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Suche nach Azubi sorgt für Eklat Dachdecker in Sachsen schaltet rassistische Anzeige im Amtsblatt

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Die Stadt Sebnitz distanziert sich "ausdrücklich und entschieden" von der Anzeige.

Die Stadt Sebnitz distanziert sich "ausdrücklich und entschieden" von der Anzeige.

(Foto: imago images/Daniel Schäfer)

Im Amtsblatt der Stadt Sebnitz schaltet ein Dachdeckermeister eine Anzeige. Er sucht Auszubildende für das nächste Jahr. "Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger" bräuchten sich nicht zu bewerben, schreibt der Mann. Das Rathaus reagiert auf die Annonce - jedoch zu spät.

Im sächsischen Sebnitz entwickelt sich die Suche nach einem Auszubildenden zu einem handfesten Rassismus-Eklat. Ein Dachdeckermeister schaltete im Amtsblatt der 9500 Einwohner zählenden Stadt eine Anzeige für seine offene Lehrstelle. Diese sei ab 2026 frei, Interessierte könnten sich bewerben - "ABER: keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger!", schrieb der Unternehmer aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Hakennasen verwendete der Dachdecker als Synonym für Juden, Bimbos für Schwarze. Zeppelträger ist sprachlich nicht geläufig, es könnte Inder bezeichnen. Die von ihnen getragene Turbane, eine zwiebelförmige Kopfbedeckung, wird hin und wieder "Zeppel" genannt. Einer anderen Deutung nach bezeichnet es Maskenträger, also noch ein Begriff aus der Coronazeit.

Im Netz sorgte die Ausgabe, die offiziell erst ab heute verteilt wird, schon gestern für einen Aufschrei. Die Begriffe Zeppelträger, Amtsblatt, Ronney (so lautet der Vorname des Dachdeckers) waren Topthemen in den Trends auf X.

"Antisemitismus und Rassismus gehen oft Hand in Hand, insbesondere in der rechten Szene", schrieb beispielsweise Brandenburgs Beauftragter zur Bekämpfung von Antisemitismus, Andreas Büttner, auf seinem X-Profil. Er nannte die Anzeige "eines der ekelhaftesten Beispiele" dafür. Es spreche Bände, dass so etwas ausgerechnet im Amtsblatt der Kleinstadt veröffentlicht wurde.

Stadt Sebnitz distanziert sich

Die Stadtverwaltung bemühte sich bereits um Schadensbegrenzung. Die Stadt gebe zwar das Amtsblatt heraus, doch verantworte nur den redaktionellen Teil, schrieb ein Sprecher auf Facebook. Bis zur Veröffentlichung kenne die Verwaltung die Anzeigen in dem Blatt angeblich nicht. "Wir distanzieren uns ausdrücklich und entschieden von den in der privaten Anzeige verwendeten Ausdrücken sowie dem menschenverachtenden Gedankengut, das ihr zugrunde liegt", so die Erklärung. "Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz und werden in jeder Form abgelehnt."

Das Rathaus habe Strafantrag gegen den Dachdecker sowie den Verlag, der den Anzeigenteil verantwortet, gestellt. Ebenso die Linke. Deren Vorsitzende im Landkreis, Lisa Thea Steiner, sprach auf Instagram von einem "politischen Alarmsignal". Sie und ihre Mitstreiter wollen am Ostermontag auf dem Marktplatz in Sebnitz demonstrieren. Die Partei fordert zudem die "umfassende Überprüfung der redaktionellen Verantwortung des Amtsblattes".

Fremdenfeindlichkeit in Sebnitz keine Seltenheit

Die gedruckte Zeitung ist zwar weiter mit der ausländerfeindlichen Annonce im Umlauf. Die Onlineversion des Amtsblattes wurde allerdings bearbeitet. Die Lehrstellenanzeige ist inzwischen entfernt worden.

Fremdenhass ist in der sächsischen Region eher nicht die Ausnahme. Immer wieder kommt es zu Übergriffen auf Flüchtlinge. Für deutschlandweites Aufsehen sorgte beispielsweise ein Vorfall im Sommer 2023: Ein Sebnitzer stürmte ein Wohnhaus, in dem Geflüchtete leben. Der damals 20-Jährige attackierte zwei Bewohner im Alter von 16 und 18 Jahren mit einer Stange und rief ausländerfeindliche Parolen. Die Polizei konnte ihn wenig später schnappen. Es wurde bereits Anklage erhoben, der Prozess steht allerdings noch aus.

Bei der letzten Bundestagswahl holte die AfD 54,6 Prozent der in Sebnitz abgegebenen Zweitstimmen. Ihr Kandidat Steffen Janich erhielt gar 57,4 Prozent der Erststimmen.

Quelle: ntv.de

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