage, welche Kulturen die Landwirte anbauten und wie die Wälder unterhalten werden müssten.

Armee soll anrücken

Auch am Abend war der Brand noch nicht erstickt und die Flammen wüteten weiter. Heftiger Wind erschwerte den Feuerwehrleuten vor Ort die Arbeit. Sie hofften darauf, dass der Wind bald schwächer wird. Der Innenminister kündigte den Einsatz von Hubschraubern und weiterer Kräfte der Armee an.

Die Staatsanwaltschaft in Carcassonne nahm ein Ermittlungsverfahren zur Brandursache auf. Es werde in alle Richtungen ermittelt, sagte eine Behördensprecherin. Auslöser des Brandes sind nach Vermutung des Premiers möglicherweise Arbeiten am Rande einer Straße gewesen sein.

Mehr als 16.000 Hektar Land wurden binnen eines Tages zerstört.

Mehr als 16.000 Hektar Land wurden binnen eines Tages zerstört.

(Foto: AFP/Lionel Bonaventure)

15 französische Kommunen sind von dem Feuer in den bergigen Corbières betroffen. Etliche Straßen wurden gesperrt. Auch ein Teil der Autobahn 9, die von Frankreich nach Spanien führt, konnte nicht befahren werden. Zahlreiche Menschen mussten ihr Zuhause verlassen, auch zwei Campingplätze wurden geräumt. Hunderte Anwohner mussten ihre Häuser verlassen und konnten auch heute nicht in ihre Dörfer zurückkehren. Alle anderen sollen auf Anweisung der Behörden zu Hause bleiben, solange sie keine weiteren Anweisungen von der Feuerwehr erhielten. Die Behörden riefen auch dazu auf, die Straßen für die Rettungskräfte freizuhalten.

"Es gibt wirklich nichts mehr"

Jean-Luc beklagte im Sender BFMTV sein von den Flammen befallenes Grundstück: "Es gibt wirklich nichts mehr". Andere müssen noch bangen. Hervé, der noch nicht genau wusste, wie es um sein Haus steht, sagte dem Sender: "Das ist ein ganzer Teil meines Lebens, der in Rauch aufgeht."

Besonders schlimm betroffen ist die kleine Gemeinde Jonquières. Bürgermeister Jacques Piraud sagte der Zeitung "Le Monde", 70 bis 80 Prozent der Kommune seien verbrannt. "Es ist irreal, schwarz, die Bäume sind komplett verkohlt." Die Trockenheit in der Gegend sei so hoch, dass die Nadelbäume, die an die Dörfer grenzten, wie Fackeln aufgingen.

Manchen Leuten brennt alles Hab und Gut ab.

Manchen Leuten brennt alles Hab und Gut ab.

(Foto: AFP/Idriss Bigou-Gilles)

"All' diese Brände - es ist dramatisch", sagte Aude Damesin aus dem Dorf Fabrezan im Brandgebiet. "Das ist furchtbar für die Tierwelt, für die Pflanzenwelt, für die Menschen, die alles verlieren."

In Saint-Laurent-de-la-Cabrerisse, wo die ältere Frau in ihrem Haus ums Leben kam, stand Bewohner David Cerdan vor seinem Haus, das wie durch ein Wunder von den Flammen verschont blieb, während sein Garten rundherum niederbrannte. "Ich bin vergleichsweise glimpflich davongekommen, bei mir gibt es nur Sachschaden", sagte der 51-Jährige.

EU-Krisenkommissarin Hadja Lahbib bot Frankreich Hilfe an. Die EU stehe bereit, bei der Mobilisierung von Feuerwehrleuten und Löschflugzeugen aus anderen Ländern zu helfen, schrieb sie am Mittwoch im Onlinedienst X.

Insgesamt brachen entlang der französischen Mittelmeerküste zwischen Sommeranfang und Ende Juli bereits rund 9000 Waldbrände aus und vernichteten mehr als 15.000 Hektar Vegetation. Besonders betroffen ist das Département Aude zwischen Narbonne und Carcassonne.

Feuer in weiteren Ländern

Zahlreiche Brände gab es auch in Portugal und in Italien kam es zu einzelnen Einsätzen. Auf der Insel Ischia musste am Dienstag ein Hotel vorsorglich evakuiert werden. Auf den Mittelmeerinseln Sardinien und Sizilien sowie auf dem Festland sind in den vergangenen Wochen ebenfalls mehrfach Brände ausgebrochen.

In Spanien sind wegen eines Waldbrandes unweit des beliebten Ferienortes Tarifa im Süden mehrere Hotels, Siedlungen und ein Campingsplatz geräumt worden. Laut einem Bericht der Zeitung "Diario de Cádiz" wurden am späten Dienstagabend insgesamt rund 1500 Menschen in Sicherheit gebracht.

Die Flammen waren am Dienstag gegen 16 Uhr mutmaßlich wegen eines in Brand geratenen Wohnmobils am Campingplatz La Torre de la Peña ausgebrochen, wie das Blatt unter Berufung auf die Feuerwehr schrieb. Die genaue Ursache sei aber noch unklar. Der starke Wind in der Region habe das Feuer rasch um sich greifen lassen, hieß es.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa/AFP

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