Panorama

Sechs Verbrechen aus Deutschland Interpol rollt Mordfälle an Frauen neu auf

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Mit einer neuen Kampagne wenden sich die Ermittler aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden an die Öffentlichkeit. Sie hoffen auf Hinweise zu 22 lange zurückliegenden Gewaltverbrechen gegen Frauen mit unbekannter Identität.

Ein Novembertag im Jahr 1988: Arbeiter stoßen im Spandauer Forst, einem Waldgebiet im Nordwesten Berlins, auf eine Frauenleiche. Tiere hatten die Grube aufgewühlt und einen Jutesack mit sterblichen Überresten zum Vorschein gebracht. Um den Hals des 25 bis 30 Jahre alten Opfers sind zwei kurze Kunststoffseile geknotet. Den Ermittlern ist klar: Die Frau wurde ermordet. Doch bis heute weiß niemand, wer sie ist.

Im Rahmen der Kampagne "Identify Me" bittet Interpol in 22 ungelösten Fällen aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien um Mithilfe. Zu diesem Zweck werden bislang unter Verschluss gehaltene Details und Bilder aus der Ermittlungsarbeit veröffentlicht. Die Morde liegen teils schon Jahrzehnte zurück, doch bei allen Opfern handelt es sich um Frauen, deren Identität unbekannt ist.

Das Gesicht der Toten aus dem Spandauer Forst wurde rekonstruiert. Die Frau litt vermutlich an einer zeitweisen Lähmung der linken Gesichtshälfte. Auf der Unterseite ihrer Armbanduhr ist die Zahlenfolge "22 9 82" eingraviert, dabei handelt es sich womöglich um ein Datum mit persönlichem Bezug. Rätsel gibt den Ermittlern auch ein abgerissenes Papierstück auf, das bei dem Opfer gefunden wurde. Darauf gestempelt: ein Abdruck des Bezirksamts Schöneberg, Beratungsstelle - Geschlechtskrankheiten.

1988 wurde der Leichnam einer jungen Frau in Berlin gefunden. Die Ermittler haben ihr Gesicht rekonstruiert.

1988 wurde der Leichnam einer jungen Frau in Berlin gefunden. Die Ermittler haben ihr Gesicht rekonstruiert.

Aus Deutschland werden noch fünf weitere Kriminalfälle beleuchtet, etwa der einer 2001 in Köln entdeckten mumifizierten Toten oder der Fund einer Wasserleiche 2002 in Bremen. "Die meisten der 22 Opfer starben gewaltsam, einige wurden auch missbraucht oder verhungerten, bevor sie starben. Die Identität der Frauen ist noch nicht geklärt, auch weil sie wahrscheinlich aus anderen Ländern stammen als dem, in dem sie gefunden wurden", sagen Carina van Leeuwen und Martin de Wit von der niederländischen Polizei, die die Fahndung initiierten. Es sei möglich, dass die Toten gezielt in Belgien, den Niederlanden oder Deutschland zurückgelassen wurden, um die Ermittlungen zu behindern.

Identität "ist oft der Schlüssel"

"Wir möchten betonen, dass wir nach Namen suchen", sagt Carolien Opdecam von der belgischen Polizei. "Die Identität des Opfers ist oft der Schlüssel, um die Geheimnisse eines Falles zu entschlüsseln." Da man davon ausgehe, dass einige der ermordeten Frauen aus bestimmten Regionen Osteuropas stammten, könne die Identifizierung der Opfer auch Hinweise auf die Täter liefern.

Der Fokus auf Frauen sei bewusst gesetzt, um den Aufruf "klar zu definieren", sagt ein Sprecher des Bundeskriminalamts ntv.de. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, "zu einem späteren Zeitpunkt anders gelagerte Fälle in etwaige Nachfolgekampagnen mit aufzunehmen", sollte es zu Ermittlungserfolgen kommen. Auch eine Ausweitung von "Identify Me" auf weitere Länder sei denkbar.

Unterstützt wird die Kampagne von der TV-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein und der früheren Boxweltmeisterin Regina Halmich. Sie wolle den namenlosen Frauen ihre starke Stimme geben, sagt Halmich. "Helfen wir, sie zu erkennen und sie nach Hause zu bringen."

Weitere Informationen zu allen sechs deutschen Fällen finden Sie auf der Webseite des Bundeskriminalamts.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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