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Letzter Ausweg Karlsruhe Länder klagen gegen strenge Regeln im Umgang mit Frühchen

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Die Länder fürchten, dass diese Vorgabe zu Versorgungsengpässen führt. Der Gemeinsame Bundesausschuss greift damit in die Verantwortung der Länder ein und hebt diese auf.

Die Länder fürchten, dass diese Vorgabe zu Versorgungsengpässen führt. Der Gemeinsame Bundesausschuss greift damit in die Verantwortung der Länder ein und hebt diese auf.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit 2024 regelt eine verordnete Krankenhausplanung die Versorgung von Frühchen. Dagegen klagen nun drei Bundesländer. Sie fühlen sich in ihrer Verantwortung übergangen. Denn es gibt noch weitere strenge Vorgaben.

Die Länder Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sehen ihre Rechte bei der Krankenhausplanung angegriffen und ziehen deswegen vor das Bundesverfassungsgericht. Man habe eine Klage eingereicht und wolle erreichen, dass Karlsruhe die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfe, teilten die Gesundheitsminister der drei Bundesländer mit.

"Die Klage sehen wir als notwendiges letztes Mittel, um die verbriefte Hoheit der Länder bei der Krankenhausplanung gegen wiederholte Eingriffe des G-BA zu schützen", sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha.

Kritik an Frühchenversorgung

Konkret stören sich die drei Bundesländer unter anderem an Vorgaben des Ausschusses zur Versorgung sehr kleiner Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm. Seit 2024 bekommen Kliniken die Behandlung dieser Kinder nur noch von den Kassen vergütet, wenn sie jährlich bestimmte Mindestmengen an Patienten vorweisen können.

Die Länder fürchten, dass diese Vorgabe zu Versorgungsengpässen führt. Der G-BA greife damit in die Verantwortung der Länder ein und hebele diese praktisch aus. "Es kann nicht die Einhaltung starrer Grenzen für die Erfüllung von Mindestmengen maßgebend sein, wenn es darum geht, eine flächendeckende Versorgung von Frühgeborenen sicherzustellen", sagte Lucha.

Kritisch sehen die Länder außerdem Vorgaben für Stammzellentransplantationen, Personalvorgaben für stationäre Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik sowie komplizierte Vorgaben, wenn die Länder Ausnahmeregelungen von den Vorgaben erteilen wollen.

Routine entscheidet über Leben und Tod

Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, widerspricht: "Wir sprechen hier nicht über Notfalloperationen, sondern über planbare, komplexe Interventionen, bei denen es einen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen der Anzahl der durchgeführten Behandlungen, Interventionen und der Ergebnisqualität gibt." In diesen Fällen zahle sich Routine aus, sie könne nicht durch Strukturvorgaben ersetzt werden.

"Gerade bei der Versorgung von untergewichtigen Frühgeborenen hat die Zahl der behandelten Frühchen unmittelbaren Einfluss auf die Sterberate und das Maß späterer Beeinträchtigungen. Für mich steht fest: Qualität ist nicht verhandelbar", sagte Hecken. Mit der Krankenhausplanung habe dies nichts zu tun.

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das höchste Beschlussgremium im deutschen Gesundheitswesen. Er bestimmt in Form von Richtlinien, welche medizinischen Leistungen die circa 73 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen können.

Quelle: ntv.de, mwa/dpa

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