Panorama

"Jetzt haben wir alles verloren" Kabuler Hochschulen verwehren Frauen Zutritt

Mehrere in Hidschab gekleidete Frauen versammelten sich in Kabul in der Nähe von Universitäten, deren Tore verschlossen blieben.

Mehrere in Hidschab gekleidete Frauen versammelten sich in Kabul in der Nähe von Universitäten, deren Tore verschlossen blieben.

(Foto: REUTERS)

Nur einen Tag, nachdem die Taliban verkünden, Frauen von Hochschulen ausschließen zu wollen, entfaltet das Verbot seine Wirkung: Sicherheitskräfte positionieren sich vor Kabuler Universitäten und verwehren Studentinnen den Einlass. Das werde verheerende Folgen für das Land haben, mahnen die UN.

Einen Tag nach dem Hochschulverbot für Frauen in Afghanistan haben bewaffnete Sicherheitskräfte Hunderten Studentinnen den Zugang zu Universitäten in Kabul verwehrt. "Wir sind am Ende, jetzt haben wir alles verloren", sagte eine junge Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte, in der afghanischen Hauptstadt. Das Verbot der radikalislamischen Taliban löste weltweit Empörung aus.

"Sie wollen, dass Frauen zu Hause bleiben und Kinder kriegen. Das ist alles, mehr sollen sie nicht", sagte die 21 Jahre alte Setara Farahmand, die deutsche Literatur studiert. Die Taliban wollten die Frauen "abschaffen", sagte sie. Männliche Kommilitonen in Kabul zeigten sich solidarisch. "Es zeigt nur, wie ungebildet sie sind, und wie wenige Ahnung sie vom Islam und Menschenrechten haben", sagte ein Student über die Taliban, die am Vortag das Verbot öffentlich gemacht hatten.

Mehrere in Hidschab gekleidete Frauen versammelten sich in Kabul in der Nähe von Universitäten, deren Tore verschlossen blieben. Die meisten Hochschulen haben derzeit Winterferien, waren bisher aber für Personal und Studierende zugänglich. Der afghanische Hochschulminister hatte am Dienstag alle staatlichen und privaten Universitäten angewiesen, "den genannten Erlass für die Suspendierung von Bildung für Frauen bis auf Weiteres umzusetzen". Ein Ministeriumssprecher hatte das Verbot bestätigt.

UN reagieren "zutiefst beunruhigt"

US-Außenminister Anthony Blinken drohten den Taliban mit Konsequenzen. "Die Taliban können nicht damit rechnen, anerkannte Mitglieder der Staatengemeinschaft zu werden, bis sie die Rechte aller Menschen in Afghanistan anerkennen", sagt er. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst beunruhigt". Die Verweigerung von Bildung verstoße nicht nur gegen die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen, sondern werde auch verheerende Auswirkungen auf die Zukunft des Landes haben, erklärte sein Sprecher.

Zurückhaltender äußerte sich der pakistanische Außenminister Bilawal Bhutto Zardari. Er sei von der Entscheidung "enttäuscht", sagte er während eines Besuchs in Washington. Allerdings gebe es keine Alternative zu den Taliban, es sei wichtig, die Region nicht zu destabilisieren. Vor weniger als drei Monaten hatten Tausende Mädchen und Frauen im ganzen Land Aufnahmeprüfungen für Universitäten absolviert. Viele von ihnen wollten Lehramt oder Medizin studieren.

Taliban verdrängen Frauen aus Alltag

Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im August 2021 sind die Rechte der Frauen an Universitäten bereits drastisch beschnitten worden: Sie mussten getrennte Eingänge benutzen, durften nicht gemeinsam mit den männlichen Studierenden in Hörsälen sitzen und durften nur noch von Frauen oder alten Männern unterrichtet werden.

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Im März hatten die Taliban den Mädchen am Tag des Schulbeginns den Zugang zur Sekundarstufe verboten. Seitdem wurden viele weibliche Jugendliche verheiratet, oft mit deutlich älteren Männern, um ihre Versorgung zu sichern. Viele Frauen haben außerdem ihre Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung verloren. Sie dürfen auch nicht mehr ohne männliche Begleitung reisen und müssen in der Öffentlichkeit ihr Gesicht verschleiern.

Seit November dürfen sie keine Parks, Vergnügungsparks, Sportstudios und Schwimmbäder mehr besuchen. Die radikalislamischen Taliban hatten bei ihrer erneuten Machtübernahme zunächst angekündigt, weniger hart vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Inzwischen aber wird die Miliz immer radikaler.

Quelle: ntv.de, lno/AFP

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