Panorama

Aus der Schmoll-Ecke Jemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen, um das Stadtbild zu verändern

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Bundeskanzler Friedrich Merz - ein Mann vieler Worte.

Bundeskanzler Friedrich Merz - ein Mann vieler Worte.

(Foto: REUTERS)

Natürlich gibt es die Schattenseiten der Einwanderung. Aber wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Denn vor ihm steht ein großer Elefant, der schön ignoriert wird. Und wer sagt, da ist ein Elefant, wird zum Schwein erklärt.

Sollten Sie mich nicht kennen: Gestatten, ich bin ein Sehr-Gutmensch von edlem Gemüt und der beste Kolumnist der Welt. Falls Sie jetzt protestierend aufheulen und mich des Größenwahns zeihen: Fragen Sie Ihre Kinder, fragen Sie Ihre Töchter, fragen Sie im Freundes- und Bekanntenkreis herum. Man wird es Ihnen bestätigen. Oder auch nicht. Vielleicht habe ich das Richtige gemeint, aber mich missverständlich ausgedrückt. Das passiert in diesen aufgeregten Zeiten. Immer wieder.

Können Sie sich noch an König Olaf den Vergesslichen erinnern? Ich habe ihn weitgehend aus dem Gedächtnis verdrängt. Woran ich mich erinnere: Er war ein Meister im Schweigen, eine der wenigen Sachen, die er perfekt beherrschte – neben Atmen und Laufen. Er ist mir extrem auf die Nerven gegangen mit seiner ewigen Wortlosigkeit, erst recht, wenn er es mit dem stoischen Blick eines Beamten auf dem Nachhauseweg oder gar mit schlumpfhaftem Grinsen kombinierte.

Nun haben wir einen neuen König von Deutschland: Friedrich der Schwatzhafte. Er tut das, was sein Vorgänger nicht vergönnt war. Er redet und redet (zu viel) und meint das alles gar nicht so. Oder doch. Man weiß es nicht. Vielleicht hat er das Richtige gemeint, aber sich missverständlich ausgedrückt. Ein Potentat, der nicht klar rüberbringen kann, was er meint, eröffnet Interpretationsspielräume mindestens so groß wie das Universum. Also rein in den Raumanzug und ab ins ALL. ALLe reden mit. Von dem Mars bis an die Elbe. Lang lebe das Land der Dichter, Denker und ALLwissenden!

Hoffnungsträger CDU

Zurück zu dem bedrohten Fleck, den wir Erde nennen. Auf ihr zieht die Karawane der Rechtschaffenen weiter. Eben noch riefen die, die zu den Betroffenen halten oder selbst Betroffene sind: "Wir sind die Palästinenser". Nun skandieren sie: "Wir sind das Stadtbild" oder auch: "Wir sind die Töchter." Und das vor den Toren der CDU, der neuen Feindin der Demokratie. Auch wenn die CDU gerade die einzige Partei ist, die einigermaßen das Zeug hat, den Siegeszug der AfD zu stoppen.

Die SPD hält zu König Friedrich, den sie schließlich mit auf den Thron gehoben hat, wenn auch erst im x-ten Anlauf. "Mit diesen A*löchern von der CDU kann man nicht regieren!" Schrieb wer? Ein Linker? Genau, ein linker SPD-Kommunalpolitiker in den a-sozial-demokratisch-en Medien. Ein famoser Gedanke, denn ein Austritt der SPD aus der Koalition würde zu einer Minderheitsregierung oder einer Neuwahl führen, die die AfD glatt gewinnen wird. Dann wären wir dort, wo die Franzosen längst sind und die Italiener waren, bis sie die "Postfaschistin" (Zitat aus vielen Medien, die sich für Betroffene stark machen) zur Regentin gekürt haben.

Natürlich hat der tapfere Streiter gegen die Arschlöcher in der Politik seinen Post gelöscht, da er kein Post-Faschist ist, sondern ein Post-Löscher voller Liebe und Herz. Denn wir wissen, dass seine Partei, die SPD, für Toleranz steht und wirbt, gerne zu maßvoller Sprache in der politischen Auseinandersetzung aufruft, weil das verbale Gemetzel schneller zu körperlicher Gewalt umschlägt, als – es folgt eine gekonnte Überleitung - ein Drogendealer im Görlitzer Park ausverkauft ist.

Ein halber Tag "Görli"

Im Sommer war ich für eine Reportage in der Grünanlage, die zum Symbol staatlicher Hilflosigkeit unseres wunderbaren Landes geworden ist. Jemand hat die Absicht, eine geschlossene Mauer zu bauen. Um den "Görli" herum. Und um das Stadtbild zu verändern. Der Zaun und die nächtliche Schließung werden nichts bringen. Aber nichts tun, bringt auch nichts. Ich hatte kaum das Tor zum Park durchschritten, da fragte mich ein Schwarzer: "Was suchst du?" Und: "Ich habe gute Sachen." Eis? Cocktails? Golfschläger? Immobilien? Einen Eingang weiter pries ein weiterer Schwarzer seine Ware als "sehr gut" an. Da ich groß bin und gerne durch Berlin mit einer roten MAGA-Mütze laufe – ersteres stimmt, zweiteres war ein Witz, wäre in Kreuzberg auch lebensgefährlich - schob er ein "very good" nach.

Ich dachte zuerst: Scheiße, ich sehe wie jemand aus, der Drogen braucht. So tief bin ich also gesunken. Und: Scheiße, wie soll die Polizei hier agieren, ohne sich des Vorwurfs des Racial Profilings auszusetzen? Das ist unmöglich. Trotzdem hatte irgendwer "Stopp Racial Profiling" auf einen der asphaltierten Wege gemalt. Würden die "Bullenschweine", wie man die Beamten in Kreuzberg gerne nennt, versuchen, den Appell konsequent umzusetzen und niemanden mehr mit dunkler Hautfarbe auf Verdacht kontrollieren, müssten sie ihre Arbeit einstellen.

Ich war davor Ewigkeiten nicht mehr im "Görli". Nun empfand ich den Ort als traurig und befremdlich, da dort Hipster Sport trieben und ein paar Schritte weiter menschliche Wracks vor sich hin dämmerten oder sich wie defekte Roboter bewegten, die keine Kontrolle über ihr Tun haben. Skurril war in meinen Augen auch, dass Dealer, alle definitiv keine Bio-Deutschen, gemütlich plaudernd auf ollen Stühlen saßen und auf Kunden warteten, während der Berliner Senat Hunderttausende Euro für einen Zaun ausgibt, der nichts verändern wird. Die Szene – das zeigt sich schon – verschiebt sich um einige Häuserecken weiter. Die Grünen haben recht, wenn sie von "Symbolpolitik" reden. Und die CDU hat recht, dass man es nicht so laufen lassen kann. Der Staat ist hier faktisch am Ende mit seinem Latein.

Ich lief also einen halben Tag durch den Park und seine Umgebung, bewunderte "Free Gaza"-Schmierereien sowie Sperrmüll aller Art - der neuste Trick ist, "Zu verschenken"-Schilder danebenzustellen, um den Frevel als Großzügigkeit zu tarnen. Das gehört alles zum Berliner Stadtbild. Und anderswo? Alles in Ordnung? Können wir darüber reden? Tun wir ja. Sonst würde es den Zaun um den "Görli" nicht geben. Aber können wir aufhören, jede Debatte über so gut wie jedes Thema mit Nazi-, Rassisten-, Öko-Faschisten- und sonstigen total überzogenen Vorwürfen und Pauschalurteilen abzuwürgen, nur um nicht zu sehen, was unübersehbar ist.

Ein Berliner SPD-Politiker schrieb öffentlich: "2025 bedient sich ein deutscher Bundeskanzler einer einfachen faschistoiden Methode: Die Menschen glauben machen, dass nicht-weiße Menschen eine Gefahr sind für ihre weißen Töchter. Das ist sehr nahe an dem, was das NS-Regime propagandistisch aufgezogen hat gegen Juden wie auch Sinit&Roma im sog. Dritten Reich." Und: "Das ist fahrlässig & gefährlich!"

Ich würde sagen: So etwas über einen König zu sagen, ist fahrlässig und gefährlich. In Baden-Württemberg kommt die CDU in Umfragen auf 30, die AfD auf 20,5, die Grünen auf 18,5 und die SPD auf 10,5 Prozent. In Sachsen-Anhalt liegt die AfD mit 40 Prozent vorn, gefolgt von der CDU mit 26. Die SPD schafft noch sechs Prozent, die Grünen drei. Das hat auch mit einzelnen Stadtbildern zu tun. Aber wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Denn vor ihm steht ein großer Elefant, der schön ignoriert wird. Und wer sagt, da ist ein Elefant, wird zum Schwein erklärt.

Quelle: ntv.de

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