"Nicht schnell genug reagiert" Kekulé hält Lockdown für zu kurz angesetzt
23.06.2020, 20:07 Uhr
Bis zum 30. Juni sollen die Einschränkungen im Kreis Gütersloh gelten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies wird das öffentliche Leben im Kreis Gütersloh wieder heruntergefahren. Eine Woche soll das Land im Lockdown verbringen - viel zu kurz, warnt Virologe Kekulé und wirft den Behörden Fahrlässigkeit vor.
Wegen des massenhaften Corona-Ausbruchs beim Fleischkonzern Tönnies wurde für den Landkreis Gütersloh ein einwöchiger Lockdown verhängt. Aus Sicht des Virologen Alexander Kekulé ist dieser aber zu kurz angesetzt: Es dauere in der Regel zwei Wochen, bis bei allen Infizierten Symptome aufgetreten seien, sagte Kekulé im Podcast von "MDR Aktuell". Im schlimmsten Fall würden die Einschränkungen am 30. Juni wieder aufgehoben, und erst danach werde klar, wie viele Menschen sich tatsächlich angesteckt hätten.
Er gehe nicht davon aus, "dass man den Lockdown nach einer Woche wieder beenden können wird", betonte Kekulé auch mit Blick auf die Zeit, welche die Behörden für Testungen und Auswertungen benötigten. "Darum hätte ich zwei Wochen von Vornherein angesagt", sagte der Lehrstuhlinhaber an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Kekulé warf den Behörden in Nordrhein-Westfalen auch vor, nach Bekanntwerden des neuen Infektionsherds nicht schnell genug reagiert zu haben. Man dürfe einen Landkreis zudem "nicht mit Ankündigung" abriegeln, sagte der Virologe. "Wenn man das vorher sagt, dann sind ganz viele Leute raus aus der Region." Zu befürchten sei, "dass wirklich viele Mitarbeiter vorzeitig Gütersloh und die Fabrik verlassen haben und das Virus jetzt in der Republik irgendwo oder in benachbarte Städte weitergetragen haben".
Am Vormittag hatte Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet die Wiedereinführung der strengen Kontaktbeschränkungen und Schließungen von Restaurants sowie Kultur- und Sportstätten im Landkreis Gütersloh bekannt gegeben. Die Einschränkungen sollen bis zum 30. Juni gelten. Hintergrund ist der massive Corona-Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Dort wurden mehr als 1550 Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet.
Quelle: ntv.de, lri/AFP