Beweisnot bei den Ermittlungen?Mutter von getötetem Fabian fühlt sich von Polizei "alleingelassen"
Anna Kriller
Im Oktober wird der achtjährige Fabian aus Güstrow getötet. Anfang November wird eine Frau unter Tatverdacht festgenommen, nun folgt ein Zeugenaufruf der Polizei. Fabians Mutter fühlt sich dennoch im Stich gelassen.
Sechs Wochen nach dem gewaltsamen Tod des achtjährigen Fabian aus Güstrow scheinen entscheidende Beweise weiterhin zu fehlen. Ein am Donnerstag von der Polizei veröffentlichter Zeugenaufruf zu dem beschlagnahmten orangefarbenen Range Rover soll nun weitere Informationen liefern. Auch Fabians Mutter Dorina L. wird immer wieder zum 10. Oktober, dem Tag von Fabians Verschwinden, befragt, sagt sie im Interview mit RTL/ntv. Neue Fragen würden ihr dabei nicht gestellt. "Es fühlt sich einfach alleingelassen an von der Polizei. Natürlich machen die und tun die. Aber für mich selber passiert da nichts."
Laut dem Kriminalexperten Axel Petermann geht es für die Ermittler nun darum, bisherige Indizien mit Beweisen zu untermauern. "In einem Strafverfahren ist es so, dass Staatsanwaltschaft und Polizei einem Verdächtigen, einem Beschuldigten nachweisen müssen, dass diese Person das Verbrechen auch tatsächlich begangen hat." Aus diesem Grund suche die Polizei gerade vermutlich nach zwei Arten von Beweisen. Zum einen handele es sich hierbei um Sachbeweise, also konkrete Spuren, die auf eine Person als Täter oder Täterin hinweisen. Zum anderen suche man nach Zeugenaussagen, die untermauern sollen, dass eine verdächtige Person zu einem bestimmten Zeitpunkt an bestimmten Orten gewesen ist.
"Es ist eine Kombination, um sagen zu können, momentan haben wir vielleicht nur Indizien, die darauf hindeuten, dass diese Person für die Tat verantwortlich ist. Aber durch Aussagen von Zeugen, durch Beobachtungen, die diese Personen gemacht haben, können wir näher verifizieren, dass diese Person auch zu der Zeit an dem Ort gewesen ist, als sich das Verbrechen ereignet hat", erklärt Petermann. Aufgrund der Ermittlungen müsse wirklich klar werden, dass diese Person dringend tatverdächtig ist, das Verbrechen begangen zu haben. "Dafür braucht man Beweise, da reichen keine Indizien aus. Das führt sonst vielleicht dazu, dass sich der bestehende dringende Tatverdacht in der Hauptverhandlung auflöst und die Vorwürfe haltlos sind."
Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft
Seit Anfang November sitzt eine Frau wegen des dringenden Tatverdachts, Fabian getötet zu haben, in Untersuchungshaft. Nach Informationen von RTL/ntv handelt es sich dabei um Gina H., die Ex-Freundin von Fabians Vater. Dass die 29-Jährige wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wird, ist momentan eine große Sorge von Fabians Mutter und ihrer Freundin, wie sie im Interview sagen. "Das wäre jetzt unsere größte Angst, dass sie nach all den Sachen, die schon vorliegen, tatsächlich wieder rauskommen könnte."
"Ein dringender Tatverdacht ist nicht an den Haaren herbeigezogen", erklärt Petermann, dieser sei vom Vorermittlungsrichter bestätigt worden. Dennoch sei es wichtig, dass ausreichend Beweise vorliegen, um ein Verbrechen in der Verhandlung nachzuweisen. Dass dies manchmal schwierig sein könne, zeigen Fälle wie das Verschwinden von Madeline McCann und Rebecca Reusch. In beiden Fällen seien Mädchen seit Jahren verschwunden, in beiden Fällen gebe es Tatverdächtige, doch in keinem wurde eine Anklage erhoben. Das Problem bei der Tatverdächtigen im Fall Fabian sei demnach: "Sollte sie freigesprochen werden in einem Prozess, könnte sie wegen desselben Verbrechens nicht noch einmal angeklagt werden. Und das ist etwas, was man sich natürlich vonseiten der Anklagebehörde auch immer überlegt."
Bis es zu einer Anklage komme, könne es also durchaus noch etwas dauern, so der Kriminalexperte. "Strafverfahren sollten nach einem halben Jahr so weit sein, dass man eine Hauptverhandlung führen kann, aber gerade bei schweren Gewalttaten oder Tötungsdelikten wird dieses halbe Jahr häufig überschritten, weil Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind." Für Fabians Mutter ist das vermutlich kein Trost. Sie hat momentan nur einen Wunsch: "Dass man einfach merkt, dass da was passiert."