Panorama

Mit dem Coronavirus angesteckt? "Künstler" zwingt Passagierjet zur Landung

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Kein Coronavirus-Fall an Bord: Die grob irreführenden Angaben eines Passagieres ziehen ernste Konsequenzen nach sich.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Zwischenfall an Bord eines Linienfliegers auf dem Weg nach Jamaika: Zwei Stunden nach dem Start verkündet ein Mann seinen Mitreisenden, dass er in China war und mit dem Coronavirus infiziert sei. Die Maschine dreht über Florida um und kehrt zurück nach Kanada.

Ein vermeintlicher Virus-Fall an Bord eines Linienflugs von Kanada in die Karibik hat über die Landesgrenzen hinaus großes Aufsehen ausgelöst. Die Piloten brachen den Flug nach Montego Bay auf Jamaika rund zwei Stunden nach dem Start in Toronto ab und flogen zurück, wie die kanadische Polizei mitteilte.

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James P., hier ein Standbild aus dem Video-Interview von "Global News".

(Foto: © GlobalNews.ca)

Knapp vier Stunden nach Beginn der Reise setzte die Maschine der Fluggesellschaft Westjet mit rund 243 Menschen an Bord wieder wohlbehalten am Flughafen der kanadischen Millionenstadt auf. Auslöser des Zwischenfalls war ein Passagier, der sich selbst als erkrankt bezeichnet hatte.

Ein junger Mann sei während des Flugs aufgestanden und habe die Flugreisenden um Aufmerksamkeit gebeten, berichteten Augenzeugen. Er sei kürzlich in China gewesen und habe sich dort mit dem Coronavirus angesteckt, verkündete er zum Entsetzen seiner Mitreisenden. Flugbegleiter meldeten den Vorfall umgehend ins Cockpit.

Die Besatzung von Flug WS-2702 habe daraufhin die für solche Szenarien vorgesehenen Schutzmaßnahmen eingeleitet, erklärte ein Westjet-Sprecher. Der Mann wurde vorsorglich als ansteckender Infektionsfall behandelt. Flugbegleiter statteten ihn mit Mundschutz und Handschuhen aus und forderten ihn auf, im hinteren Teil des Flugzeugs Platz zu nehmen. Dort blieb er bis zur Landung von den übrigen Passagieren isoliert. Die Piloten entschieden sich in Absprache mit der Fluglinie für einen Abbruch der Reise.

"Ich bin Künstler"

Zum Zeitpunkt des Vorfalls befand sich Flug WS-2702 über dem US-Bundesstaat Florida. Der Flugkapitän informierte die Reisenden, dass sie aufgrund des Vorfalls weder am geplanten Flugziel auf Jamaika noch an einem der nahegelegenen Flughäfen in den USA landen könnten. Die Maschine musste die gesamte bereits zurückgelegte Strecke bis nach Kanada zurückfliegen.

Später stellte sich heraus, dass der Mann offenbar im Scherz gehandelt hatte. Wie Mitreisende berichteten, soll er sich bei seiner Ankündigung im Flugzeug selbst gefilmt haben. Nach der Ankunft in Toronto wurde er von Sanitätern in Empfang genommen und noch am Flughafen gründlich untersucht. Hinweise auf eine Erkrankung fanden sich nicht. Ein Coronavirus-Test blieb ohne Ergebnis.

Recherchen des RTL/ntv Verifizierungsnetzwerks identifizierten ihn als 29-jährigen Kanadier namens James P. Einen größeren Bekanntheitsgrad kann der nach eigenen Angaben "aufstrebende Künstler" demnach nicht vorweisen. Auf Plattformen wie Youtube, Instagram oder Soundcloud verfügt er bislang zusammengenommen über weniger als 240 Follower.

Die Behörden setzten den Mann unter Auflagen auf freien Fuß. Vor Journalisten räumte er nach seiner Befragung durch die Polizei ein, dass er bewusst falsche Angaben gemacht hatte. "Ich bin Künstler", sagte er ins Mikrofon des kanadischen TV-Senders "Global News". Er habe ein "virales Video" für die sozialen Netzwerke drehen wollen. "Jede Publicity für mich ist gute Publicity", erklärte er.

"Sie haben mich angezeigt"

Jetzt muss er sich eine Reihe ernster Fragen gefallen lassen. Sein fragwürdiges Vorhaben, das unter seinen Mitreisenden einiges an Unbehagen auslöste, könnte zudem noch sehr teuer werden: Zahlreiche Reisende verpassten durch den verpatzten Flug einen Teil ihres Karibikurlaubs. Infolge der Aktion fielen insgesamt zwei Flüge aus. Westjet entschuldige sich bei allen betroffenen Passagieren und kündigte eine Extra-Verbindung nach Jamaika an. Ob es Schadenersatzforderungen aus den Reihen der Passagiere oder von Seiten der Airline geben wird, ist noch offen.

Die Aktion zieht zudem auch juristische Konsequenzen nach sich: Der aus einem Vorort von Toronto stammende Mann muss sich für seine Tat vor Gericht verantworten. Die Behörden werfen ihm unter anderem Störung der öffentlichen Ordnung vor. "Sie haben mich angezeigt", bestätigte er. Zugleich gestand er ein, dass er einen Fehler gemacht habe. "Im Endeffekt habe ich die Flugreise nach Jamaika für alle an Bord ruiniert", sagte er. "Das bedauere ich sehr."

Quelle: ntv.de, mmo

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