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Geiselnahme toppt Klimablockade Luftfahrtexperte: Deutsche Flughäfen sind nicht sicher

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Am Sonntag fielen mindestens 213 der insgesamt 286 geplanten Flüge aus.

Am Sonntag fielen mindestens 213 der insgesamt 286 geplanten Flüge aus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mehr als 18 Stunden dauert der Verhandlungsmarathon am Hamburger Flughafen, ehe der Geiselnehmer aufgibt. Zum Wochenstart nimmt der Flughafen seinen Betrieb wieder "weitestgehend normal" auf. Dass der Geiselnehmer aufs Flugfeld vordringen konnte, wirft Fragen auf.

Am Hamburger Flughafen müssen sich Reisende einen Tag nach dem Ende der Geiselnahme nach wie vor auf Einschränkungen einstellen. Zum Wochenstart werde mit "weitestgehend Normalbetrieb" gerechnet, teilt der Flughafen mit. Vereinzelt könnten aber weiter auch Flüge gestrichen werden oder sich verzögern. Ein türkischer Geiselnehmer hatte am Sonntagnachmittag nach einem mehr als 18-stündigen Verhandlungsmarathon aufgegeben, Spezialkräften der Polizei seine vier Jahre alte Tochter körperlich unverletzt übergeben und ließ sich widerstandslos festnehmen.

Der Mann hatte seine Tochter am Samstag aus der Wohnung der Mutter im niedersächsischen Stade entführt und war mit ihr in einem Auto in Richtung Hamburg geflüchtet. Am Nordtor des Flughafens durchbrach er mit dem Fahrzeug eine mit Schranken gesicherte Zufahrt und fuhr bis auf das Flugfeld zu einer abflugbereiten Maschine. Dabei habe er Schüsse aus einer Waffe abgegeben und zwei Brandsätze gezündet, die nach Polizeiangaben aber schnell gelöscht werden konnten.

920 Beamte im Einsatz

Hintergrund der Tat ist laut Polizei ein Sorgerechtsstreit zwischen dem in Buxtehude (Landkreis Stade) lebenden Mann und seiner 39 Jahre alten Ex-Frau. Schon 2022 sei er mit der Tochter unberechtigt in die Türkei gereist. Damals sei bereits wegen des Verdachts der Entziehung Minderjähriger gegen ihn ermittelt worden, was schließlich zu einer Verurteilung zu einer Geldstrafe geführt habe.

Der Betrieb des Flughafens war am Samstagabend umgehend eingestellt worden. Flughafen und Terminals wurden evakuiert, der gesamte Bereich blieb weiträumig abgesperrt. Zahlreiche Passagiere mussten die Nacht in einem Flughafen-Hotel verbringen. "Für die Fluggäste bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr", bilanzierte die Polizei. Insgesamt waren rund 920 Beamte aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und der Bundespolizei im Einsatz.

Nach dem Ende der Geiselnahme wurde am späten Sonntagnachmittag der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Mindestens 213 der insgesamt 286 geplanten Flüge waren laut Airport zuvor gestrichen worden. Für diesen Montag sind 152 Starts und 162 Landungen geplant. Aufgrund der langen Sperrung müsse auch weiter mit vereinzelten Streichungen oder Verzögerungen gerechnet werden, heißt es in einer Mitteilung des Flughafens. "Daher werden Fluggäste und Abholende gebeten, sich laufend über den aktuellen Status ihres Fluges zu informieren und bei Bedarf ihre Airline oder den Reiseveranstalter zu kontaktieren."

Wie (un)sicher sind Flughäfen?

Die Tat rückt die Sicherheit am Hamburger Flughafen erneut in den Fokus. Im Juli legten Klimaaktivisten der Letzten Generation den Airport für Stunden lahm, nachdem sie ein Loch in den Zaun geschnitten hatten und bis aufs Flugfeld vorgedrungen waren. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert verstärkte Maßnahmen. "Es ist nur schwer vermittelbar, dass etwa Weihnachtsmärkte mit Betonbarrikaden gesichert werden, und unsere Flughäfen werden als Hochsicherheitsbereiche von Betreibern stiefmütterlich behandelt", sagte DPolG-Bundesvize Heiko Teggatz.

Der Hamburger Flughafen sei nicht sicher und andere Airports in Deutschland auch nicht, sagte der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem "Spiegel". Flughäfen seien seit Jahrzehnten als bevorzugte Angriffsziele für Terroristen bekannt. Auf den Vorfeldern stünden Maschinen mit Zehntausenden Litern Kerosin im Bauch und Hunderten Passagieren an Bord.

Großbongardt nannte die Flughafenbetreiber und Behörden daher "unfassbar naiv". Trotz der Geiselnahme sieht der Flughafen Hamburg keine Versäumnisse bei der Sicherung des Airports. "Die Sicherung des Geländes entspricht allen gesetzlichen Vorgaben und übertrifft diese größtenteils", sagte eine Sprecherin.

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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