Panorama

Nach Schüssen auf Schwarzen Proteste in Wisconsin spitzen sich zu

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Trotz Ausgangssperre demonstrieren Menschen in der US-Stadt Kenosha die zweite Nacht in Folge gegen Polizeigewalt und Rassenungerechtigkeit. Es kommt zu Zusammenstößen mit den Einsatzkräften. Der Gouverneur schickt die Nationalgarde.

Schüsse in den Rücken eines Schwarzen bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Wisconsin haben Entsetzen und Proteste ausgelöst. In der Nacht zum Dienstag gab es erneut Ausschreitungen in der Stadt Kenosha. Fotos zeigten ausgebrannte Autos und Müllwagen und beschädigte Gebäude. Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Aus den Reihen der Demonstranten waren zuvor Wasserflaschen auf die Beamten geworfen worden.

Eine Frau spricht zu Sicherheitskräften in Kenosha.

Eine Frau spricht zu Sicherheitskräften in Kenosha.

(Foto: REUTERS)

Später feuerten Protestierende auch Feuerwerkskörper in Richtung der Sicherheitskräfte ab. Die Demonstranten hatten sich über eine in Kenosha verhängte nächtliche Ausgangssperre hinweggesetzt, die ab 20 Uhr galt. Bereits in der vorherigen Nacht waren am Rande der Proteste mehrere Fahrzeuge in Brand gesetzt worden.

Auf einem am Sonntag im Internet verbreiteten Video war zu sehen, wie ein Schwarzer zu seinem Auto geht, während ein Polizist ihm folgt und dabei auf den Rücken zielt. Als der Mann die Fahrertür öffnet und sich hineinbeugt, fallen mehrere Schüsse. Der von der Familie des Angeschossenen engagierte Anwalt sagte CNN, dass im Auto die Kinder des Mannes im Alter von drei, fünf und acht Jahren saßen. Der Mann, der nach Angaben des Anwalts Jacob Blake heißt, lag am Montagabend weiter auf der Intensivstation.

Beteiligte Polizisten sind beurlaubt

Zunächst blieb unklar, was genau vor dem auf Video aufgezeichneten Geschehen passiert war. Die Polizei erklärte, die Beamten seien wegen eines "häuslichen Zwischenfalls" gerufen worden. Der Anwalt Ben Crump sagte, Blake habe einen Streit geschlichtet. Dann hätten die Polizisten ihre Waffen auf ihn gerichtet. Zunächst sei Blake von einer Elektroschockpistole getroffen worden. Als er im Auto nach seinen Kindern habe sehen wollen, sei ihm mehrfach in den Rücken geschossen worden. Auf dem Video sind sieben Schüsse zu hören.

Die beteiligten Beamten wurden nach Angaben des zuständigen Justizministeriums vom Montag beurlaubt. Die Ermittlungen laufen noch. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden forderte eine sofortige, umfassende und transparente Aufklärung. Aus dem Weißen Haus hieß es, Justizminister William Barr habe den Fall im Blick. Wisconsins Gouverneur Tony Evers erlaubte den Einsatz der Nationalgarde, um lokale Einsatzkräfte zu unterstützen. Videos zeigten, wie reihenweise Fahrzeuge der Nationalgarde am Abend in die Stadt einfuhren.

Fall wird zum Politikum

Tagsüber gab es unter anderem in New York Protestdemonstrationen mit Hunderten Teilnehmern. Ende Mai hatte der Tod des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota landesweite Massenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Die Debatte spielt auch im US-Wahlkampf eine zentrale Rolle.

Biden erklärte dazu: "Das Land wacht wieder einmal mit Trauer und Empörung auf, dass ein weiterer schwarzer Amerikaner Opfer übermäßiger Gewalt geworden ist." Seine Vize-Kandidatin, Senatorin Kamala Harris, meinte auf Twitter: "Jacob Blake sollte gerade nicht um sein Leben kämpfen."

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, erklärte: "Wir sind es Jacob, seinen Kindern und allen schwarzen Amerikanern schuldig, der Rassenungerechtigkeit und der Polizeigewalt ein Ende zu setzen." Das Justizministerium des Bundesstaats Wisconsin als leitende Ermittlungsbehörde kündigte an, binnen 30 Tagen einen Bericht vorlegen zu wollen.

Quelle: ntv.de, mdi/dpa/AFP

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