Bruder soll "Märtyrertod" feiern Prozess gegen IS-Rückkehrerin beginnt
13.01.2022, 16:13 Uhr
Die IS-Miliz in Syrien erhielt immer wieder Zuwachs aus Europa.
(Foto: picture alliance/AP Photo)
Eine Schleswig-Holsteinerin folgt 2016 ihrem Mann nach Syrien, um sich dem sogenannten Islamischen Staat anzuschließen. Nun ist sie zurück in Deutschland und steht in Hamburg wegen Kriegsverbrechen und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor Gericht.
Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg hat ein Prozess gegen eine 44-Jährige wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland begonnen. Die Schleswig-Holsteinerin aus Bad Oldesloe soll im Sommer 2016 mit ihrem damals noch 13-jährigen Sohn nach Syrien gereist sein und sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben. Am 23. Februar 2018 kam der Sohn bei einem Bombenangriff ums Leben. Der Familienvater soll bereits 2015 als Kämpfer zum IS nach Syrien gegangen sein.
Die Bundesanwaltschaft wirft der Frau Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in mehreren Fällen und Kriegsverbrechen vor. Weitere Anklagepunkte sind die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie fahrlässige Tötung. Nach dem Tod ihres Sohnes habe die Angeklagte ihren älteren Sohn in Deutschland aufgefordert, er solle sich über den "Märtyrertod" seines Bruders freuen. Sie selbst habe dem IS bis zu dessen militärischer Niederlage die Treue gehalten und sich erst im Februar 2019 zusammen mit ihrem Mann kurdischen Kräften ergeben.
Angeklagte keine "hoch ideologisierte Terroristin"
Verteidiger Martin Heising sagte, seine Mandantin werde sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. In einer Eröffnungserklärung widersprach er den Schlussfolgerungen der Bundesanwaltschaft aus der Aktenlage. Die Angeklagte sei keine "Terroristin hoch ideologisierter Art" gewesen. Sie habe lediglich mit ihrem Mann, mit dem sie damals schon 25 Jahre verheiratet gewesen sei, zusammenleben wollen.
Anfang Januar hatte die öffentlich verkündete Festnahme eines 20-jährigen Terrorverdächtigen der zweiten Generation in Hamburg ein Schlaglicht auf ein Problem geworfen, das Sicherheitsbehörden und Experten für Deradikalisierung beschäftigt: Kinder von Rückkehrerinnen aus dem früheren Herrschaftsgebiet der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Sohn eines bekannten radikalen Islamisten soll einen Anschlag in Deutschland vorbereitet haben.
Quelle: ntv.de, dbe/dpa