Als "Instrument" gedient Israel zeigt Eichmanns Gnadengesuch
27.01.2016, 14:02 Uhr
Adolf Eichmann wird während des gesamten Prozesses schwer bewacht, aus Furcht, er könnte Selbstmord begehen.
(Foto: dpa)
Adolf Eichmann ist einer der Hauptverantwortlichen für die Deportation und Ermordung von Juden im Zweiten Weltkrieg. Jetzt veröffentlicht Israel sein Gnadengesuch. Darin bestreitet Eichmann jegliche Schuld.
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Hinrichtung von Adolf Eichmann hat Israel das Gnadengesuch des deutschen NS-Verbrechers veröffentlicht. Anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages wurde das handschriftliche und bislang als geheim eingestufte Dokument an diesem Mittwoch im Amtssitz des israelischen Präsidenten Reuven Rivlin vorgestellt. Israels damaliger Präsident Izchak Ben Zvi hatte das Gnadengesuch abgelehnt, Eichmann wurde 1962 hingerichtet.
Der einstige SS-Obersturmbannführer Eichmann hatte ab 1939 im Reichssicherheitshauptamt als Leiter der zuständigen Gestapo-Abteilung die Deportation der europäischen Juden in die Vernichtungslager koordiniert. Er wurde 1960 von israelischen Agenten in Argentinien aufgespürt und nach Israel entführt. Dort wurde er zum Tode verurteilt.
Der Inhalt des Gnadengesuchs war nach Angaben eines Sprechers Rivlins bereits bekannt, das Dokument selbst aber wurde nie veröffentlicht. Wie nun im Wortlaut nachzulesen ist, schrieb Eichmann in seinem auf Deutsch verfassten Gnadengesuch an den damaligen Staatschef Jizchak Ben-Zvi, den Richtern sei in der Beurteilung seiner Person ein entscheidender Irrtum unterlaufen.
"Ein Instrument, kein verantwortlicher Führer"
Er sei kein "verantwortlicher Führer" gewesen, was schon sein Dienstrang beweise, schrieb der Protokollführer der Wannseekonferenz weiter. Er habe unter Zwang als "Instrument" gedient und fühle sich "daher nicht schuldig". Auf der Wannseekonferenz wurde 1942 die "Endlösung der Judenfrage" beschlossen, die zur Ermordung von sechs Millionen Menschen führte.
Eichmann bat Ben-Zvi abschließend, "anzuordnen, dass das Todesurteil nicht vollstreckt wird". Säuberlich unterzeichnet ist das Schreiben mit "Adolf Eichmann, Jerusalem, den 19.5.1962". Zwei Tage später wurde Eichmann mit dem Strang hingerichtet.
In digitaler Form veröffentlicht und im Original den Medien vorgestellt wurden am Mittwoch auch Gnadengesuche von Eichmanns Frau Vera und seiner fünf Brüder. Publiziert wurden zugleich die Rückweisung des Gesuchs durch Ben-Zvi in einem Brief an Justizminister Dov Josef, dessen handgeschriebene Begutachtung sowie Eichmanns Berufungsantrag an das Oberste Gericht und Notizen des Chefanklägers Gideon Hausner für sein Eröffnungsplädoyer.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa